Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
untersuchen.
»Du bist schlimmer verletzt als ich«, wandte sie ein und spürte, wie ihr Herz gleich schneller schlug. Es musste etwas damit zu tun haben, wie er ihre Wunde ansah, wie seine schwarzen Augen über ihre Haut glitten, als betrachtete er es als persönliche Beleidigung, dass sie von den feurigen Splittern getroffen worden war. »Ich kann damit leben.«
»Ich nicht«, erwiderte er und senkte den Kopf, sodass sein schwarzes Haar, das wirr und zerzaust war von der Reise durch die Lüfte, ihm ins Gesicht fiel und es vor Juliette verbarg.
Das Erste, was sie spürte, war die Wärme seines Atems. Dann seine Lippen, die so federleicht und sachte waren, dass ihr Herz noch schneller schlug und eine starke Anspannung sie erfasste. Sanft glitt seine Zunge über die dunkle Brandblase, und ein elektrisierendes Prickeln durchlief Juliette, das ihr den Atem stocken ließ und ihr einen trockenen Mund bescherte. Unwillkürlich zog sie den Arm zurück, aber Riordan ließ ihn nicht los.
»Es tut mir leid, falls es wehtut, doch mein Speichel enthält einen heilenden Wirkstoff, der den Schmerz vergehen lassen wird. Entspann dich einfach!« Er sagte die Worte nicht nur, sondern hauchte sie an ihrer Haut, sodass sie seine Stimme regelrecht durch ihre Poren kriechen spürte, um sich um ihr Herz und ihre Lunge und alle anderen lebenswichtigen Organe zu legen.
Juliette schloss die Augen gegen die Hitzewellen, die durch ihre Adern rasten. Blutend, mit Wunden übersät und schwankend vor Erschöpfung, war Riordan immer noch der aufregendste Mann, dem sie je begegnet war. Es waren nicht nur seine Stimme, seine Augen, die Art, wie er sie ansah und sich bewegte, oder sein harter, maskuliner Körper, sondern vor allem die Gefahr, die von ihm ausging, was ihn so ungeheuer reizvoll machte. Er war ganz offensichtlich ein mächtiges Raubtier, und dennoch war seine Berührung erstaunlich sanft, ja fast zärtlich.
Juliette schluckte heftig. »Es ist nicht in Ordnung, dass du versuchst, mich zu heilen, während du selbst viel schwerer verletzt bist. Ich kann warten.«
»Ich spüre deinen Schmerz, als wäre er mein eigener.«
Sie versuchte, die Sache mit Humor zu sehen, als ihr Körper erwachte und ihre Gedanken sich mit Dingen zu befassen begannen, die besser unangerührt blieben. »Siehst du, warum wir nicht geistig miteinander in Verbindung treten sollten? Es wäre viel leichter, wenn du neben deinem eigenen Schmerz nicht auch noch den meinen spüren müsstest.« Sie runzelte die Stirn. »Ich bin auch in deinen Gedanken, aber wieso kann ich dann deinen Schmerz nicht spüren?« Sie konnte fühlen, wie müde er war, doch er musste auch Schmerzen haben mit all seinen Verbrennungen und anderen Verletzungen.
Seine Zunge glitt ein zweites und ein drittes Mal über ihre Haut. »Weil ich dich davor abschirme.«
Er konnte einen in den Wahnsinn treiben! Juliette konnte sein männlich schönes Gesicht nicht ansehen, ohne diese tiefen Furchen glatt streichen zu wollen. Seine Berührung war so sanft, dass sie ganz merkwürdige Dinge mit ihrem Magen anstellte und ihn Purzelbäume schlagen ließ. Schweißtröpfchen rannen durch die Mulde zwischen ihren Brüsten, und die hatten ganz bestimmt nichts mit der allgegenwärtigen Feuchtigkeit zu tun. Wie durch ein Wunder hörten die kleinen Brandwunden unter Riordans liebevollen Zuwendungen auf zu brennen. Als er schließlich den Kopf hob und sie mit seinen schwarzen Augen ansah, entging ihr nicht das glutvolle Begehren in ihren dunklen Tiefen.
Dann ließ er ihren Arm los und trat ein Stück von ihr zurück.
Juliette, die wieder mit dem Rücken an den Baum gelehnt dasaß, beobachtete ihn aufmerksam. »Danke. Es tut schon gar nicht mehr so weh.« Sie sah Riordan prüfend ins Gesicht und ließ ihren Blick auf den vom Schmerz geprägten Linien darin verweilen. »Hast du wirklich Gift in deinem Organismus?«
Er sah sie an, und seine glutvollen schwarzen Augen brannten sich schier in ihr Herz … oder in ihren Körper. Dann begann er vorsichtig, das blutbefleckte, zerrissene Hemd von seiner Haut zu lösen, ohne jedoch den Blick von ihr abzuwenden. Juliette fiel es plötzlich schwer zu atmen. »Leider ja.«
»Aber warum? Warum haben sie dir das angetan?«
»Weil ich anders bin. Eine verachtenswerte, verhasste Kreatur. Und weil sie unseren Prinzen töten wollen, fürchte ich.«
Die Brandmale an seiner Haut waren schrecklich. »Haben sie die Ketten erhitzt? Stammen diese Wunden daher?« Am liebsten wäre
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