Heißes Eisen
Kopf, bevor der arme Kerl die Augen aufbekam. Daumenschrauber hatte auf dem unebenen Boden anscheinend keine Probleme. Er wirkte sogar fast graziös.
Nagler hatte weniger Glück bei dem Versuch, Kormoran wieder schlafen zu legen. Kormoran entkam seinen Schlägen durch geschickte Ausweichmanöver. Seine Augen begannen grün zu glühen. Vielleicht hatte er es noch nicht ganz im Griff.
Meine Güte, sah er schrecklich aus! Als wäre er fünfzehn Jahre gealtert, seit er uns geholfen hatte, den Ganoven dingfest zu machen, den Franz Flüstertüte uns verpfiffen hatte. Reißer sah auch übel aus, aber längst nicht so schlimm wie Kormoran.
»Rettungsmannschaft? Tatsächlich? Sie wirken auf mich eher wie eine Clownsnummer im Zirkus.«
Nagler und zwei Wachleute jagten Kormoran, der sich überhaupt nicht an die Regeln hielt. Derweil stopften Daumenschrauber und der andere Mann Reißer in einen großen Sack.
Block tauchte am anderen Kellereingang auf und achtete darauf, außerhalb der Gefahrenzone zu bleiben. »He, Hauptmann!« rief ich. »Die hier braucht keine Hilfe. Sie hat schon alles im Griff.«
»Sie sind doch der Kerl, der mich bei Hullar angesprochen hat.« Ich durchschnitt die Schnüre um ihre Knöchel. Es waren hübsche Knöchel. Ich hatte vorher gar nicht bemerkt, wie hübsch, weil ich die ganze Zeit von den Prachtstücken weiter oben abgelenkt worden war. »Garrett?«
»So ist es. Vertrauenswürdiger Ritter und Botenjunge. Wird ausnahmslos abgewiesen und dazu mißbraucht, Leute vor Gefahr zu warnen, in der sie sich befinden.«
»Paßt auf seine Hände auf, Jungs! Ich habe von Ihnen gehört.«
Reißer wurde auf die Straße geschleppt, er hatte es hinter sich, aber Kormoran lieferte sich einen verbissenen Kampf mit den Beamten, obwohl Daumenschrauber und Nagler zu zweit gegen ihn angingen und ihm den Sack schön über Kopf und Arme gestülpt hatten. Weder Daumenschrauber noch Kormoran trugen Uniform. Da sie in Brot und Lohn standen, hätten sie sich eigentlich vernünftige Kleidung leisten können. Deswegen war ich milde überrascht, daß Kormoran ein grobes Seil als Gürtel benutzte.
»Ich habe auch einiges über mich gehört. Manchmal erkenne ich mich selbst nicht wieder. Was haben Sie gehört? Offenbar nicht, was für ein Supertyp ich bin.«
Nagler, Daumenschrauber und der Rest der Bande schafften es, Kormoran kopfüber in den Sack zu stopfen. Daumenschrauber band ihn hektisch zu.
»Eher ein Superschwein. Erinnern Sie sich an eine Rose Tate?«
Daumenschrauber trat gegen den Sack, in dem Kormoran zappelte. »Besser als eine Zelle auf Rädern«, meinte er, ohne jemanden direkt anzusprechen.
»Ach, die süße Rosie schon wieder. Ja. Ich will Ihnen mal was über Rose erzählen. Es gibt eine wahre Geschichte, die Sie nur glauben, wenn Sie Rose kennen und die Sie für ein Märchen halten, wenn nicht.« Ich hatte Zeit. Die Jungs kamen ohne mich bestens zurecht. Um sicherzugehen, daß ich meine Zuhörerin nicht verlor, stellte ich mich beim Losbinden und Losschneiden sehr ungeschickt an. Daumenschrauber und die anderen zerrten Kormoran zur Tür. Der zappelte und fluchte wie wild. Er war offenbar nicht allein in seinem Sack. Sogar im ganzen Kellerraum flatterten verwirrte grüne Schmetterlinge umher. Die brennende Kerze irritierte sie offenbar mehr als alles andere. Erneut fragte ich mich, was die Schmetterlinge mit der ganzen Geschichte zu tun hatten. Vielleicht erfüllten sie eine ähnliche Funktion wie die Ausdünstungen von Skunks.
Dann waren Kandis und ich allein. Es schien sie nicht zu stören, daß ich mich nicht beeilte, während ich ihr von Rose Tate erzählte. Dabei sah ich mich nach den Messern um, die ich in der Hemilton Villa gesehen hatte. Gleichzeitig wunderte ich mich, woher sie Rose kannte. »Wie haben Sie Rose kennengelernt?« fragte ich sie, als ich meine Geschichte beendet hatte.
»Sie wissen, was mit mir los ist, oder? Ich weiß, daß Sie sich umgehört haben. Hullar hat es mir gesagt.«
»Ich habe nur versucht, Sie davon abzuhalten, sich mit dem Kerl zu verabreden, den sie eben hier weggeschleppt haben. Er steht darauf, an reichen Mädchen herumzuschnippeln.«
»Das weiß ich schon. Vielleicht sollte ich Ihnen danken, weil Sie verhindert haben, daß er meine Leber verspeist.«
»Das wäre nett.« Endlich fand ich die Messer. Sie lagen unter dem Schweinkram, den Kormoran als Bett benutzt hatte. Ich faßte sie nur ungern an, aber vermutlich waren sie harmlos, solange Kormoran
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