Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
nicht an Juliette und die Zeit, die ihnen entglitt, zu denken. Er war stets bei der Sache, aber es kostete ihn enorme Disziplin, alle anderen Gedanken zu verdrängen und sich auf seine Aufgabe zu konzentrieren.
Solange lag da und beobachtete ihn, mit festem Blick und ohne mit der Wimper zu zucken. Ihre Hand blieb in Jasmines, doch ihre Aufmerksamkeit galt nur Riordan. Als sein Körper schwankte und die beruhigende Wärme in ihr nachließ, holte sie tief Luft und ließ sie langsam wieder aus. »Jasmine, er muss Juliette jetzt wegbringen. Wir müssen noch ein bisschen länger stark sein.«
Sogleich beugte Jasmine sich vor und küsste Juliette. Sie sah Riordan nicht an, als sie leise »Danke«, sagte.
»Ihr beide müsst euch in Sicherheit bringen. Auf meiner Ranch werdet ihr …«
Solange schüttelte den Kopf. »Nein, das kann ich nicht. Bitte versuch, das zu verstehen! Ich weiß, dass du uns geholfen hast, doch wir haben keine guten Erfahrungen mit Männern gemacht und fühlen uns sicherer allein.«
Riordan entging nicht das Erschaudern, das Jasmine durchlief. Juliette drückte ihrer Schwester die Hand. »Es tut mir leid«, sagte Riordan, »doch ich muss Juliette für die Verwandlung an einen sicheren Ort bringen. Und es gefällt mir gar nicht, euch beide allein und schutzlos hier zurückzulassen.«
»Dank deiner Heilkräfte werde ich uns beschützen können«, erwiderte Solange und blickte sich nach den herumliegenden Leichen um. »Die meisten unserer Feinde sind tot. Bring Juliette von hier fort, bevor wir sie verlieren.«
Riordan nahm seine Seelengefährtin in die Arme, hielt aber wieder inne, als sich Jasmine ein kummervoller kleiner Laut entrang. »Was hast du, Kleines?«, fragte er in seinem liebevollsten Ton.
»Wie lange?« Jasmine klammerte sich an Juliette, als könnte sie sie gar nicht gehen lassen.
»Könnt ihr zwei Tage getrennt sein? Das wird genügen, um sie so weit wiederherzustellen, dass sie gefahrlos aus der Erde hervorkommen kann. Solange hat von meinem Volk gehört. Ich bin ein Mann von Ehre. Und ich gebe euch mein Wort, dass wir unverzüglich zu euch kommen werden, sowie wir uns aus der Erde erheben. Juliette würde es auch nicht anders wollen.«
Jasmine nickte und ließ die Hand ihrer Schwester widerstrebend los. Dann lehnte sie sich schutzsuchend an Solange, die sie in die Arme nahm und sagte:
»Geht jetzt. Wir vertrauen sie dir an. Ich werde mich hier um alles kümmern.«
Riordan wartete keine zweite Aufforderung ab. Er spürte schon die ersten Regungen in Juliettes geschwächtem Körper, eine Welle des Unwohlseins und ein beginnendes Fieber. Die Zeit wurde knapp. Mit Juliette in den Armen schwang er sich in die Lüfte und hörte Jasmines scharfes Einatmen, gefolgt von unterdrücktem Weinen. Als er einen Blick hinunterwarf, konnte er sehen, wie Solange sich langsam aufsetzte und ihre jüngere Cousine an sich zog.
Ich sollte Jasmine nicht allein lassen. Ich sollte bei ihr sein, hörte er Juliettes leise Stimme in seinem Kopf.
Was ihr passiert ist, hätte nie geschehen dürfen , erwiderte er grimmig. Er wusste selbst nicht, wie er es schaffte, die dunkle Wut, die ihm den Magen umdrehte, im Zaum zu halten. Juliettes Erinnerungen waren für ihn so deutlich wie die seinen, und er wusste auch von ihrer innigen Zuneigung zu ihrer Schwester und ihrer Cousine. Am schlimmsten waren die Erinnerungen an ihre Tante und ihre Mutter, die durch die Hand abartiger Männer gestorben waren. All seine Beschützerinstinkte waren geweckt, und sein Zorn war wie ein selbstständiges, lebendiges Wesen in ihm.
Danke, dass du dir Sorgen um sie machst. Und danke, dass du meine Cousine geheilt hast. Ich weiß, wie unangenehm es ist, nicht akzeptiert zu werden.
Ein Feuer brach in ihrem Magen aus, das sich rasend schnell verbreitete und auf all ihre Organe übersprang. Riordan teilte den Schmerz, schockiert über dessen Intensität, weil er ebenso unvorbereitet wie seine Gefährtin war auf die Heftigkeit der Qual. Juliette erbebte in seinen Armen, unterdrückte einen Schmerzensschrei und versuchte, die geistige Verbindung zwischen ihnen zu unterbrechen.
Riordan erhöhte sein Tempo. Den Schutz der Ranch konnte er nicht erreichen; er konnte nicht einmal in die Nähe seines heimatlichen Refugiums gelangen, aber nach Jahrhunderten des Lebens und Vampirjagens in Südamerika war er auch mit ihrer derzeitigen Umgebung sehr vertraut. Er landete am Fuß eines Berges und trug Juliette zu einer Höhle mit heißen
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