Heiße Liebe zum Dessert - Crusie, J: Heiße Liebe zum Dessert - Agnes and the Hitman
Fall nie vergessen. Sein einziger ungelöster Fall und auch noch der größte. Er glaubt, dass er deshalb weder Sheriff wurde noch Evie Beale zur Frau bekam, die heute Evie Keyes ist. Aber Frankie wäre nicht einfach so aus der Stadt verschwunden, ohne mir Bescheid zu geben. Wir waren wie Brüder zueinander.«
»Wer hat ihn dann umgebracht und das Geld mitgehen lassen?«
»Keine Ahnung.« Joey schüttelte nachdenklich den Kopf. »Aber jetzt geht es um Agnes. Wir werden mit Four Wheels sprechen, um herauszufinden, ob er den kleinen Bastard ins Haus unserer Kleinen geschickt hat und was er überhaupt weiß. Fahr zu.«
Shane ließ den Motor an und fuhr los, während er sich Joeys Story nochmals durch den Kopf gehen ließ. Für fünf Millionen Dollar konnte jeder Frankie umgebracht haben. Aber was hatte das mit der Gegenwart zu tun, mit Agnes?
»Beim nächsten Waldweg biegst du links ab«, befahl Joey.
Shane sah ein großes Schild an einem Baum hängen: »ZUFAHRT VERBOTEN«. Die Schrift war kaum mehr lesbar, weil von Schrotkugeln durchlöchert.
Er bog in den Weg ein, zog mit der Linken seine Pistole unter dem Sitz hervor, eine Glock 20, und legte sie in den Schoß. Ohne Erstaunen sah er, dass auch Joey seine Pistole aus dem Hosenbund zog und sie in der Hand behielt. Shane kannte das Modell:
ein Colt Python. Handlich und effektvoll. Auch hier war der Griff mit Isolierband umwickelt. Alte Hunde lernen eben keine neuen Kunststücke. Auch Rhett spürte den Stimmungswechsel, denn er richtete sich auf und spähte durch die Windschutzscheibe nach vorne.
Der Weg, auf dem sie dahinfuhren, verdiente diese Bezeichnung nicht, handelte es sich doch eher um eine Schlammpiste mit zwei Furchen. Über ihnen griffen die Äste der Bäume ineinander und bildeten einen grünen Tunnel.
»Hier gefällt’s mir nicht«, meinte Shane.
»Keine Sorge«, antwortete Joey. »Four Wheels ist nicht …« Bevor er den Satz beenden konnte, ertönte ein scharfer Knall, und auf der Windschutzscheibe zeigten sich Haarrisse. »Was zum Teufel …?«
Rhett bellte laut, als Shane auf die Bremse trat. Ein Ping erklang, und Shane legte den Rückwärtsgang ein. Vor ihm zwei Kids mit umgedrehten Baseballkappen, die aus einem Abstand von fünfzig Metern mit Gewehren auf sie feuerten, während sie selbst hinter einem Baumstamm in sicherer Deckung saßen.
»Was ist da los?«, fragte Joey.
»Ein paar Kids machen Schießübungen«, gab Shane zur Antwort, als er so schnell es ging auf dem schmalen Weg zurücksetzte. Ein erneutes Ping, das waren die Kugeln, die auf die Panzerfront des Wagens aufschlugen. »Ich nehme mal an, der Thibault-Clan feuert aus allen Rohren.«
Joey machte Anstalten, die Seitentür zu öffnen, doch Shane hatte bereits alle Türen verriegelt. Der alte Mann brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff, was los war.
»Mach die verdammte Tür auf, Shane.«
»Nein.« Shane wandte den Blick nicht nach vorne. Sie kamen wieder auf die Hauptstraße. Shane wurde langsamer. Keine Schüsse mehr. Wahrscheinlich waren sie außer Reichweite der Gewehre. Oder außer Sicht.
»Du rennst einfach weg?« Eine Ader an Joeys Schläfe begann auffällig zu pulsieren.
»Solange unsere Chancen so schlecht stehen, natürlich.« Shane kurbelte wie wild am Lenkrad, dann waren sie wieder auf der Straße.
»Haben Sie dir das in der Armee beigebracht?«
»Nein.« Shane sah seinen Onkel an. »Das hast du mir beigebracht.«
Joey atmete tief durch und nickte dann, ein resigniertes Lächeln auf dem Gesicht. »Stimmt. Immer schön die Chancen verbessern.«
»Das ist heute schon das zweite Mal, dass jemand auf mich schießt.«
» Was ?«
»Zuerst in dem Wald bei Agnes’ Haus.«
Shane streichelte Rhetts Kopf. Angesichts der SMS, die er vorhin erhalten hatte, hatte sich ihm der Eindruck aufgedrängt, die Schüsse könnten vielleicht ihm gegolten haben, nicht Agnes. Doch mittlerweile war er sich dessen nicht mehr so sicher. Und natürlich war da noch die Bombe. Vermutlich musste er alles neu überdenken. Er mochte seinen Onkel, doch der alte Knabe hatte noch längst nicht alle Karten auf den Tisch gelegt. Anscheinend hatte Agnes weit mehr in ihren Besitz gebracht als nur ein renovierungsbedürftiges Haus.
»War der Typ, der auf dich geschossen hat, ein Profi?«, fragte Joey.
»Schwer zu sagen«, gab Shane zurück.
Joey starrte durchs Fenster, während draußen die Sumpfwälder vorbeizogen. »Ich habe dich aus all dem raushalten wollen, als ich dich damals auf die
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