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Heißer Winter in Texas

Heißer Winter in Texas

Titel: Heißer Winter in Texas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Powell
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daß er mich nicht bemerken würde. Doch er
    erhob sich schwankend und taumelte mir in den Weg.
    Seine Hose war zu eng und zu kurz. Sein Hemd war
    schmierig und zerknittert, und mir war nicht danach,
    auch nur ansatzweise zu überlegen, woher das
    schleimige gelbliche Zeug auf seiner Krawatte rühren
    mochte. Jedesmal, wenn ich Ed ansah, konnte ich das
    dringende Bedürfnis von Carrie Nation verstehen,
    Kneipen kurz- und kleinzuhacken. Ich hob warnend eine
    Hand und sagte: »Laß mich heute lieber in Ruhe, Ed.«
    »Hey, Hollis, wie wär‹s, wenn du und ich heute
    abend nach der Arbeit mal ausgehn? Erstmal ›n paar
    trinken und dann gehn wir zu dir und machen‹s uns
    richtig schön.« Es fehlte nicht viel, daß er lallte, und er
    schaute sich rasch um, ob die anderen Männer ihm auch
    zusahen. Das taten sie. Es war so still im Raum, daß
    man hätte hören können, wie der bärtigen Dame im
    Zirkus der Schnurrbart sprießt.
    McNaspy hatte diesen immergleichen Blech geredet,
    seit er vor drei Jahren anfing, bei der Times zu arbeiten.
    Meistens hatte er sich nach ungefähr einer Woche so
    weit von meiner verbalen Dresche erholt, daß er den
    Nerv hatte, von vorn anzufangen. Aus irgendeinem nur
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    ihm bekannten Grund schien er zu glauben, daß er
    diesen Schlagabtausch eines Tages gewinnen könnte.
    »Nein danke, McNaspy. Ich weiß, daß ich
    wahrscheinlich vor Reue nächtelang kein Auge zutun
    werde, aber ich schätze, lieber gehe ich gleich nach
    Hause und trinke eine Flasche Batteriesäure«, sagte ich
    rasch und versuchte an ihm vorbeizukommen.
    Er griff nach meinem Arm und zog mich an sich.
    »Für was sparst du‹s auf, Hollis? Es wird vertrocknen,
    wenn du‹s nicht gebrauchst. Ich meine, wär‹ doch ›n
    Jammer – oder?«
    Ich habe eine kleine bulldyke – eines dieser sehr
    bissigen, sehr angriffslustigen und sehr lesbischen
    Wesen. Sie ist siebeneinhalb Zentimeter groß und lebt
    auf meiner Schulter. Bekleidet ist sie mit einem kleinen
    roten Frack und Turnschuhen; sie hat Hörner und einen
    Schwanz. Sie trägt außerdem ein Billardqueue bei sich,
    mit dem sie mir einen aufmunternden Stoß versetzt,
    wenn sie will, daß ich auf etwas reagiere, das ich lieber
    ignorieren würde. Sie flüstert mir etwas zu, ich öffne
    meinen Mund, und schon ist es ausgesprochen. Mein
    Instinkt riet mir, McNaspy zu ignorieren, und sei es nur
    im Wissen, daß er der Mühe nicht wert war. Sie
    schubste mich, mein Mund öffnete sich, und mit
    ebensoviel Erschrecken wie Resignation hörte ich, was
    ich zu sagen hatte.
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    »Ich werd‹ dir sagen, was ein Jammer ist, McNaspy.
    Irgendeine bedauernswerte Frau, die mit dir und
    deinem verschrumpelten alten Schwanz ins Bett steigen
    muß. Das und nichts anderes ist ein elender Jammer,
    McNaspy!« Ich knurrte drohend und schubste ihn, so
    daß er abrupt in seinem Stuhl zu sitzen kam. »Und faß
    mich ja nie wieder in deinem Leben an, sonst trete ich
    dir so in die Eier, daß du sie als kleine rosa Ohrringe
    tragen kannst.«
    Ich ging ab und mußte mich nicht umdrehen, um zu
    wissen, daß McNaspys Gesicht einen dunklen Rotton
    angenommen hatte. Er würde den Rest des Morgens
    damit verbringen, in der Nachrichtenredaktion
    herumzuhängen und jedem und jeder in Hörweite zu
    erzählen, was für eine »gottverdammte Perverse« ich
    sei. Das gefiel mir nicht besonders, andererseits gefiel
    mir auch nicht besonders, daß ich nicht als Königin von
    England zur Welt gekommen war. Es brauchte nicht
    allzuviele Erfahrungen dieser Art, um auf die Knie zu
    sinken und Gott dafür zu danken, daß ich Frauen den
    Männern vorzog. Ich summte »Lobet den Herrn, von
    dem aller Segen ausgeht« und stapfte zu Kellys Büro.
    Nach einem herzhaften Klopfen stand ich im
    Zimmer, bevor er mich hereinbitten konnte. Ich wußte,
    daß er so oder so absolut nichts tun würde. Ich hatte
    unrecht. Er hing zurückgelehnt in seinem Sessel und
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    starrte mit leerem Gesichtsausdruck aus dem Fenster.
    Kelly war ein distinguiert aussehender Mann Ende
    Fünfzig, der Tweedjacketts mit Lederflicken an den
    Ellbogen trug und eine Bruyerepfeife rauchte. Er sah
    aus, als müsse er intelligent sein, aber er war es nicht.
    (Ich hatte mit einem der Männer aus der Redaktion eine
    Wette laufen: Sollte Kelly jemals einen intelligenten
    Gedanken fassen und ihn in Worten ausdrücken, mußte
    ein derartiges Vakuum entstehen, daß sein Gesicht
    gleichsam an den Hinterkopf gequetscht würde.) Er war
    nie ein guter Journalist

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