Heißes Geld
Frühstück. Oder willst du dir Magengeschwüre einhandeln?«
Der Generalprobe in Düsseldorfs Rethelstraße war eine Woche später die Premiere in Nareikes Junggesellen-Apartment in Kettwig bei Essen gefolgt. Er war am Ziel seiner Wünsche und Sehnsüchte, aber nun begannen die Probleme – mit Sabine wie mit Hannelore.
»Du hast den Junior vor versammelter Mannschaft zum Trottel gemacht«, sagte Nareike und lächelte. »Dabei klebten seine Augen an deinen hübschen Beinen wie an Fliegenleim.«
»Vielen Dank für das Kompliment«, entgegnete Sabine giftig.
»Der Bursche ist ja richtiggehend in dich verliebt, schöne Maid.«
»Ein Lackaffe«, erwiderte sie, »ein Fatzke. Dummerweise ist er für mich ziemlich exakt um die Jahre zu jung, die du zu alt für mich bist«, versetzte sie schnippisch.
»Da ist was dran«, bestätigte er und ging in die Küche, um nach dem Kaffee zu sehen.
Ihre Offenheit war verletzend, aber Nareike, der Realist und Tatmensch, schätzte sie. Er war immer der Meinung gewesen, daß im Bett Sentimentalität nichts zu suchen hätte, und so betrachtete er die Geschehnisse dieser Nacht trotz seines Alkoholkaters nüchtern. Er wußte, daß er Sabine – ihrem kühlen Charme, ihrer aufreizenden Zurückhaltung, ihrem Lächeln, ihrem Körper, ihrem Geruch – mit Haut und Haar verfallen war. Ähnliche Zustände hatte er in seinem Leben gekannt und überwunden. Aber nun war das Alter hinzugekommen, der Biss der Jahre. Er mußte darauf achten, daß seine Abhängigkeit von Sabine nicht Übergewicht über seinen Verstand gewänne. Sein Zustand war schlimm und schön. Seine Lage ließ alle Möglichkeiten offen, zwischen Freiheit und Tod.
Der Verschollene, der in wenigen Wochen amtlich – wenn auch fälschlich – für tot erklärt werden würde – schüttete das aufgesetzte Kaffeewasser weg, holte eine Flasche Champagner aus dem Kühlschrank, stellte sie mit zwei Gläsern auf ein Tablett und ging damit zu Sabine zurück, die inzwischen vergeblich versucht hatte, ihre zerwühlten Haare zu ordnen. Obwohl ihr Nareike hörig schien, wurde sie die unbehagliche Empfindung nicht los, daß er ihr doch überlegen sei.
Er vermied es, an Hannelore zu denken. Sie mußte inzwischen seinen Brief, seine Geburtstagsrosen und seine Urlaubsabsage erhalten haben. Nareike wußte, daß er mit dem Feuer spielte, aber ohne Risiko keine Sabine, ohne Wagemut keine Zukunft.
Er goss die Sektschalen voll, reichte Sabine ein Glas.
»Muß das sein?« fragte sie.
»Versuch's«, antwortete er. »Es wird dir dann gleich besser gehen.«
»Auf uns«, entgegnete er spöttisch und schüttelte sich nach dem ersten Schluck.
»Wie geht es nun wirklich weiter mit uns?« fragte der Bevollmächtigte von Müller & Sohn seine Direktionsassistentin, die er verführt, aber vielleicht auch nur genötigt hatte.
»Überhaupt nicht«, versetzte sie. »Es war eine dumme Einlage – ich schlage vor, sie zu vergessen.«
»Nur dumm?« fragte er.
»Ganz hübsch«, erwiderte die Blondine und erinnerte sich, ohne darüber beglückt zu sein, wie wissend die Hände des Mannes gewesen waren, dessen Körper weit jünger zu sein schien als sein Gesicht.
Als Sabine ihm in der vergangenen Nacht nach dem Skandal in der ›Waldschänke‹ wie gelähmt in seine Wohnung gefolgt war, erregt und angetrunken, hatte sie die Wirklichkeit erst wieder erfasst, als Nareike sie auszuziehen begann. Sie hatte ihm, wie allen Männern, die es bei ihr versuchten, in das Gesicht geschlagen, hatte sich heftig gewehrt, zunächst mit offenen Augen und fest geschlossenen Beinen.
Auf einmal aber war Sabine von einem Feuer erfasst worden, das sie noch nie gespürt hatte. Es war, als löste sich ihr Körper von ihrem Verstand und liefe zum Feind über. Erst hinterher begriff sie, daß sie im letzten Stadium die Augen geschlossen und die Schenkel geöffnet hatte, während sich ihr Verstand noch immer gegen den Eroberer stemmte, erwies er sich als ein glänzender, sogar geduldiger, doch auch ungeliebter Liebhaber.
Vielleicht fehlte ihr auch nur der Vergleich, denn trotz der sexuellen Revolution pflegte sie sich bei Männern mehr zurückzuhalten als ihre Bekannten und Kolleginnen, sofern sie nicht bloß mit ihren Erlebnissen renommierten.
Nareike konnte den Blick nicht von Sabine nehmen: Ihr langes Haar flammte blond und ihr hübsches Gesicht konnte sich selbst am Morgen sehen lassen. Sie hatte die Beine angezogen und die Arme um die Knie geschlungen.
»Was ist mir dir
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