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Heiße Hüpfer

Heiße Hüpfer

Titel: Heiße Hüpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Fliegen. Essen: Mottenlarven.« Er starrte auf die Wörter hinab.
    Eigentlich vermittelten sie eine ziemlich deutliche Botschaft.
    Warum mochten ihn die Einheimischen nicht? Er begegnete
    irgendeinem kleinen Stamm, und zunächst waren al e freundlich. Er
    schnappte das eine oder andere auf, merkte sich Namen und lernte
    genug von der Sprache, um über al tägliche Dinge zu reden, zum Beispiel
    übers Wetter – und plötzlich verjagte man ihn. Warum? Alle sprachen übers Wetter, oder?

    Rincewind hatte sich immer für jemanden gehalten, der vorschnel
    urteilte. Darauf kam es seiner Meinung nach an – die Lage schneller zu
    beurteilen als andere, um rechtzeitig die Flucht ergreifen zu können. Als
    man ihm die wahre Bedeutung von Vorurteilen und dergleichen erklärt
    hatte, zögerte er nicht, so etwas für sich sofort abzulehnen. Für ihn
    bestand die Welt schlicht und einfach aus Personen, die ihn umbringen
    wol ten, und anderen, die es nicht auf ihn abgesehen hatten. Eine solche
    Einstellung ließ nicht viel Platz für Einzelheiten wie Hautfarbe und
    dergleichen. Doch wenn er am Lagerfeuer saß und versuchte, ein
    einfaches Gespräch zu führen… Plötzlich ärgerten sich die Leute ohne
    ersichtlichen Grund und jagten ihn fort. Warum wurden sie zornig, nur
    weil man Dinge sagte wie: »Meine Güte, wann hat’s hier zum letztenmal
    geregnet?«
    Rincewind seufzte, griff nach dem Stock und hämmerte damit auf eine
    Stelle des Bodens ein, bevor er sich schlafen legte.
    Gelegentlich schrie er leise, und seine Beine machten laufende
    Bewegungen, was darauf hinwies, daß er träumte.
    Etwas bewegte sich im Wasserloch. Dieses war nicht sehr groß,
    eigentlich kaum mehr als eine kleine Lache, tief in einem von Büschen
    bewachsenen Einschnitt zwischen den Felsen. Die Flüssigkeit in dem
    Loch konnte man nur deshalb »Wasser« nennen, weil sich Geographen
    weigerten, Ausdrücke wie »Suppenloch« zu verwenden.
    Die Oberfläche dieses Wassers kräuselte sich nun, als hätte jemand
    etwas in die Mitte des Loches geworfen. Konzentrische Kreise dehnten
    sich aus, und seltsamerweise hielten sie nicht an, als sie den Rand des
    Wasserlochs erreichten. Sie bestanden aus blassem weißem Licht und
    krochen übers Land. Als sie Rincewind erreichten, veränderten sie sich
    und flossen um ihn herum, machten ihn zum Zentrum ihrer neuen
    Formation. Die Linien setzten sich aus kleinen weißen Punkten
    zusammen und wirkten wie Perlenketten.
    Erneut kam Bewegung ins Wasserloch. Etwas stieg abrupt daraus
    hervor und raste durch die Nacht davon.
    Im Zickzack stob es von den Felsen zum Berghang, dann zurück zum
    Wasserloch. Und als das Auge des Beobachters nach oben gleitet,
    erkennt es andere Linien, die im Licht des hin und her zuckenden Etwas

    sichtbar werden. Wie Rauch hängen sie über der Landschaft, und aus
    großer Höhe könnte man den Eindruck gewinnen, das Land hätte einen
    Blutkreislauf oder Nerven…
    Tausend Meilen vom schlafenden Zauberer entfernt berührte die
    rasende Linie erneut den Boden, huschte in einer Höhle wie das Licht
    eines Suchscheinwerfers über die Wände.
    Sie verharrte vor einem großen, spitz zulaufenden Felsen, schien dann
    eine Entscheidung zu treffen und sauste wieder gen Himmel.
    Das Licht kehrte zum Kontinent zurück und sprang ins Wasserloch,
    ohne daß es platschte. Erneut entstanden drei oder vier Ringe aus Etwas, die sich erst auf der Wasseroberfläche und dann auch auf dem Land
    ausbreiteten.
    Die Dunkelheit der Nacht verdichtete sich wieder, aber irgendwo im
    Boden pochte es dumpf. Büsche erzitterten. In den Bäumen erwachten
    Vögel und flogen davon.
    Nach einer Weile bildeten sich dünne weiße Linien an einem Felsen
    unweit des Wasserlochs und formten ein Bild.

    Abgesehen von dem Wesen, das im Wasserloch wohnte, hatte
    Rincewind auch noch die Aufmerksamkeit eines anderen Beobachters
    geweckt.
    Tod bewahrte Rincewinds Lebensuhr inzwischen in einem speziel en
    Regal seines Arbeitszimmers auf. Damit verhielt er sich wie ein Zoologe,
    der ein besonders interessantes Exemplar im Auge behalten möchte.
    Die Lebensuhren der meisten Leute hatten jene klassische Form, die
    Tod für angemessen hielt, um ihren Zweck zu erfül en. Sie sahen aus wie
    zu groß geratene Eieruhren, und der in ihnen rieselnde Sand maß die
    Sekunden des Lebens.
    Rincewinds Lebensuhr schien das Werk eines Glasbläsers zu sein, der
    in einer Zeitmaschine einen Schluckauf bekommen hatte. Tod konnte
    ziemlich gut die Lebenszeit

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