Heisse Liebe in eisiger Nacht
unlogisch und unvernünftig es auch war, bedeutete Taggart ihr viel, und daran ließ sich nun mal nichts ändern.
„Schön, ich bin nämlich auch fertig“, sagte sie kurz entschlossen, drehte sich auf dem Absatz um, ging in die Küche und löschte die Lampe. Dann nahm sie ihren fast beendeten Brief vom Tisch, steckte ihn in den Ordner mit ihrer Korrespondenz und hob das Laken vom Boden auf.
„Was, zum Teufel, machst du da?“
„Ich gehe ins Bett.“
„Jetzt? Wir sind noch nicht fertig.“
„Ich schon. Es war ein langer Tag, und ich bin müde. Ich will nicht länger darüber reden.“ Sie bückte sich, um die zweite Lampe auszumachen.
„Lass sie an, okay?“, sagte Taggart gereizt.
Sie sah überrascht auf, so heftig hatte er gesprochen. „Klar. Wenn du willst.“ Sie sah ihn an, aber sein Gesicht war völlig verschlossen und ausdruckslos. Als ihr plötzlich einfiel, wie sicher und geborgen sie sich noch vor wenigen Stunden in seinen Armen gefühlt hatte, begann ihre Unterlippe zu zittern.
Er stöhnte leise auf. „Verdammt, Genevieve …“
„Lass es, John.“ Sie ging langsam zum Sofa und zog die Jeans und einen der beiden Pullover aus, die sie über einem Thermounterhemd trug. Sie löschte die Lampe auf dem Beistelltisch, stieg in ihren Schlafsack und zog das Laken darüber bis zum Kinn hoch. „Bitte lass es einfach.“ Sie schloss die Augen, kuschelte sich tief in den Schlafsack und hoffte, dass sie bald einschlafen würde.
Taggart starrte auf die Schatten, die vom Licht der Lampe an die Decke geworfen wurden. Der Wind heulte immernoch ums Haus, aber er war etwas schwächer geworden. In der Hütte war außer dem knisternden Kaminfeuer und Genevieves leisem Atmen nichts zu hören.
Taggart allerdings kam nicht zur Ruhe. Er konnte nicht schlafen, weil er versuchte, sich über seine Gefühle klar zu werden. Aber sosehr er auch grübelte, am Ende war er genauso schlau wie am Anfang. Es gab so viele Dinge bei diesem vertrackten Fall, die ihn verwirrten.
Genevieve war ehrlich zu ihm. Sie wollte fair sein, sie hatte sogar auf ihr Vergnügen verzichtet, weil – der Gedanke war unfassbar – sie ihn nicht ausnutzen wollte.
Und was hatte er ihr im Ausgleich dafür gegeben? Sex, wenn auch fantastischen, keinen Hauch von Freundschaft, eine volle Minute Konversation und eine brutale Zusammenfassung aller Gründe, weswegen sie an sich zweifeln und ihren Bruder im Stich lassen sollte.
War er nicht ein wahrer Traummann?
Taggart rieb sich die Stirn. Es war ja nicht so, dass er es bewusst darauf anlegte, einer der größten Mistkerle des Universums zu sein. Als er Genevieve gestern Nacht zu sich ins Bett gezogen hatte, hatte er das wirklich nur getan, um sie vor Schaden zu bewahren.
Er hatte nicht geplant, was danach geschehen war. Wie hätte er auch ahnen können, dass eine simple Berührung ein solches Feuer in ihm entfachen würde? Zu seiner Verteidigung konnte er allerdings sagen, dass er sofort aufgehört hatte, sie zu bedrängen, als es den Anschein gehabt hatte, dass sie aufhören wollte.
Es war Genevieve selbst gewesen, die Öl ins Feuer gegossen und jede Vorsicht in den Wind geschlagen hatte. Auch heute Morgen hatte sie den ersten Schritt gemacht. Sie hatte unzählige Küsse auf seiner Brust und seinem Hals verteilt und sich mit ihrem geschmeidigen kleinen Körper an ihn geschmiegt, dass ihm ganz heiß geworden war. Natürlich hatte er ihre Küsse erwidert. Er war sogar bereitgewesen, sehr viel mehr zu tun, aber wer hätte ihm das schon verübeln können?
Er war ein Mann, kein Heiliger, und sie hatte die halbe Nacht eng an ihn geschmiegt in seinen Armen gelegen. Aber zum zweiten Mal in weniger als zwölf Stunden hatte er aufgehört, als sie ihn darum bat.
Wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, würde er sie einfach küssen, bis sie jeden Widerstand aufgab, und sie dann voller Leidenschaft lieben. Das Gespräch, das danach folgte, hätte er so mit Sicherheit vermeiden können. Wie sollte er denn bloß auf eine Frau reagieren, die ihm keine Vorwürfe machte, weil er ihre Situation ausgenutzt hatte, die aus purem Anstand auf ihr Vergnügen verzichtete und Abstand hielt, sich aber die ganze Zeit um ihn sorgte?
Ist doch klar, meldete sich eine kleine ironische Stimme. Ignoriere sie den ganzen Tag lang und verlange dann, dass sie endlich zugibt, dass ihr Bruder ein eiskalter Mörder ist.
Na schön, das war vielleicht nicht die schlauste Art gewesen, die Sache anzupacken, aber alles wies darauf hin,
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