Heißes Eisen
gebaut worden ist. Dafür übernehme ich gern die Verantwortung, muß aber jede Schuld von mir weisen.«
»Wie bitte?«
»Die verfluchte Kiste ist verhext«, knurrte ein Sohn.
Der Alte warf ihm einen tadelnden Blick zu. »Madame Tallia Lethe, Frau und Mutter des Eismeisters Fürchtezorn, hatte sie in Auftrag gegeben. Drei Monate nach der Lieferung gab es einen schrecklichen Unfall. Sie stürzte und ein Rad rollte über ihren Kopf.«
Junge, Junge. »Ich wußte, daß einige große Zauberer in der Sache ihre Finger drin hatten.« Die Zauberer von Karenta gehören im großen und ganzen der Schule der Elemente an: Erde, Wind, Feuer und Wasser. Windmeister und Sturmwächter der Windschule sind verbreitet, ebenso wie Feuerlords. Es mag in Karenta Erdschüler geben, nicht aber in TunFaire. Und Wasserschüler sind beinah ebenso selten. »Ich wußte gar nicht, daß wir hier Eismeister haben.«
»Haben wir auch nicht«, erklärte der Alte. »Die Frau lebte nur hier. Die Eismeister sind sowieso tot. Sie fielen alle im Knochenbusen.«
Ah. Das war die Seeschlacht des Krieges. Damals wurde den Karentinern gehörig der Arsch versohlt. Unglücklicherweise – für die Venageti – hatte dieser Triumph zur See keine besonderen strategischen Konsequenzen gehabt. »Verstehe.« Von wegen. Ich verstand überhaupt nichts.
»Madame hatte keine Erben. Der Besitz fiel an die Krone. Die Beamten der Krone versteigerten alles. Die Kutsche wurde von Lord Höllenhauch erstanden.«
Allein der Name konnte Alpträume heraufbeschwören.
Der einzige Höllenhauch, den ich erinnerte, war keinen Deut besser als Madame Lethe. »Ist ihm nicht auch ein Unglück zugestoßen?«
»Kann man so sagen. Er wurde ermordet. Der Attentäter konnte entkommen.«
»Er war in der Kutsche, als es passierte«, warf einer seiner Söhne ein.
»Er bekam einen Armbrustbolzen direkt zwischen die Augen«, meinte ein anderer und demonstrierte mit dramatischen Gesten und Geräuschuntermalung, wie es passiert war.
»Wer hat die Kutsche dann bekommen?«
»Die Herzogin von Suhnerkhan. Lady Hemilton.«
Die kannte ich. »Sieht aus, als brächte die Kutsche Unglück.« Die Großtante des Königs, Lady Hemilton, hatte eines Tages beschlossen, den Landsitz der Familie in Okcok aufzusuchen. Sie hatte auf eine Eskorte verzichtet, obwohl Vollmond herrschte. Werwölfe hatten ihr ein paar tödliche Knutschflecken gemacht.
Linden Holzhauer knurrte, gab aber nichts zu.
»Das war vor anderthalb Jahren. Vermutlich hat die Kutsche seitdem noch einige Male den Besitzer gewechselt?«
»Nein. Kronprinz Rupert hat sie in die Stadt geholt und sie im Kutschhaus hinter Lady Hemiltons Stadthaus verstaut. Soweit ich weiß, hat sie es seitdem nicht verlassen.« Der alte Mann zog Pfeife und Tabak heraus und stopfte sie. Er zündete sie an, schloß die Augen, paffte und dachte nach. Sein Clan harrte schweigend der Dinge, die da kommen sollten. Ich folgte ihrem Beispiel. Lou Latsch bestellte noch eine Runde Bier. Auf meine Kosten, natürlich.
Als das Bier gebracht wurde, wachte Holzhauer wieder auf. Er beugte sich vor, leerte mit einem Zug seinen Humpen fast zur Hälfte, wischte sich den Schaum vom Mund, rülpste und sagte: »Ich habe nichts mit diesem Zaubermist zu tun, Garrett.« Das Mr. war unter den Tisch gefallen. Wir waren Kumpel. Schließlich hatte ich ihm ein Bier ausgegeben. »Aber wenn ich Sie wäre, würde ich mich vorsehen. Sieht aus, als würde jeder vom Kutschbock fallen, der in die Nähe dieser Kutsche kommt.« Er runzelte die Stirn. Es gefiel ihm überhaupt nicht. Wenn sich das nun herumsprach? Was, wenn die Leute glaubten, es wäre die Schuld des Kutschbauers?
»Ich habe keine Ahnung von Flüchen und Zaubern«, erklärte ich. »Aber sollte diese Kutsche tatsächlich verhext sein, können Sie sich dann erklären, wie das kommt?«
»Ich habe nicht den leisesten Schimmer.« Er leerte seinen Humpen. »Solche tragischen Dinge passieren eben. Manchmal ergibt das Leben einfach keinen Sinn.«
Lou Latsch mischte sich ein. »Danke, Mr. Holzhauer. Es war sehr nett von Ihnen, daß Sie mit uns geredet haben.« Er stieß mich mit dem Knie an und stand auf. Ich wunderte mich zwar über seine Eile, aber da ich versprochen hatte, mich an ihn zu halten, rasselte ich meine Dankesbezeugungen herunter, verabschiedete mich und folgte Lou Latsch in den Regen hinaus.
»Was soll das? Warum bist du plötzlich abgehauen?«
»Holzhauer bekam glasige Augen. In etwa einer halben Minute hätte er von
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