Heißer Winter in Texas
daß er mich nicht bemerken würde. Doch er
erhob sich schwankend und taumelte mir in den Weg.
Seine Hose war zu eng und zu kurz. Sein Hemd war
schmierig und zerknittert, und mir war nicht danach,
auch nur ansatzweise zu überlegen, woher das
schleimige gelbliche Zeug auf seiner Krawatte rühren
mochte. Jedesmal, wenn ich Ed ansah, konnte ich das
dringende Bedürfnis von Carrie Nation verstehen,
Kneipen kurz- und kleinzuhacken. Ich hob warnend eine
Hand und sagte: »Laß mich heute lieber in Ruhe, Ed.«
»Hey, Hollis, wie wär‹s, wenn du und ich heute
abend nach der Arbeit mal ausgehn? Erstmal ›n paar
trinken und dann gehn wir zu dir und machen‹s uns
richtig schön.« Es fehlte nicht viel, daß er lallte, und er
schaute sich rasch um, ob die anderen Männer ihm auch
zusahen. Das taten sie. Es war so still im Raum, daß
man hätte hören können, wie der bärtigen Dame im
Zirkus der Schnurrbart sprießt.
McNaspy hatte diesen immergleichen Blech geredet,
seit er vor drei Jahren anfing, bei der Times zu arbeiten.
Meistens hatte er sich nach ungefähr einer Woche so
weit von meiner verbalen Dresche erholt, daß er den
Nerv hatte, von vorn anzufangen. Aus irgendeinem nur
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ihm bekannten Grund schien er zu glauben, daß er
diesen Schlagabtausch eines Tages gewinnen könnte.
»Nein danke, McNaspy. Ich weiß, daß ich
wahrscheinlich vor Reue nächtelang kein Auge zutun
werde, aber ich schätze, lieber gehe ich gleich nach
Hause und trinke eine Flasche Batteriesäure«, sagte ich
rasch und versuchte an ihm vorbeizukommen.
Er griff nach meinem Arm und zog mich an sich.
»Für was sparst du‹s auf, Hollis? Es wird vertrocknen,
wenn du‹s nicht gebrauchst. Ich meine, wär‹ doch ›n
Jammer – oder?«
Ich habe eine kleine bulldyke – eines dieser sehr
bissigen, sehr angriffslustigen und sehr lesbischen
Wesen. Sie ist siebeneinhalb Zentimeter groß und lebt
auf meiner Schulter. Bekleidet ist sie mit einem kleinen
roten Frack und Turnschuhen; sie hat Hörner und einen
Schwanz. Sie trägt außerdem ein Billardqueue bei sich,
mit dem sie mir einen aufmunternden Stoß versetzt,
wenn sie will, daß ich auf etwas reagiere, das ich lieber
ignorieren würde. Sie flüstert mir etwas zu, ich öffne
meinen Mund, und schon ist es ausgesprochen. Mein
Instinkt riet mir, McNaspy zu ignorieren, und sei es nur
im Wissen, daß er der Mühe nicht wert war. Sie
schubste mich, mein Mund öffnete sich, und mit
ebensoviel Erschrecken wie Resignation hörte ich, was
ich zu sagen hatte.
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»Ich werd‹ dir sagen, was ein Jammer ist, McNaspy.
Irgendeine bedauernswerte Frau, die mit dir und
deinem verschrumpelten alten Schwanz ins Bett steigen
muß. Das und nichts anderes ist ein elender Jammer,
McNaspy!« Ich knurrte drohend und schubste ihn, so
daß er abrupt in seinem Stuhl zu sitzen kam. »Und faß
mich ja nie wieder in deinem Leben an, sonst trete ich
dir so in die Eier, daß du sie als kleine rosa Ohrringe
tragen kannst.«
Ich ging ab und mußte mich nicht umdrehen, um zu
wissen, daß McNaspys Gesicht einen dunklen Rotton
angenommen hatte. Er würde den Rest des Morgens
damit verbringen, in der Nachrichtenredaktion
herumzuhängen und jedem und jeder in Hörweite zu
erzählen, was für eine »gottverdammte Perverse« ich
sei. Das gefiel mir nicht besonders, andererseits gefiel
mir auch nicht besonders, daß ich nicht als Königin von
England zur Welt gekommen war. Es brauchte nicht
allzuviele Erfahrungen dieser Art, um auf die Knie zu
sinken und Gott dafür zu danken, daß ich Frauen den
Männern vorzog. Ich summte »Lobet den Herrn, von
dem aller Segen ausgeht« und stapfte zu Kellys Büro.
Nach einem herzhaften Klopfen stand ich im
Zimmer, bevor er mich hereinbitten konnte. Ich wußte,
daß er so oder so absolut nichts tun würde. Ich hatte
unrecht. Er hing zurückgelehnt in seinem Sessel und
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starrte mit leerem Gesichtsausdruck aus dem Fenster.
Kelly war ein distinguiert aussehender Mann Ende
Fünfzig, der Tweedjacketts mit Lederflicken an den
Ellbogen trug und eine Bruyerepfeife rauchte. Er sah
aus, als müsse er intelligent sein, aber er war es nicht.
(Ich hatte mit einem der Männer aus der Redaktion eine
Wette laufen: Sollte Kelly jemals einen intelligenten
Gedanken fassen und ihn in Worten ausdrücken, mußte
ein derartiges Vakuum entstehen, daß sein Gesicht
gleichsam an den Hinterkopf gequetscht würde.) Er war
nie ein guter Journalist
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