Heisser Fruehling in Alaska
ich, wenn ich etwas wirklich wollte, es auch erreichen konnte."
"Manchmal klappt es. Aber manchmal muß man den Dingen einfach ihren Lauf lassen", sagte Hawk.
Sydney lehnte sich zurück und schaute zum Himmel auf, an dem ein Adler seine Kreise drehte. Was würde geschehen, wenn sie diesen Rat befolgte, wenn sie ihre Hemmungen und
Bedenken über Bord warf und einfach abwartete, was sich zwischen Hawk und ihr entwickelte?
Sie hatte so lange nach dem richtigen Mann gesucht. Und nun hatte sie ihn gefunden, mitten in der Wildnis, einen Mann, der völlig anders war, als sie ihn sich eigentlich vorgestellt hatte...
Der Nachmittag verstrich, während sie plauderten und sie ihm vorlas. Sie nahm sogar ihr Reisetagebuch heraus und zeichnete die Landschaft. Irgendwann nickte sie dann ein. Erst als Kies unter dem Kanu knirschte, wachte sie auf.
Verschlafen richtete sie sich auf. Hawk war bereits
ausgestiegen und zog das Kanu ans Ufer. "Wo sind wir?"
"Das ist Nell's Landing", sagte Hawk. "Es gab früher eine kleine Siedlung hier. Ich dachte, Sie würden sie vielleicht gern sehen wollen. Es ist eine Art Geisterstadt. Wir werden heute nacht hier übernachten."
Die Wälder waren dunkel, und die Moskitos umschwirrten ihren Kopf. Nur wenige Meter vom Ufer entfernt lag eine verfallene Blockhütte, fast vollständig überwuchert von dem Wald, der sie umgab.
Zu Sydneys Überraschung befanden sich noch Möbel in der Hütte - ein grobgezimmerter Tisch, ein paar abgewetzte Stühle.
Der alte Steinkamin war das einzige, an dem die Natur nicht ihre Spuren hinterlassen hatte.
"Wer lebte hier?" fragte Sydney leise.
Hawk schlang den Arm um ihre Taille und deutete auf den hölzernen Kaminsims. Ein verschnörkeltes "D" war dort noch zu erkennen. "Seth und Nell Dewey. Sie kamen während des Goldrauschs her, ein frischverheiratetes junges Ehepaar, das fest entschlossen war, am Yukon sein Glück zu machen." Traurig schüttelte Hawk den Kopf. "Aber sie waren nicht vorbereitet auf den Winter, die Einsamkeit und die Kälte. In Muleshoe wurden sie zuletzt gesehen, als sie Vorräte einkauften, bevor der Ruß zufror. Und im nächsten Frühjahr waren sie verschwunden."
"Was ist aus ihnen geworden?"
Hawk zuckte mit den Schultern. "Niemand weiß es. Es gingen Gerüchte um, jemand habe Seth in jenem Frühjahr noch gesehen. Er sei vollkommen außer sich gewesen und habe überall herumerzählt, Nell sei während der Eisschmelze ins Wasser gegangen und von der Strömung fortgerissen worden.
Andere behaupteten, sie seien nach San Francisco
zurückgekehrt. Und wieder andere sagten, das Hüttenfieber habe sie gepackt, und Seth habe seine Frau ermordet, weil er ihre ständige Nörgelei nicht mehr ertrug."
Sydney fröstelte, und Hawk strich beruhigend über ihre Arme. "Es gibt auch Leute, die behaupten, ihre Geister wären noch hier und man könne sie nachts am Ufer des Flusses sehen."
"Wollen Sie mir Angst einjagen?" fragte Sydney.
Hawk zog sie lachend in die Arme. "Es ist bloß eine Geschichte, Sydney. Es gibt Hunderte solcher Geschichten in Alaska."
"Aber es ist eine traurige Geschichte."
"Das Leben in der Wildnis bringt Risiken mit sich", sagte er und schaute ihr dabei in die Augen. "Man muß die Gefahren akzeptieren und ihnen ohne Angst begegnen."
Sie erschauerte und sah, daß seine Augen sich vor
Leidenschaft verdunkelten. Unwillkürlich hielt sie den Atem an, und er beugte sich zu ihr vor. "Riskier es", murmelte er, und dann bedeckten seine Lippen ihre, warm und zärtlich, und doch entschlossen. Sie konnte nicht mehr denken, nur noch reagieren
- aber sie wußte, wenn sie sich ihm jetzt entzog, würde es vorbei sein zwischen ihnen.
Eine Flut von Emotionen übermannte sie - Panik, Verlangen und hemmungslose Neugierde. All ihre Zweifel und Bedenken schwanden, als er sie küßte, und der einzige Gedanke, der sie beherrschte, war, wie sehr sie ihn begehrte.
Seufzend schlang sie die Arme um seinen Nacken und schob die Finger in sein Haar, um ihn noch näher zu sich
heranzuziehen. Nichts harte sie auf die Intensität des Kusses vorbereitet. Nicht einmal jener andere am ersten Tag draußen in den Wäldern ... Denn damals waren es zwei Fremde gewesen, die sich geküßt hatten. Aber dieser Mann, der sie jetzt in den Armen hielt, war sehr viel mehr. Er war ihr Freund geworden, ihr Beschützer, der Mann, von dem sie träumte.
Seine Hände glitten unter die Schwimmweste, die sie noch immer trug, und Sydney schloß entzückt die Augen. Sie wollte,
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