Heiße Nächte in Mexiko - Roberts, N: Heiße Nächte in Mexiko
dauerte nur einen Moment, bevor ihr Ärger aufflammte.
„Das haben Sie mit Absicht getan.“ Weil ihre Handflächen feucht waren, strich sie auf und ab mit ihren Händen über die Knie. „Das war gemein von Ihnen. Sie mussten doch wissen, was ich denken würde, sobald ich die Tür öffne.“
„Ich wollte Ihre Reaktion sehen.“
Sie lehnte sich zurück und atmete tief durch. „Sie sind ein Mistkerl, Mr Sharpe.“
Zum ersten Mal seit Stunden verzogen sich seine Lippen zu einem angedeuteten Lächeln. „Darf ich mich setzen?“
Sie deutete auf einen Sessel. „Was wollen Sie hier?“
„Ich möchte Jerrys Sachen abholen. Und mich mit Ihnen unterhalten.“
Er setzte sich und schaute sich um. Es war nicht der flüchtige, höfliche Blick eines fremden Besuchers, der zum ersten Mal das Heim eines anderen betrat, sondern eine intensive und gründliche Bestandsaufnahme all dessen, was Liz Palmer gehörte. Dieses Wohnzimmer war relativ klein, nicht größer als sein Büro. Während er gedämpften Farben und geraden Linien den Vorzug gab, schien Liz Palmer eher eine Vorliebe für leuchtende, sich teilweise beißende bunte Farben und Krimskrams zu besitzen. Mehrere Mayamasken hingen an den Wänden, Teppiche und Läufer in den verschiedensten Größen und mit den verschiedensten Mustern bedeckten den Boden. Die Strahlen der untergehenden Sonne fielen durch eine knallrote Jalousie, auf dem Tisch stand auf einer gewebten Strohmatte eine große blaue Tonvase, die goldgelben Blumen darin verloren bereits ihre Blütenblätter. Der Tisch selbst war keineswegs blank poliert, sondern bedeckt mit einer dünnen Staubschicht.
Der erste Schock, der ihr den Magen zusammengezogen hatte, ließ langsam nach. Liz sagte kein Wort, betrachtete ihn nur, während er sich in dem Zimmer umsah. Er sah aus wie Jerrys perfektes Ebenbild. Dennoch wirkte Jonas Sharpe nicht wie ein Mann, mit dem man viel Spaß haben konnte. Seltsam, aber woher kam dieses unerklärliche Bedürfnis, ihn so schnell wie möglich aus ihrem Haus hinauszubefördern, ein für alle Mal? Absolut lächerlich, sagte sie sich. Er war nur ein Mann und hatte mit ihr überhaupt nichts zu tun. Außerdem hatte er soeben den Bruder verloren.
„Mein herzliches Beileid, Mr Sharpe. Es muss schwer für Sie sein.“
Abrupt wandte er den Kopf zu Liz und blickte ihr fest in die Augen. Augenblicklich stieg ihre Anspannung von Neuem. Wenn er ihr Heim Zentimeter für Zentimeter durchleuchten wollte, machte ihr das nichts aus. Aber sie hatte etwas dagegen, wenn er das Gleiche bei ihr versuchte.
Sie war nicht das, was er erwartet hatte. Sie hatte ein herzförmiges Gesicht mit breiten Wangenknochen, einer langen schmalen Nase und einem Kinn, das ihr einen energisch wirkenden Ausdruck verlieh.
Schön im üblichen Sinne war sie nicht, aber auf eine höchst beunruhigende Art faszinierend. Vielleicht lag es an diesen exotisch mandelförmigen braunen Augen – ein tiefes, intensives Braun. Oder vielleicht auch an dem Mund, voll und verletzlich zugleich. Sie ertrank schier in den Stoffmassen des Hemdes, das sie trug und das ihre langen gebräunten Beine freigab. Ihre Hände, schlank, schmal und ohne einen Ring, ruhten auf den Armlehnen des Sessels, auf dem sie saß. Jonas hatte immer gedacht, er würde den Geschmack seines Bruders so gut kennen wie den eigenen. Liz Palmer entsprach Jerrys Vorliebe für das Auffallende, Schillernde überhaupt nicht. Allerdings auch nicht der diskreten Eleganz, die er selbst bei Frauen bevorzugte.
Und doch hatte Jerry mit ihr zusammengewohnt. Grimmig dachte Jonas, dass sie den Mord an ihrem Liebhaber wahrhaft gelassen hinnahm. „Es muss auch für Sie eine schwere Zeit sein.“
Seine intensive Musterung hatte an ihren Nerven gezerrt. Das war weit über die normale Neugier hinausgegangen und hatte ihr das Gefühl gegeben, ein interessantes Studienobjekt zu sein, etikettiert und abgeheftet, um für weitere Forschungszwecke zur Verfügung zu stehen. Sie versuchte daran zu denken, dass Trauer die unterschiedlichsten Formen bei den verschiedenen Menschen annahm. „Jerry war ein netter Mann. Es ist nicht leicht …“
„Wie haben Sie ihn kennengelernt?“
Da ihre Worte des Mitgefühls so abrupt abgeschnitten wurden, setzte sie sich gerader im Sessel auf. Da ihr Gegenüber offenbar keinen gesteigerten Wert auf ihre Anteilnahme legte, würde er sie auch nicht bekommen. Wenn er also nur die Fakten hören wollte, würde sie ihm auch nur diese liefern. „Jerry kam vor
Weitere Kostenlose Bücher