Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
sehr talentiert«, gab Juliette zu.
Solange näherte sich in einem weiten Kreis wieder dem Hinterausgang, weil sie vermutete, dass Jasmine so tief wie möglich in der Höhle festgehalten wurde. Einmal bewegte sich der Jaguar in dem Baum, gähnte mit weit aufgerissenem Maul und ließ seine scharfen Zähne sehen. Solange hockte sich zwischen den Büschen auf den Boden und wartete dort völlig reglos ab. Juliette nahm ein Messer in die Hand. Der Jaguar streckte sich, blickte sich um und nahm mit seiner Nase, Zunge und den hochempfindlichen Schnurrhaaren Witterung auf. Da der Wind den Geruch der Frauen jedoch von ihr wegtrug, legte die große Katze den Kopf wieder auf die Beine und schloss die Augen.
Juliette ließ den angehaltenen Atem langsam entweichen. Solange wartete noch ein paar Minuten ab, bevor sie weiterkroch. Juliette strengte ihre Augen an, um zu sehen, wie ihre Cousine vorankam. Das Farnkraut schwankte leicht, aber es hätte auch der Wind sein können, der es bewegte. Juliette konnte nicht verstehen, wieso Riordan und Zacarias die Macht hatten, den Wind zu lenken und Solanges Vorankommen zu verfolgen. Fast konnte Juliette spüren, wie Riordan sich durch sie hindurchbewegte und versuchte, sich durch ihre Augen ein Bild des Kampffeldes zu machen. Er wartete. Angespannt wie eine angriffslustige Schlange wartete er auf den Moment, in dem er zum Himmel aufschießen und zu ihr eilen konnte. Riordans Besorgnis war beruhigend, und Juliette dankte sie ihm mit einer anerkennenden Bemerkung.
Die erste Warnung war das boshafte Grinsen, mit dem sich der menschliche Wachposten am Hintereingang plötzlich zu der Höhle umdrehte. Er ging ein paar Schritte darauf zu und spähte in das Dickicht, während er sich geistesabwesend mit einer Hand zwischen den Beinen kratzte. Juliette sah Solange hinter ihm erscheinen. Ein Schrei, in dem sich Zorn, Furcht und Schmerz vermischten, ertönte aus dem Inneren der Höhle, aber er wurde sogleich wieder erstickt. Ich habe keine andere Wahl, als einzugreifen, Riordan. Es war Juliettes einzige Rechtfertigung für das, was jetzt geschehen mochte – was auch immer das sein würde. Über die Uferböschung rannte sie zum Eingang der Höhle und erhielt einen kurzen Blick auf Solange, den Wächter, der kraftlos in sich zusammensank, und das blutbefleckte Messer in Solanges Hand.
Riordan blieb ruhig. Er protestierte nicht, sondern wartete ab und verfolgte die Ereignisse durch Juliettes Augen. Sie konnte auch die Gegenwart seines älteren Bruders spüren. Die Karpatianer lauerten in ihr und warteten auf ihren Moment.
Bleib an der Seite und halte die Klinge mit der scharfen Seite nach oben! , wies Riordan sie an, als sie sich dem Höhleneingang näherte. Juliette widersprach nicht; aufgrund ihrer telepathischen Verbindung kannte sie seinen Plan bereits. Sie rief Jasmines Namen, um sie wissen zu lassen, dass sie nicht allein war, und um die Männer aus der Höhle herauszulocken. Sie musste sich darauf verlassen, dass Solange ihr Rückendeckung gab und den Jaguar von ihr fernhielt. Ihr Arm fuhr hoch, schneller, als sie sich normalerweise zu bewegen wusste, und mit einer instinktiven, gut abgestimmten Bewegung streckte sie den ersten Mann, der aus der Höhle stürzte, nieder. Blut tränkte den Boden, aber Juliette konnte nicht hinsehen, wagte nicht hinzusehen, als sie das Brüllen des Jaguars hörte, der aus dem Baum auf Solange heruntersprang.
Juliette fuhr herum, um ihrer Cousine beizustehen, und rannte mit einer Schnelligkeit, die wieder nicht die ihre war, zu ihr hinüber. Solange verwandelte sich noch im Laufen, bevor sie und die schwerere männliche Katze aufeinandertrafen und sie sich fauchend, kratzend und beißend ineinander verkrallten. Juliette verhielt abrupt den Schritt, als Fell- und Hautfetzen durch die Gegend flogen und die beiden Katzen in tödlicher Umarmung über den Boden rollten. Sie hatte keine Möglichkeit, Solange beizustehen oder zu versuchen, den Jaguar mit ihrem Messer zu erlegen, weil die rasende Wut der Tiere es ihr unmöglich machte, an sie heranzukommen.
Juliette! , schrie Riordan, und sie konnte spüren, wie er durch Erde und Laub aufstieg, um sich in die Lüfte aufzuschwingen. Bei seiner Warnung wirbelte sie herum, hielt das Messer tief und dicht an ihrem Körper und stellte sich dem Jaguar, der aus der Höhle stürmte, in den Weg. Das schwere Tier stieß so hart gegen ihre Brust, dass sie zurücktaumelte, und sein übel riechender Atem schlug ihr ins Gesicht,
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