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Heisser Draht nach Paradiso

Heisser Draht nach Paradiso

Titel: Heisser Draht nach Paradiso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Holzbohlen-Badeplattform über dem Wasser, groß wie ein Tennisplatz, und
dem Terrassen-Restaurant Oasis, einem Treff für Gourmets ( Feinschmecker ).
    Die vier Freunde schoben die
Tandems.
    Die Sonne stieg.
    Hinter einem Tor bellte ein
Schäferhund.
    Ein Schild zeigte an: Bald
endet die Straße — nur noch 400 Meter. Hier war die Haarnadel-Kurve
verbreitert: der letzte Wendeplatz für Autos.
    „Hoffentlich wird’s nicht zu
schmal“, unkte Klößchen. „Sonst müssen wir rückwärts rollen mit unseren
zweisitzigen Tretmühlen.“
    Tim blickte am Berghang hinauf.
    Hinter den schmalen
Grundstücken wuchs und gedieh die Macchia, der immergrüne Buschwald des
südlichen Europas — eine attraktive Besonderheit der Mittelmeerländer.
    Pfade, kaum schulterbreit,
verliefen zwischen den Grundstücken. Freilich — das Gras dort stand kniehoch,
und die Köpfe der Blumen nickten. In diesem Jahr war offenbar noch niemand
hinaufgekraxelt.
    „Dort vorn!“ sagte Karl. „Dort ist
es.“
    Richtig! Am Ende der Straße ein
breites Tor. Daneben ein weithin lesbares Schild RIPARAZIONI DI R. PACCALONE.

    Tim, der das Tandem allein
schob, blieb stehen.
    „Freunde, was brauchen wir
jetzt? Durchblick.“
    „Durch was?“ fragte Klößchen.
    „Durch die Situation. Deshalb
wäre es hirnlos, bei Florentine auf die Matte zu stolpern. Wir könnten nur
Guten Tag sagen und wären schlau — vielmehr unschlau — wie zuvor.“
    „Ich kann mir schon denken,
worauf du hinauswillst“, meinte Karl. „Wir steigen diesen Pfad hier hinauf und
hocken uns oben in die Wildnis. Wir können ziemlich dicht ran ans
Paccalone-Grundstück, sind hoch oberhalb, überblicken also, werden aber selbst
nicht gesehen, denn die Büsche sind dicht wie ein Vollbart.“
    „Dem habe ich nichts
hinzuzufügen“, sagte Tim.
    Zwischen dem dritt- und dem
viertletzten Grundstück verlief wieder ein Pfad. Mühselig, die Tandems zu
schieben.
    Am Ende der Drahtzäune eignete
sich der fußschmale Saumpfad nur noch für trittsichere Alpinisten.
    Die Tandems wurden unter eine
schattenspendende Bergulme gestellt — und weiter ging’s fußläufig. Die
TKKG-Bande tauchte ein in die Macchia.
    Schatten. Sonnenlicht als
Tupfer. Der schwere Duft süßer Blüten. Gerölliger Boden mit bloßbliegenden
Wurzeln. Der Sand war fein wie Pulver. Eidechsen huschten. Hin und wieder ein
Falter.
    „Wir müssen uns rechts halten“,
sagte Tim. „Etwa 150 Meter querbeet — dann sind wir genau oberhalb der
Paccalone-Werkstatt.“
    Es ging leicht. Die Macchia war
an dieser Stelle eher licht.
    Tim spähte durch die Büsche
hinunter, stieg an der richtigen Stelle abwärts und fand einen schattigen Platz
unter drei Meter hohen Laubbäumen, die wie Haselnuß aussahen, aber sicherlich
was anderes waren. Farne schirmten ab vor Blicken.
    Jeder der vier suchte sich
einen Sitzplatz: Baumstumpf, Grashügel oder Felsbrocken. Klößchen merkte
ziemlich rasch, daß er auf Ameisen saß und wechselte über auf einen anderen
,Clubsessel’.
    Der Platz war gut gewählt. Sie
hatten Übersicht.
    Weiter unten lag ein großes, weißgetünchtes
Haus mit seitlichem Eingang. Vorn auf dem Grundstück ein langes, flaches
Gebäude — vermutlich die Werkstatt. Auf dem Hof standen zwei Kleinwagen. Dem
einen fehlte ein Hinterrad, dem andern die Beifahrertür.
    Keine Menschenseele.
    „Die pennen wohl noch?“ meinte
Klößchen. „Ich denke, die Italiener stehen früh auf. Weil sie mittags dann
wieder pennen. Wegen der Sonnenhitze. Das nennt man Siesta.“
    „Florentines Stimme“, erwiderte
Tim, „klang kein bißchen verschlafen. Sondern scharf. Als hätte sie sich
geärgert.“
    „Vielleicht über die Störung“,
lachte Karl.
    Schweigen. Alle lauschten den
zarten Stimmen der Natur. Ein Vogel zwitscherte, als wollte er rasch sein
Morgenlied nachholen. Drüben in Lugano rauschte und brauste bereits der
Verkehr.
    Gaby bekam schläfrige Augen und
pustete energisch gegen ihren Pony, der — dem Klima angepaßt — nur halb so lang
war wie sonst.
    Tim, der neben ihr saß, hob
lauschend den Kopf.
    Dann sah er den Wagen.
    Ein goldfarbener
Alfa-Romeo-Roadster rollte durchs Tor auf den Hof. Das Verdeck war geöffnet.
Hinter dem Lenkrad saß eine Frau. Honigblond und füllig in der Mähne wie ein
Rauschgoldengel. Buntes T-Shirt — oder Bluse — in Blau, Grün und Rosé,
Sonnenbrille.
    Klößchen schnellte hoch von
seinem Erdhügel.
    „Wieder Ameisen?“ fragte Tim.
    Aber das dicke TKKG-Mitglied
starrte hinunter auf den

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