Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
„Nein, ich war nicht in ihn verliebt. Unsere Beziehung war rein geschäftlich. Aber ich mochte ihn. Er war keck, charmant und sich seiner Wirkung auf die Damenwelt sehr bewusst. Es war auffällig, dass in den letzten Wochen immer wieder dieselben weiblichen Kunden auftauchten. Jerry muss ein ziemlicher Windhund gewesen sein …“ Sie unterbrach sich und schaute entsetzt auf. „Entschuldigen Sie.“
„Nein, schon gut.“ Interessiert trat Jonas näher. Sie war eine große Frau, fast auf gleicher Augenhöhe mit ihm. Sie roch nach Körperpuder und war ungeschminkt. Definitiv nicht Jerrys Typ, dachte er noch einmal. Aber ihre Augen … „Das war er tatsächlich. Nur haben die meisten Menschen das nicht gemerkt.“
„Ich habe andere getroffen.“ Ihre Stimme klang plötzlich matt und tonlos. „Andere, die nicht so harmlos und gutmütig waren. Ihr Bruder war ein netter Mann, Mr Sharpe. Und ich hoffe wirklich, dass die, die ihn … Ich hoffe, man findet sie.“
Deutlich konnte sie erkennen, wie ein eisiger Ausdruck in seine grauen Augen trat. Das ungute Flattern in ihrem Magen erinnerte sie daran, dass Kälte oft viel gefährlicher als Hitze war.
„Man wird sie finden. Vielleicht werde ich mich noch einmal mit ein paar Fragen an Sie wenden müssen.“
Es war eine einfache und durchaus verständliche Bitte, dennoch blockte Liz sofort ab. Sie wollte nicht noch einmal mit ihm reden, sie wollte nichts mit der ganzen Sache zu tun haben. „Es gibt nichts, was ich Ihnen noch sagen könnte.“
„Jerry hat in Ihrem Haus gewohnt, er hat für Sie gearbeitet.“
„Ja, aber ich weiß trotzdem nichts.“ Ihre Stimme war lauter geworden, sie drehte sich um und starrte aus dem Fenster. Sie hatte die Fragen satt, war es leid, dass die Leute mit dem Finger auf sie zeigten – Das ist die Frau, die die Leiche gefunden hat! Ihr Leben war durch den Tod eines Mannes auf den Kopf gestellt worden, den sie kaum gekannt hatte. Und sie war nervös, weil Jonas Sharpe ihr wie der Typ Mann erschien, der ihr Leben weiterhin auf dem Kopf stehen lassen konnte, solange es ihm beliebte. „Ich habe es schon der Polizei immer und immer wieder gesagt. Jerry hat für mich gearbeitet. Was er in seiner Freizeit getan hat, weiß ich nicht. Ich hab keine Ahnung, wohin er nach Feierabend gegangen ist, mit wem er sich getroffen hat, was er unternommen hat. Es ging mich nichts an, solange er die Miete für das Zimmer bezahlte und pünktlich zur Arbeit erschien.“ Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, spiegelte sich Entschlossenheit in ihrem Gesicht wider. „Das mit Ihrem Bruder tut mir leid. Ich bedauere Ihren Verlust. Aber das alles geht mich nichts an.“
Er sah das Zittern ihrer Hände, als sie die Finger ineinander verschränkte, und interpretierte es auf seine Weise. „Genau da sind wir unterschiedlicher Meinung, Mrs Palmer.“
„Miss Palmer“, korrigierte sie ihn kühl und sah sein knappes Nicken. „Ich kann Ihnen leider nicht helfen.“
„Das wissen Sie nicht, bevor wir uns nicht unterhalten haben.“
„Na schön. Dann eben … ich werde Ihnen nicht helfen.“
Er legte den Kopf leicht schief und zog seine Brieftasche hervor. „Schuldet Jerry Ihnen noch etwas für die Miete?“
Seine beleidigenden Worte trafen sie wie eine Ohrfeige. Ihre Augen, meist sanft und traurig, funkelten ihn verärgert an. „Er schuldet mir nichts, und Sie schulden mir erst recht nichts. Wenn Sie Ihren Kaffee dann ausgetrunken haben …“
Jonas stellte die Tasse auf den Tisch. „Ja, ich bin fertig. Für den Moment.“
Ein letztes Mal musterte er sie. Nein, ganz bestimmt nicht Jerrys Typ. Und seiner auch nicht. Aber irgendetwas musste sie wissen, auch wenn es ihr nicht bewusst war. Falls er sie benutzen musste, um etwas herauszufinden, würde er es tun. „Gute Nacht.“
Liz rührte sich nicht von der Stelle, bis das Schlagen der Haustür zu ihr drang. Dann schloss sie die Augen. Nein, es ging sie nichts an, sagte sie sich noch einmal.
Aber noch immer sah sie Jerry im nassen Sand unter ihrem Boot liegen. Und jetzt sah sie zusätzlich noch Jonas Sharpe vor sich und seine harten grauen Augen, in denen die Trauer stand.
2 . KAPITEL
L iz beschloss, den Tag im Laden zu verbringen, statt sich einen Tag freizunehmen. Ein wirklich freier Tag, also ein Tag, den sie weder im Laden noch auf den Booten verbrachte, war ein Luxus, den sie sich nur selten gönnte, und dann auch nur, wenn Faith die Ferien zu Hause verbrachte. Heute erlaubte sie es sich immerhin,
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