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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Hallenschwimmbad vergrößert und weitere 20 Betriebswohnungen gebaut würden. Sie ließen ihn hochleben; es fiel ihnen nicht schwer; der Alte, der immer so auftrat, als müsse er sich entschuldigen, weil er es so weit gebracht hatte, war so nach ihrem Geschmack, wie ihnen der Sohn – und Erbe – zuwider war, aber Pils und Korn und Spanferkel am Spieß machten vorübergehend sogar gegenüber dem Junior versöhnlich.
    Nareike saß abseits vom Trubel am Direktionstisch und machte gute Miene zum lauten Spiel. Für ihn war diese Belegschaftsorgie eine lästige Pflichtübung, bei der nicht mehr herauskam, als neue Duz-Brüderschaften am laufenden Band, ein paar Scheidungen und mindestens ebensoviele Zeugungen. Wenigstens hatte er die Trunkenheitsunfälle post festum abgeschafft, und wenn der junge Müller sturzbetrunken mit seinem ›Maserati‹ gegen einen Alleebaum prallte, wäre es seine Sache.
    Nareike war sicher, daß er heute Abend das letzte Sommerfest seiner Firma erlebte, so wie er es in diesem Jahr erstmals wagen würde, nicht nach Dingsbach zu fahren. Sicher gäbe es deswegen Theater mit Hannelore, aber sein Brief ließe seiner Frau gar keine Zeit mehr zur Szene – erst in der nächsten Woche wäre wieder Telefontag – ohnedies brauchte er den Bühnenkrawall nicht mehr länger zu fürchten als bis zum letzten Akt. Wenn dann der Vorhang fiele, wäre auch sein Gastspiel im Ruhrgebiet, das ihm 16 Jahre lang Asyl gewährt hatte, für immer beendet.
    Damals in der Trümmer-, Tränen- und Trauerzeit war er mit seinem braunen Koffer hierher in eine bedrängte Freiheit geflüchtet, und seine Rechnung, er sei am sichersten da, wo am meisten Menschen auf engstem Raum lebten, war aufgegangen. In der Reichsmarkzeit hatte er keine finanziellen Probleme gehabt. Nach der Währungsreform eröffnete er ein kleines Betriebsberatungs-Büro, kassierte magere Honorare, lernte aber dabei Hermann Müller kennen und konnte die Interimszeit zu einer – eigentlich unerwünschten – Karriere nutzen, im Wartestand auf seine satte Dollarmillion.
    Jetzt aber wurde ihm von zwei Frauen das Gesetz des Handelns aufgezwungen. Da er sich nichts vormachte, wußte er, daß er seinen Dollarschatz heben mußte, um Sabine zu gewinnen – daß er zuvor seine Frau beseitigen mußte, um in die goldenen Jahre aufzusteigen … Phönix aus Hannelores Asche.
    Niemand hätte in der braunen Zeit seine Devisen sicherer und wertbeständiger anlegen können, als er. In der Schweiz. Auf einer kleinen Privatbank, die sich inzwischen gewaltig vergrößert hatte. Auf Nummernkonto. Wenn es nach Nareike gegangen wäre, hätte der Erfinder dieser auf der ganzen Welt einmaligen Einrichtung den Nobelpreis für Steuerhinterziehung erhalten, obwohl hinter ihm nicht der Fiskus, sondern die Fahndung hergewesen war.
    Er hatte seinerzeit lange über die richtige Geldanlage nachgedacht und er fand sie heute noch – da ihm manche Einzelheit seines Untertauchens verbesserungsfähig schien – schlichtweg genial. Er hätte sein Dollarvermögen in einem seiner Schlupfwinkel unterbringen können; aber Nareike kannte nur zu gut die Methoden, mit denen man Häftlinge zum Reden bringt. Er wollte nicht zum Verräter seines eigenen Fluchtkapitals werden. Und wo die Lösegelder jetzt lagen, konnten die Scheine weder vermodern, noch zufällig gefunden oder ungültig werden.
    Nur in der Schweiz gab es die feine Methode, dubiose Gelder feuer-, diebes- und verfolgungssicher anzulegen. Niemand fragte danach, ob die Summe vor der Ehefrau, vor den Gläubigern, vor dem Teilhaber, vor dem Komplizen, vor der Polizei, vor der Steuerfahndung oder zum Beispiel vor dem alten Greenstone in Sicherheit gebracht würden, der seinerseits vermutlich seine Dollars auch in der Eidgenossenschaft ins Trockene gebracht hatte.
    »Träume von der Südsee«, spielte die Band. Nareike sah zu Sabine, die wie bei einem Abklatschtanz von einem Partner zum anderen flog und mit ihren hohen Absätzen alle überragte. Obwohl es im Getümmel eng und heiß war, wirkte sie gelöst und frisch. Sie trug ein bodenlanges, fast durchsichtiges Kleid mit einem großen Rückenausschnitt und ausreichendem Décolleté. Die linke Schulter war unbedeckt, und die Chiffon-Kreation wurde nur von einem zu Falten gerafften Träger an der rechten Schulter gehalten. Es sah aus wie eine Schärpe, wie man sie der Siegerin bei einem Schönheitswettbewerb umlegt. Nareike mußte sich beherrschen, um Sabine nicht dauernd anzustarren.

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