Heißer Flirt in Nappa Valley
eine folgsame Tochter zu sein, einen Mann aus ihren Kreisen zu heiraten und ihm eine gute Ehefrau und hervorragende Gastgeberin zu sein. Sie war Expertin darin, eine halbe Stunde lang höflich Konversation über absolut nichts zu machen und ein stilvolles Essen für zehn oder zweihundert Leute zu planen. Niemals hatte sie ihre Rolle infrage gestellt. Zuerst hatte sie sich den Wünschen ihres Vaters, dann denen ihres Mannes unterworfen. Und wenn sie nicht eines Tages nach Hause gekommen wäre und Carl mit einer anderen in ihrem Schlafzimmer vorgefunden hätte, wäre sie noch immer mit ihm verheiratet,
obwohl sie ihre Ehe gehasst hatte.
O ja, bis vor zwei Wochen habe ich meine Rolle tadellos gespielt, dachte Alex.
Sie blieb stehen und grub die nackten Zehen in den kühlen Sandboden.
Ihr Vater wäre purpurrot geworden, wenn er sie jemals so hätte herumlaufen sehen. Carl auch. Sie hätten gesagt, es gehöre sich nicht. Aber ihr Schock wäre nichts gewesen im Vergleich zu dem, den die Anwälte und der Geschäftsführer erlitten hatten, als sie sich geweigert hatte, Peregrine zu überschreiben, ohne sich vorher mit dem potenziellen Käufer getroffen zu haben. Und das, nachdem das Weingut mehrere Monate ohne ein einziges Angebot zum Verkauf gestanden hatte.
Ihr Geschäftsführer sah beunruhigt aus. „Sie wollen es sich doch nicht etwa anders überlegen? Wir haben Ihnen erklärt, wie viel es kosten würde, das Weingut rentabel zu machen, Miss Thorpe, und dass wir überzeugt sind, die Investition würde sich nicht lohnen."
„Haben Sie. Und ich will noch immer verkaufen. Ich möchte nur den Käufer
kennen lernen."
„Wozu denn?" fragte einer ihrer Anwälte.
Alex dachte daran, ihnen zu sagen, dass sie in Zukunft mehr Interesse an ihrem geerbten Vermögen zeigen wollte. Da sie bereits völlig schockiert aussahen, beschloss sie jedoch, mit dieser Neuigkeit noch zu warten. Sie erzählte ihnen nur, sie habe eine besondere Zuneigung zu Peregrine, was durchaus stimmte.
Die Weinberge, das große viktorianische Farmhaus auf der grasbewachsenen
Anhöhe... Sie hatte sich sofort in Peregrine verliebt, als Carl sie vor Jahren einmal ins Napa Valley mitgenommen hatte. „Es ist schön", hatte sie gesagt. „Wir könnten doch das Haus in Ordnung bringen und die Wochenenden hier verbringen."
„Sei nicht albern, Alex", hatte Carl kurz angebunden erwidert. „Peregrine ist ein Unternehmen und kein Spielzeug."
Natürlich hatte er Recht. Deshalb verkaufte sie das Weingut. Aber auch wenn es vielleicht albern war, sie wollte es nicht einer anonymen Person überlassen. Sie bestand auf einem Treffen.
„So etwas tut man nicht", sagte der Seniorpartner der Kanzlei.
„Warum nicht?" fragte Alex höflich.
Die Männer überhäuften sie mit Erklärungen, die alle aufs Gleiche
hinausliefen: Ihr Vater hätte es nicht erlaubt, und Carl würde es auch nicht zulassen.
„Mein Vater ist tot", hatte Alex erwidert. „Und Carl Stuart ist nicht mehr mein Ehemann."
Jetzt war sie also hier, sah sich die Weinstöcke an, als würde sie sich mit ihnen auskennen, und ging auf das viktorianische Farmhaus zu, um sich mit dem Kaufinteressenten zu treffen. Wahrscheinlich hatten ihre Anwälte zu ihm gesagt, er müsse sich fünfzehn Minuten lang dummes Zeug anhören, wenn er das Geschäft abschließen wolle.
Alex blieb am Ende der Reihe von Weinstöcken stehen und zog die Sandaletten wieder an. Sie wusste nicht, warum, aber sie fühlte sich unsicher. Das war ihr bisher erst ein einziges Mal passiert, nachdem sie bei der Versteigerung für Travis geboten hatte.
Stirnrunzelnd ging Alex die Anhöhe hinauf. Sie würde Travis nie wieder sehen.
Jetzt musste sie sich auf den Mann konzentrieren, der beim Haus auf sie wartete.
Was würde sie zu ihm sagen? Sie wusste nicht einmal seinen Namen. Es auf
eine Machtprobe mit ihrem Geschäftsführer und ihren Anwälten ankommen zu
lassen war ihr so wichtig gewesen, dass sie zu fragen vergessen hatte, was sie hätte fragen sollen. Der Mann vertrat den Käufer. Mehr wusste sie nicht.
Einer ihrer Anwälte würde natürlich dabei sein. Sie wollte jedoch nicht nur ihn reden lassen. Sie war gut darin, Menschen einzuschätzen. Sie könnte Fragen stellen, die ihr einen Einblick in die Absichten des unbekannten Käufers gewähren würden. Albern oder nicht, sie wünschte sich, dass Peregrine
bestmöglich geleitet wurde.
Alex schob sich die Haarsträhnen zurück, die sich durch den Wind aus dem
Knoten im Nacken gelöst
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