Heißer Zauber einer Nacht
Georgie das Gefühl, die Welt würde sich von neuem unter ihnen drehen, die Regeln verändern, sie beide verändern.
»Mylord«, rief der Kutscher vom Kutschbock herunter. Nach ein paar höflichen Sekunden wiederholte er. »Mylord?«
Colin schüttelte den Kopf wie jemand, der widerwillig erwacht. »Ja, Elton?«, erwiderte er, so atemlos wie sie.
»Ich bitte um Verzeihung«, rief der Fahrer, »aber wollt Ihr zu einem bestimmten Ziel gefahren werden? Diese Stadtpferde sind keine guten Renner. Möchtet Ihr zu Eurer Wohnung beim Square gefahren werden oder zum Haus in Bridwick?«
Georgie beobachtete ein sonderbares Spiel von Emotionen auf Colin s Gesicht; er furchte die Stirn, und die Leidenschaft, die ihn zuvor beherrscht hatte, verschwand schlagartig.
Bridwick House. Allein die Worte erschreckten ihn, als erinnerten sie ihn an andere Verpflichtungen, an irgendeinen anderen Auftrag der Ehre. Von dem sie ihn abhielt.
»Nicht Bridwick, Elton«, sagte er. »Nicht dorthin.«
Er sagte es so heftig, dass Georgie sich fragte, welche Erinnerungen mit diesem Haus verbunden sein mochten.
Plötzlich dachte sie an etwas, das ihr nie in den Sinn gekommen war. Vielleicht wollte er nicht zu seiner Wohnung oder zu diesem Haus in Bridwick fahren, weil er dort eine Mätresse versteckt hielt.
Oder, schlimmer noch, eine Frau.
Lady Diana...
Der Name schoss in ihre Erinnerung. Hinchcliffe oder einer der beiden anderen hatte Colin wegen einer Lady Diana verspottet.
»...Vielleicht werde ich Lady Diana besuchen. Ich hörte, sie ist nicht mehr verlobt...«
Georgie hätte mit ihrem verbliebenen Schuh darauf gewettet, dass diese Lady Diana irgendwie mit Bridwick House verbunden war und dass diese Frau ebenso sicher nicht seine Ehefrau war. Eine Verlobte, vielleicht.
Was sollte es ihr ausmachen, wenn Colin verheiratet oder verlobt war und sich sonst wo weibliche Gesellschaft suchte? Männer durften sich Mätressen halten oder ihre Abende mit Damen aus der Halbwelt verbringen.
Aber aus irgendeinem Grund wollte sie nicht denken, dass sich dieser Mann so verhielt. Er hatte einfach etwas Ritterliches an sich.
Und gerade in diesem Augenblick schenkte ihr Ritter ihr ein kleines Lächeln, eine Art Entschuldigung, die sie von neuem mit Angst erfüllte.
Er griff nach ihr, und für einen Moment dachte Georgie, er würde sie von neuem küssen, doch zu ihrer Bestürzung hob er sie nur auf und setzte sie auf den Ledersitz. Anstatt sich zu ihr auf die bequemen Polster zu gesellen, nahm er auf der Bank gegenüber Platz und zog die Falltür zum Dach sogar noch weiter auf.
»Wir bringen die Dame zu ihrer Wohnung«, rief er zum Fahrer. Als er sich wieder Georgie zuwandte, war er wieder ganz der korrekte Gentleman, nicht mehr der schurkische Verführer. »Wo wohnt Ihr?«
»Fahren wir nicht zu Euch? Euer Fahrer erwähnte ein Haus oder Eure Wohnung ... beides wäre angenehm.«
Hatte Lady Finch sie nicht ausdrücklich ermahnt, niemals mit einem Mann in dessen Privatwohnung zu gehen? Und allein aus diesem Grund wusste sie, dass seine Wohnung oder sein Haus genau das war, wohin sie wollte.
Außerdem ging es nicht mehr nur darum, ihre ungewollte Verlobung zu beenden; jetzt musste sie ein anderes Problem bekämpfen ... das wilde Pochen ihres Herzens ... das Verlangen, das dieser Mann mit seinem stürmischen Kuss und seinen erregenden Zärtlichkeit en in ihr geweckt hatte.
»Ich bezweifle, dass meine Wohnung passend wäre, Georgie. Nicht jetzt.«
»Und was ist mit dem Haus, das der Fahrer erwähnt hat?«, fragte sie impulsiv.
»Der einzige Ort, zu dem Ihr heute Abend zurückfahrt, ist Euer eigenes Zuhause. Euer eigenes Bett.«
Er wollte den Abend nicht mit ihr verbringen? Das war eine Katastrophe! Und nach seinem leidenschaftlichen Kuss hatte sie gedacht, eine Lösung aus ihrem Dilemma gefunden zu haben!
»Habe ich etwas Falsches getan?«, fragte sie.
Colin zuckte fast zusammen, als er die unterschwellige Selbstanklage in ihren Worten hörte.
Sie hatte nichts Falsches getan ... eigentlich hatte sie alles richtig gemacht.
Zu richtig.
»Nein«, sagte er. »Es ist nur spät, und ich muss mich am Morgen einigen wichtigen Geschäften widmen.«
Wie zum Beispiel versuchen, meine gebrochene Verlobung zu kitten, dachte er und benutzte Lady Diana als Ausrede, um aus dem Zauberbann dieser seltsamen kleinen Hure herauszukommen.
Aber Diana kommt nicht zurück, wisperte eine teuflische Stimme in ihm.
Das stimmte nicht ganz, trotz Lady Dianas heftiger
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