Heißer Schlaf
fragen, was ihn wirklich beschäftigte.
»Du hast also überlebt«, sagte Abner Doon und tätschelte Jasons Hand. »Viele Leute gebrauchen ihren Kopf nicht. Selbst Leute mit einem guten Verstand. Du wirst gut zu gebrauchen sein.«
Jas fragte nicht, wofür er gut zu gebrauchen sein würde. Er wußte, daß er in den Augen eines estorianischen Twicks sehr gut als Abendessen zu gebrauchen sein würde. Jas verdrängte die vage Angst und die Wut, die er im Magen spürte und wandte den Kopf ab.
»Ich werde dich später wieder besuchen«, sagte Doon.
»Nur keine Umstände«, murmelte Jas. Dann schlief er wieder ein. Er träumte, daß er Doon mit den Zähnen zerriß, ihm die Kehle zerbiß, die Stimmbänder herausnagte und die Halsschlagader öffnete. Das warme Blut sprudelte ihm aus der Kehle. Dann, plötzlich, kam das Blut aus dem Bild seines Vaters an der Decke in der Wohnung seiner Mutter. Jas spürte das warme Blut im Gesicht. Vor Kummer und Schuldgefühlen ganz verzweifelt, wachte er auf.
Doon wusch ihm mit einem warmen Tuch das Gesicht. »Du hast schwer geträumt«, sagte der Mann. »Du bist ganz verschwitzt.«
Jas zog den Kopf vor dem Tuch zurück. Seine Wunden schmerzten nicht mehr so wie vorher. Sie spannten aber noch ein wenig, und Jas fühlte sich schwach und müde.
»Zieh nicht den Kopf weg, Jas«, sagte Doon. »Ich will dir nur das Gesicht waschen.«
Jas wandte ihm den Rücken zu und schob sich auf die andere Seite des Bettes.
»Sei nicht albern«, sagte Doon. »Du benimmst dich wie ein Kind.«
Jas drehte sich wieder um, und die rasche Bewegung verursachte einen scharfen Schmerz in seiner Hüfte. Er verzog das Gesicht. Er sah Doon an, der wieder die Freundlichkeit in Person zu sein schien.
»Tut mir leid, daß ich nicht nach Plan gestorben bin«, sagte Jas.
»Plan? Was dich betrifft, habe ich für mehrere Jahrhunderte geplant.«
»Sie haben versucht, mich umzubringen, Sie Schwein!«
»Ach das«, sagte Doon und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Es lohnt sich nicht, darüber zu diskutieren. Komm mit.«
Doon winkte einem Wärter, der einen Rollstuhl brachte. Der Mann half Doon, Jas in den Stuhl zu heben. Dann schob Doon Jas aus dem Zimmer.
Er schob ihn durch Korridore, deren Türen sich nicht öffneten, bis der Korridor selbst sich zu einem großen Raum verbreiterte. An einem Ende stand ein breiter Schreibtisch. Die Wand dahinter wurde von einem komplizierten Computer-Terminal eingenommen.
Doon rollte Jas zu dem Terminal hinüber.
»Hier habe ich dich gefunden, Jas.«
Aber Jas schaute den Terminal überhaupt nicht an. Statt dessen betrachtete er seinen verletzten Oberarm. Natürlich waren die Verbände schon lange entfernt worden, während er noch im Heilschlaf lag, und das Gewebe sah rot und häßlich aus.
Es schien Doon nichts auszumachen, daß Jas ihn nicht beachtete, und bald gab der Junge auf und wandte seine Aufmerksamkeit dem Computer zu.
»Ich habe hier zwei Hauptspeicher. Sie enthalten alles, was ich wissen muß. Das eine ist der Unsinnspeicher, das andere der Unvereinbarkeitsspeicher. Dich habe ich natürlich im Unsinnspeicher gefunden.«
Ein Code. Jas bemerkte außerdem, daß das Programm eine doppelte Verschlüsselung aller Informationen enthielt. Der Schirm leuchtete auf: »Alle blauäugigen Frauen mit einem IQ von über 97, die Linkshänderinnen sind, mehr als zwei Pfund Fleisch in der Woche essen und mehr als drei Geliebte haben.« Der Schirm leuchtete dreimal auf, um die gesamte Liste zu zeigen. »Es wird dich belustigen, Jas, daß die Liste, die du eben gesehen hast, nicht nur eine, sondern zwei Geliebte oder ehemalige Geliebte von Kabinettsmitgliedern enthält. Unglaublich, nicht wahr, daß auf beide diese Beschreibung zutrifft. In diesem Computer gibt es erstaunliche Dinge.«
»Und mich haben Sie unter allen blauäugigen dreizehnjährigen Waisenkindern mit einer Begabung für Telepathie gefunden«, sagte Jas.
»Nein. Du warst Teil einer viel zufälligeren Suche. Jeder weiß, daß der Computer alles weiß – das Dumme ist nur, daß man die Schlüssel kennen muß, um zu finden, was man sucht. Ich habe die Schlüssel. Und hier ist das Programm, mit dem ich dich gefunden habe.«
Der Schirm leuchtete auf: »Alle Kinder mit nicht mehr meßbarem IQ, mit einem PQ über 3,8, von ausgezeichneter Gesundheit und mit ungünstigen Beurteilungen von mindestens zwei Lehrern.«
Jas war neugierig geworden. »Warum die ungünstigen Beurteilungen?«
»Man kann brillant sein und
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