Heiße Rache aus Leidenschaft
eingezogen, sondern hatte sich auch eine der Suiten im dritten Stock ausgewählt. Zuerst fühlte sie sich schon unwohl dabei, an der Tür zu seinem privaten Bereich nur vorbeizugehen. Doch mit der Zeit siegte die Neugier, und als sie sich sicher war, allein im Haus zu sein, trat sie kurzerhand ein und sah sich um.
Ihr Blick fiel als Erstes auf ein großes, ordentlich gemachtes Bett und mehrere Bücher auf dem Nachttisch, die meisten davon in Englisch. Der Duft von Rafaeles exklusivem Aftershave lag in der Luft. Ohne zu überlegen, ging Emma zum Bett, setzte sich auf die Kante und strich gedankenverloren über das Kissen, wo sein Kopf in der Nacht zuvor gelegen haben musste.
War dies schon als Junge sein Zimmer in der Villa Fiorenza gewesen? In dem Fall zeugte allerdings nichts mehr davon. Das Zimmer seines verstorbenen Bruders war dagegen wie ein Schrein. Als Emma es vor wenigen Tagen das erste Mal betreten hatte, musste sie etwas befremdet feststellen, dass sich Giovannis gesamte Kleidung noch im Schrank befand, ja, sogar seine Schuhe standen mit Socken darin bereit, als würde er jeden Moment zurückkommen und sie anziehen. Auf den Regalen an den Wänden reihten sich seine Spielsachen und Fußballpokale, aber was Emma wirklich gespenstisch anmutete, war der Anblick der Urne mit seiner Asche auf dem Marmorsims über dem offenen Kamin. Sie hatte das ungute Gefühl, dass das Haus noch nicht wirklich bereit war, Giovanni Fiorenza gehen zu lassen, obwohl er laut der Inschrift auf der Urne bereits vor dreiundzwanzig Jahren gestorben war.
Ein Foto an der Wand zeigte die Brüder, beide mit schwarzem Haar und samtbraunen Augen. Doch Giovanni blickte offen und unbefangen in die Kamera, wohingegen Rafaele sehr ernst und nachdenklich wirkte, als trage er die Last der ganzen Welt auf seinen schmalen Kinderschultern. Und obwohl sie inzwischen alle Zimmer der Villa gesehen hatte, konnte sie sich darüber hinaus an kein einziges Foto erinnern, das Rafaele zeigte. Natürlich fragte sie sich, warum.
Am darauf folgenden Abend war Emma gerade dabei, über einem Buch einzunicken, als Rafaele ins Wohnzimmer kam.
„Das muss ja eine fesselnde Lektüre sein“, meinte er spöttisch.
„Ich war wohl müder, als ich dachte.“ Sie legte das Buch beiseite und stand vom Sofa auf. „Wahrscheinlich hätte ich schon vor einer Stunde ins Bett gehen sollen.“
„Du übertreibst es hoffentlich nicht. Ich habe bemerkt, dass du in allen Räumen die Schutzhüllen von den Möbeln entfernt hast. Das hätte doch sicher Zeit, bis die Vertretung der Haushälterin in ein oder zwei Tagen kommt?“
„Ich hatte das Gefühl, dass hier einmal alles gründlich gelüftet werden muss. Manche der Zimmer wirken, als wären sie seit Jahren verschlossen gewesen.“
Er sah sie forschend an. „Was hast du eigentlich vor, Emma? Machst du schon eine Bestandsaufnahme im Hinblick auf unsere spätere Scheidung?“
„Nein, ich versuche lediglich, dieses Haus bewohnbar zu machen“, entgegnete sie verärgert. „Die Villa ist zu groß, als dass eine Haushälterin die Arbeit schaffen könnte. Keine Ahnung, wie Lucia bislang zurechtgekommen ist. Auf jeden Fall kann ich verstehen, dass sie ausgiebig Urlaub machen wollte.“
Rafaele betrachtete sie einen Moment lang schweigend. „Bist du etwa meinetwegen aufgeblieben und hast auf mich gewartet?“ „Nein, natürlich nicht!“ Zu ihrem Leidwesen fühlte sie, wie sie errötete. Warum konnte sie nicht so souverän und beherrscht sein wie er?
Rafaele hatte sich bereits abgewandt und war an den gut sortierten Barschrank getreten. „Wie wär’s mit einem Schlummertrunk?“
„Ja, gern. Einen süßen Sherry, bitte.“
Nachdem er ihr den Sherry gebracht hatte, schenkte er sich einen Cognac ein, bevor er sich zu ihr aufs Sofa setzte und mit ihr anstieß. „Salute.“
„Salute.“
Emma nippte an ihrem Glas. „Ich dachte, das Zeug wäre nur für grauhaarige Sonntagsschullehrerinnen“, meinte er lächelnd.
„Oh, mir ist schon klar, dass ich für jemanden wie dich schrecklich langweilig bin.“
„Im Gegenteil, ich finde dich sogar ziemlich faszinierend.“
Sie glaubte ihm kein Wort. „Hattest du nicht gesagt, ich sei ein geldgieriges Flittchen, nur darauf aus, mir ein Vermögen unter den Nagel zu reißen?“
„Nun, vielleicht war ich in meinem Urteil etwas vorschnell“, räumte er ein. „Aber das wird nur die Zeit erweisen.“
„Du kannst einfach nicht akzeptieren, dass es auf dieser Welt auch Menschen
Weitere Kostenlose Bücher