Heißer Engel
ersten Mal wirklich wüst angegriffen. Er … hat Sachen zu mir gesagt.” Sie sah auf und sein Blick fesselte sie. “Das war kurz bevor du gekommen bist.”
Dereks Blick verdunkelte sich. Er zog die Augenbrauen zusammen. Im nächsten Moment kniete er vor ihr und hielt ihre Hände ganz fest, ohne ihr jedoch wehzutun. Es gab ihr das Gefühl, nicht weglaufen zu können, selbst wenn sie es versucht hätte.
Der Ausdruck in seinen Augen war so intensiv, so forschend, dass sie sich unwillkürlich wand. “Du hast gedacht, dass ich dahinterstecken könnte”, sagte er anklagend.
Er klang nicht wütend, auch wenn sie die vorherrschende Empfindung in seiner Stimme nicht genau ausmachen konnte. Sie straffte die Schultern und erwiderte seinen finsteren Blick. “Ich habe anfangs daran gedacht. Ich habe keine Feinde, jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Es gibt keinen Grund, mich zu bedrohen. Du bist der einzige Mensch, der mich jemals zu verachten schien, und ich habe eigentlich nie verstanden, warum das so war.”
So, darüber kann er erstmal nachgrübeln, dachte sie und löste sich von ihm, um vorsichtig in die Küche zu gehen. Sie brauchte etwas zu trinken, einen heißen Tee. Und sie musste seinem prüfenden Blick entkommen.
Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie Derek aufstand und dann in ihrem winzigen Wohnzimmer auf und ab ging. Er hatte die Hände wieder in die Hosentaschen geschoben und nachdenklich den Kopf gesenkt. Sie kannte diese Haltung inzwischen, dieses Vorbild ernster Selbstbetrachtung. In letzter Zeit hatte sie das oft miterlebt, obwohl sie sich nicht erinnern konnte, dass Derek sich in der Vergangenheit je selbst in Zweifel gezogen oder über etwas, das sie betraf, so intensiv nachgedacht hätte.
Sie stellte Wasser auf den Herd. “Möchtest du auch einen Tee?”
“Danke.”
Nachdem sie den umgekippten Stuhl wieder aufgestellt hatte, setzte sie sich an den kleinen Küchentisch und wartete darauf, dass das Wasser endlich kochte. Kurz darauf spürte sie Dereks Hände auf ihren Schultern, stark und warm.
“Das Problem ist”, flüsterte er, “dass ich nicht hinter den Anrufen stecke. Und ich verachte dich auch nicht.” Mit den Händen fuhr er zärtlich zu ihrem Hals hinauf und strich ihr dann das immer noch leicht feuchte Haar hinter die Ohren. “Im Gegenteil, Angel, ich will mich um dich kümmern.”
Vor Wut verengte sie die Augen. Sie wollte ihm glauben, wollte verstehen und seine Hilfe annehmen. Sie drehte sich, um ihn anzusehen. “Warum? Warum jetzt, nachdem du mir vor Monaten unmissverständlich klargemacht hast, was du empfunden hast? Mit voller Absicht hast du mich vor meinen Vorgesetzten gedemütigt. Du hast die Sache zwischen uns nicht einfach beendet, du wolltest mich sogar zerstören.
Warum?”
Er schloss die Augen und wandte sich ab. “Du hast natürlich recht. Ich kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Ich kann nur Reue empfinden – was allerdings auch nicht viel bringt. Aber ich bin jetzt hier und ich will helfen.”
Da sie sich das schon die ganze Zeit gewünscht hatte, weil genau das das Ziel ihrer Pläne gewesen war, hätte sie eigentlich erleichtert sein müssen. Doch irgendwie war alles anders, als sie es erwartet hätte. Er war nicht mehr derselbe Mann, und es war nicht so leicht, ihm gegenüber Gleichgültigkeit zu empfinden. Der Derek, der sie damals verletzt hatte, war für sie eine Illusion gewesen, der Inbegriff von Stärke und Macht, dessen Wirkung sie verfallen war. Den Mann selbst hatte sie eigentlich gar nicht gekannt, nur oberflächlich. Sie hatte schlicht und einfach seine Erscheinung anziehend gefunden. Aber inzwischen mochte und respektierte sie ihn. Wenn sie die Vergangenheit ausblenden konnte, machte es Spaß, mit ihm zusammen zu sein. Und wenn er Grayson im Arm hielt, erfüllte die Liebe in seinem Blick sie mit einer sich unmerklich ausbreitenden Wärme, und ihr Herz wurde weit. Meistens verstand sie einfach nicht, was sie empfand.
Nur eines war sicher: Grayson schwebte in Gefahr, wenn sie nicht irgendwie Schutz fand.
Sie stand auf, um den Tee zu servieren, und sammelte ihre Gedanken. Nachdem sie ihm eine Tasse auf den Tisch gestellt hatte, sagte sie: “In der letzten Zeit habe ich ein paar anonyme Anrufe bekommen. Öfter als bisher. Normalerweise sagt er nur, ich soll ihm geben, was er will. Ich wüsste schon, was das ist. Die Anrufe fingen an, als ich noch in meiner alten Wohnung wohnte. Nachdem ich hierhergezogen bin, hörten sie für eine
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