Heißer Sommer auf Skiapolis
Glück wusste Sophie nichts von ihrer früheren Beziehung zu Nikolas. Paige hatte ihr nur von der Begegnung im Restaurant erzählt und dabei den Eindruck erweckt, dass Sophie selbst alles ins Rollen gebracht hatte.
"Hättest du dich nicht bei Martin ausgeheult, hätte er sich nicht an Mr. Petronides gewandt", hatte sie zum Schluss gesagt und Sophie damit den schwarzen Peter zugeschoben.
Es hatte sie wenig beeindruckt.
Am späteren Nachmittag landeten sie in Athen. Die Hitze war fast mit Händen zu greifen, und sogar Sophie belebte sich, als sie die Gangway hinuntergingen, hinein in das helle Sonnenlicht, das von der Rollbahn zurückstrahlte und sich glitzernd in den Fenstern der Flughafengebäude brach.
Die Formalitäten waren rasch erledigt. Zwei allein reisende, attraktive junge Frauen konnten auf das Wohlwollen der griechischen Grenzbeamten zählen, und es dauerte nur wenige Minuten, bis ihr Gepäck im Kofferraum eines altmodischen Taxis untergebracht war.
Die Fähre sollte um sieben Uhr ablegen. Paige hoffte, vorher noch etwas essen zu können, denn sie wusste nicht, ob es an Bord eine Möglichkeit dafür gab.
Die gemeinsamen Reisen mit ihrem Vater hatten sie nie auf das griechische Festland geführt. Sie waren meist in der Ägäis gesegelt und auch wiederholt Nikolas' Gäste gewesen _
auf seiner Yacht und auf Skiapolis. Jetzt kam sie als seine Angestellte, und wenn sie klug war, vergaß sie die Rolle, die sie damals in seinem Leben gespielt hatte.
Piräus machte seinem Ruf als größter griechischer Hafen alle Ehre. Unzählige Schiffe hielten den Fährverkehr zu den Inseln aufrecht, einige so groß und luxuriös wie Kreuzschiffe.
Paige hatte keine klare Vorstellung von dem Schiff, das sie nach Skiapolis bringen würde. Die Insel war klein, aber ganz in Nikolas' Besitz und - wenigstens damals - für Touristen unzugänglich. Ein Motorboot brachte Post und Lebensmittel, regelmäßiger Fährverkehr bestand nicht.
Das Taxi hielt an der Platía Karaiskaki vor der Schiffsagentur, bei der sie laut Anweisung ihre Tickets abholen sollten. Das Büro war heiß und stickig, und die Auskunft, die Paige mit den Tickets erhielt, war nicht sehr ermunternd.
"Sieben Uhr, kiría ? Das ist nur ein Anhaltspunkt. Wenn sich das Schiff verspätet, müssen Sie mehrere Stunden warten."
Sophie verstand nichts von dem Gespräch, das Paige am Fahrkartenschalter führte, und flirtete stattdessen mit einem schwarzlockigen Jüngling in Jeans und ärmellosem T-Shirt.
Paige, die ständig ein halbes Auge auf ihre Schwester hatte, bemerkte es und geriet in Verzweiflung. Sie warf Sophie beschwörende Blicke zu, die allerdings wenig bewirkten. Als sie endlich mit den Tickets zurückkam, befanden sich Sophie und ihr Verehrer längst in vertrautem Gespräch, und Sophies gerötete Wangen bewiesen, dass sie diesmal keine Verständigungsschwierigkeiten hatte.
"Sophie!" Paige stieß ihre Schwester mit dem Ellbogen an. "Komm, wir müssen weiter.
Hoffentlich gibt es hier irgendwo ein Café. Ich sterbe vor Durst."
"Warte einen Augenblick." Sophie hielt Paige am Arm fest. "Dies ist Paris. Mr. Petronides hat ihn hergeschickt, um uns abzuholen. Ist das nicht super?"
Paige runzelte die Stirn. "Was sagst du?"
"Kírie Petronides schickt mich", mischte sich der junge Mann ein. "Sie sind Kiría Tennant, óchi? Und Thespinís Tennant." Er warf Sophie einen glühenden Blick zu. "Kalós orísate ... willkommen in Griechenland."
Paige stellte ihre Taschen wieder hin. "Kírie Petronides schickt Sie?" fragte sie ungläubig.
Sie misstraute Paris, obwohl seine Begrüßung der verschieden alten Schwestern korrekt gewesen war.
"Ganz recht, kiría." Paris warf sich Sophies Rucksack über die Schulter und nahm ihren Koffer. "Wenn Sie mir bitte folgen wollen ..."
"Einen Moment", wandte Paige ein. "Wie kann ich wissen, ob ..."
Sophie ließ sie nicht ausreden. "Komm schon", drängte sie. "Woher sollte er unsere Namen kennen?"
"Vielleicht hat er mein Gespräch am Schalter belauscht." Paige zögerte immer noch, bis ihr einfiel, dass sie Nikolas' Namen in dem Gespräch nicht erwähnt hatte. "Also gut", gab sie zögernd nach.
Da sie wenig Lust hatte, ihre beiden Taschen bis zum Schiff zu schleppen, nahm sie nur die eine und überließ Paris die andere. Das doppelte Gewicht schien ihm nichts auszumachen, denn er lächelte und verließ geschmeidigen Schritts die Agentur.
"Ist er nicht süß?" flüsterte Sophie, während sie ihm zu einem Seitenquai folgten, an
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