Heißer Zauber einer Nacht
besser als Captain Danvers. Wenn wir in London eintreffen, wird Captain Danvers seinem Bruder Raphael ein Patent für die Armee kaufen. Ich glaube, Raphael wird in seiner Uniform prächtig aussehen, und das habe ich ihm auch gesagt.« Sie legte eine Pause ein und setzte sich auf. »Georgie, war es falsch, ihm nach so kurzer Bekanntschaft zu sagen, dass ich sein Aussehen prächtig finde? Hätte ich damit warten sollen?«
Ihre Augen glänzten, und ihre Wangen waren von etwas anderem gerötet als von einer Stunde in der frischen Seeluft. Und plötzlich fragte sich Georgie, ob Kits zerzaustes Aussehen auf eine andere Art der Natur zurückzuführen war.
Auf die menschliche Natur.
Georgie unterdrückte ein Aufstöhnen. Das hätte ihr noch gefehlt, dass sich ihre Schwester in Lord Danvers' Bruder verliebte! Der Junge war vermutlich aus demselben Holz geschnitzt wie sein schurkischer Bruder - und Kit würde ein gebrochenes Herz haben, wenn sie von Bord der Sybaris gingen.
»Ich glaube, du solltest diesen Raphael für den Augenblick in Ruhe arbeiten lassen. Du möchtest doch nicht, dass er deinetwegen Probleme bekommt.«
Kit kletterte von ihrer Koje herab. »Aber Georgie, ich habe versprochen, ihn zu malen, wenn er dienstfrei hat.«
Georgie sah Kits ernste Miene und erkannte, dass sie dies im Keim ersticken musste.
Wenn nur unsere Eltern nicht gestorben wären, dachte sie zum tausendsten Mal. Wenn nur Onkel Phineas und Tante Verena ein bisschen familiäre Liebe für sie empfunden hätten. Dann könnte Kit jetzt von ihrer ersten Ballsaison träumen und sich Gedanken über Kleider und Tänze und Einladungen machen.
Sie sollte sich gewiss nicht mit ihren mädchenhaften Illusionen beschäftigen und von diesem Raphael Danvers schwärmen.
Georgie wusste genau, dass sie Kit nicht strikt verbieten konnte, sich mit Raphael zu treffen, denn dann würde sie ihn heimlich besuchen. So sagte sie nur: »Wir werden sehen«, was Kit zufrieden zu stellen schien. Sie nahm ihren Skizzenblock und die Malutensilien und setzte die Arbeit an einer Zeichnung fort, die sie von Chloe anfertigte.
Zufrieden, weil Kit beschäftigt war, entschied sich Georgie, an Deck zu gehen und Colin aufzusuchen.
Jetzt müssen wir mehr denn je von der Sybaris wegkommen, dachte sie mit einem Blick auf ihre Schwester.
Besonders, wenn sie ihre Reaktion auf Colins unerwarteten Kuss bedachte. Ihr Körper war verräterisch erwacht, als er sie in seine Arme genommen hatte.
Ein Blick in seine Augen, und sie hatte gewusst, dass er sie immer noch begehrte.
Ja, er hatte das gleiche verzehrende Verlangen nach ihr, das auch ihr Herz erfüllte.
Es würde niemals gut gehen. Wie konnte sie an Bord der S y baris bleiben, so nahe bei ihm? Sie konnte nicht darauf vertrauen, dass er sich zurückhielt ... und an der Art, wie ihr Körper immer noch erbebte, wenn sie an seine Berührungen dachte, wusste sie, dass sie sich selbst ebenso wenig vertrauen konnte.
»Ich komme gleich zurück, Kit«, sagte sie und verließ die Kabine.
Der einzige Trost bei alldem war, dass sie wieder auf der Sybaris war, dass sich das Schiff mit einem vertrauten Rollen unter ihren Füßen bewegte. Sie hielt sich an dem von der Zeit abgenutzten Handlauf an der Wand fest.
Georgie hatte ihre Schuhe und Strümpfe ausgezogen und ging barfuß wie der Großteil der Besatzung und genauso, wie sie es als Kind immer getan hatte. Sie genoss es, die glatten Planken unter ihren Fußsohlen zu spüren.
Wie hatte sie als Kind dieses Schiff ge li ebt! Zweimal hatte Captain Taft sie nach Frankreich mitgenommen, sehr zu Mrs Tafts Ärger. Diese Abenteuer zählten zu Georgies kostbarsten Erinnerungen.
Und jedes Mal, wenn sie im Hafen gewesen waren, hatte Captain Taft sie an Bord des Schiffes spielen lassen.
Sie atmete tief ein und hoffte, den Geruch der Fracht wahrnehmen zu können, an den sie sich nur zu gut erinnerte. Der süßliche Geruch von Rum. Von würzigen Kräutern. Von Cognac aus den Fässern, die Captain Taft von Frankreich eingeschmuggelt hatte. Georgie lächelte und fragte sich, ob Colin diesen Lagerraum oder die anderen winzigen Lagerräume und Geheimschränke schon gefunden hatte, die nur von Schmugglern benutzt wurden. Sie tappte auf bloßen Füßen fast lautlos durch den engen, halb dunklen Gang und verharrte vor der einen Spalt offen stehenden Tür von Captain Danvers' Kabine. Sie nahm Stimmen wahr.
»Seid Ihr sicher, dass dies der sicherste Platz auf dem Schiff ist? «
Es war Mr Pymm, der
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