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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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»Wir treffen uns kommenden Mittwoch in München. Diesmal im Hotel ›Regina‹. Ich lasse ein Apartment auf deinen Namen reservieren. Es kann spät werden, aber ich komme bestimmt.«
    »Warum in einem anderen Hotel?« fragte Hannelore, mehr verwundert als mißtrauisch.
    »Weil unsere Zukunft ohnedies alles ändern wird, was bisher galt«, sagte er großspurig. »Von wo aus rufst du an?«
    »München – Telefonzelle.«
    »Schön«, beendete Nareike das Gespräch. »Aber tu das nie wieder!«
    Sie legte auf. Die Luft in der Kabine war stickig, und sie lehnte einen Moment den Kopf gegen die Glaswand, sah sich im Spiegel, erschrak über ihre blonde Haarfarbe, über die erstmals in ihrem Leben gefärbten Augenbrauen, die getuschten Wimpern, über das kräftigere Rouge. Sie hatte ihre Rivalinnen imitiert, aber es war nur eine schlechte Kopie zustande gekommen.
    »Du Nutte«, schalt sie sich selbst.

»Sind Sie das erste Mal in Deutschland, Mr. Feller?« fragte der Polizeibeamte bei der Zollabfertigung und verglich automatisch wie gründlich das Passfoto mit dem Gesicht des Passagiers, der pünktlich um sechs Uhr 17 nach dem Nachtflug mit der ersten 707 aus New York auf Frankfurts Rhein-Main-Flughafen angekommen war.
    »Keineswegs«, erwiderte der Anwalt. »Ich habe nach dem Krieg zweieinhalb Jahre in Deutschland gelebt.« Ein wenig zu betont setzte er hinzu: »Als Besatzungsoffizier der US-Army in Germany.« Der Besucher erwartete, daß der Uniformierte erschrecken und irgendwie strammstehen würde.
    Er täuschte sich: Der Beamte lächelte freundlich, klappte den Paß zusammen, überreichte ihn dem Gast und sagte: »Ich darf Ihnen einen angenehmen Aufenthalt wünschen.«
    Dem Junior der Kanzlei Brown, Spencer & Roskoe war erstmals schlagartig vorgeführt worden, wie sehr sich die Zeiten in den letzten 15 Jahren in Deutschland geändert hatten. Zwar war er nicht über den Atlantik geflogen, um Vergleiche zwischen einst und jetzt anzustellen, aber sie drängten sich ihm in den ersten Stunden und Tagen seines Germany-Trips auf, bis er sich an sie gewöhnt hatte: Die Bürger dieses Landes bückten sich nicht mehr nach Zigarettenkippen, sie sammelten keine Persilscheine mehr für ihre Entnazifizierung, sie hausten nicht mehr in Ruinen, sie standen nicht mehr Schlange. Ihre Gesichter waren auch nicht mehr eingefallen.
    Feller stellte es ohne Bosheit fest; er hatte nichts gegen die Deutschen, oder nicht mehr oder weniger als gegen oder für die Amerikaner, die Engländer oder die Russen. Es entsprach seiner Intelligenz, sich gegen eine Pauschalierung zu wehren. Außerdem kam bei ihm noch persönlich hinzu, daß er ebensogut Deutscher hätte sein können, wie er Amerikaner war.
    »Zum ›Frankfurter Hof‹«, sagte er dem Taxifahrer, der ihm den Koffer abnahm.
    »Angenehmen Flug gehabt, Mister?« fragte der Mann.
    Der Gast aus Übersee nickte stumm, er mußte sich erst daran gewöhnen, daß er nicht mehr in einem Jeep saß, sondern in einem Mercedes, und an den kalten Fassaden klotziger Bankpaläste vorbeifuhr, die ihre Dächer hoch, turmhoch über den Bewohnern der Stadt trugen, als beherrschten sie die Bürger, von deren Geld sie lebten. Aber der Besucher machte sich klar, daß es in New York nicht anders sei, und so fühlte er sich als Amerikaner in der Mainmetropole heimischer, obwohl sie nicht anheimelnder geworden war.
    Sie erreichten das Ziel. Der Portier übernahm das Gepäck. Henry W. Feller kannte das Hotel noch gut aus der Zeit, da es allein US-Offizieren vorbehalten war. Als Guthaben aus den wilden Jahren bis kurz vor der Währungsreform war ihm die Freundschaft mit Sigi Geliert geblieben, der ihm – unbeabsichtigt – damals das andere Deutschland vorgeführt hatte.
    Der Anwalt hatte auf den Umweg über Buenos Aires und Tel Aviv verzichten können. Erstens wollte er mit seiner Fahndung nach Linsenbusch da beginnen, wo der Mann sich am wahrscheinlichsten aufhielte, und dann hatte der CIA-General Rings seinen Agenten in den südamerikanischen Staaten und seinen Kontaktmann zum MOSSAD, dem israelischen Geheimdienst, auf den Gesuchten angesetzt; er würde Henry W. Feller auf dem laufenden halten. Der Anwalt war deshalb früher in Frankfurt angekommen, als Sigi erwarten konnte. Aber der Freund ließ sich nicht so leicht abschütteln, zumal er Kriminalist war, und so fand der Mann aus New York beim Betreten des Apartments einen riesigen Blumenstrauß mit einer Karte vor: »Mach dich frisch. Dann findest du mich in der

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