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Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Hannelore sich für eine Schwester Nareikes ausgegeben hatte und den Portier der Firma Müller & Sohn, der außerhalb der regulären Arbeitszeit das Telefon bediente, dazu brachte, ihren Anruf durchzustellen.
    »Kein Mensch hält das aus«, sagte Sabine eine Stunde später. Bevor ihr Chef sie daran hindern konnte, nahm sie den Hörer ab: »Hier bei Direktor Nareike«, meldete sie sich, horchte in die Muschel und lächelte boshaft, sie legte die Hand auf die Sprechmuschel. »Eine Dame«, wandte sie sich an Nareike, stand auf, schlang die Decke um ihren Leib, sodaß nur ihre überlangen Beine zu sehen waren. Sie ging mit aufreizenden Schritten in das Badezimmer: »Morgenstund' hat Gold im Mund!« alberte sie und schloß die Tür.
    Nareike hörte ein Knacken in der Leitung, ein Summen, Rauschen:
    »Ich«, meldete sich Hannelore.
    In der Sekunde, da er ihre Stimme erkannte, entschloß sich Nareike, ihren Todestag vorzuverlegen. Längst hatte er geplant, seine Frau umgehend und umsichtig zu ermorden. Er war jetzt ganz sicher, daß er es tun würde, und auch, daß er es könnte. Abgesehen vom ersten Moment war er nicht aus der Fassung geraten, obwohl er nebenan Sabine in der Badewanne plätschern hörte.
    »Du also?« sagte er, mehr ungehalten als zornig.
    »Störe ich?« fragte Hannelore hämisch.
    »Ich arbeite«, erwiderte er und erinnerte sich des fatalen Umstands, daß Sabine zuerst an den Apparat gekommen war. Er kannte Hannelores Fähigkeit, seine Seitensprünge zu wittern, und er wußte, daß seine betrogene Frau zu einer Amokläuferin werden konnte. Aber es war müßig, sich darüber noch zu sorgen, denn dieses Problem würde Nareike umgehend in den Griff bekommen.
    »Was willst du eigentlich?« fragte er rau.
    »Ich möchte mich für die Blumen bedanken«, sagte Hannelore. »50 Baccara-Rosen, du bist verrückt. Zehn hätten es auch getan.«
    »Und deswegen rufst du hier an?«
    »Unter anderem«, erwiderte Hannelore mit seltsam schlüssiger Stimme. »Ich möchte dich warnen.«
    »Telefonisch?«
    »Zunächst«, antwortete Hannelore, verwundert über ihre Festigkeit.
    »Warum willst du mich warnen?«
    »Weil ich dich kenne«, entgegnete sie hart.
    »Durchgedreht?« fragte er.
    »Keineswegs.«
    »Habe ich dich nicht gebeten, dich an unsere Abmachung zu halten und die Telefongespräche wie bisher abzuwickeln?«
    »Hältst du dich denn an deine Abmachungen?« fuhr ihn Hannelore an. »Hast nicht du damit angefangen, sie zu brechen?«
    »Das ist doch barer Unsinn«, entgegnete er. »Ich verbiete dir, in diesem Ton …«
    »Du kannst mir nichts verbieten«, antwortete sie und erschrak über den schroffen Klang ihrer Stimme. »Verbieten könnte mir allenfalls mein Mann etwas«, setzte sie mit frostiger Tücke hinzu. »Mein Mann hieß Horst – und nicht Werner.« Sie dichtete die Drohung mit Spott ab: »Ich hoffe, ich brauche nicht deutlicher zu werden …«
    »Mitnichten«, erwiderte der Verschollene trocken: »Ich bin nicht auf den Kopf gefallen, nur hätte ich nicht geglaubt, daß ausgerechnet du mir in den Rücken …«
    »Ich falle dir nicht in den Rücken«, versicherte Hannelore und schwieg: »Außer du zwingst mich dazu, es zu tun.«
    Sie war eine ordentliche Frau, und selbst zu Zeiten brav und bieder geblieben, als sie von vielen, die vorankommen wollten, hofiert worden war. Nie hätte sie geglaubt, imstande zu sein, eine Erpressung zu begehen, aber die lange Einsamkeit hatte ihre Eifersucht ins Unermessliche gesteigert. Sie klammerte sich an Horst, unvernünftig und verbissen, und so hörte er jetzt aus ihrem Schweigen heraus, daß er alles verlöre, falls er versuchte, die Dingsbacher Wochen zu verschieben.
    »Hör mir zu«, lenkte er ein. »Wir können über alles sprechen. Aber nicht am Telefon. Ich möchte mich wieder auf dich verlassen können.«
    »Das hängt von dir ab«, entgegnete Hannelore. »Sag mir, daß es beim alten Urlaubstermin bleibt …«
    »Das wirft doch meine ganzen Dispositionen über den Haufen«, entgegnete Nareike. »Und du weißt, ich habe großartige Pläne für uns beide.« Er mimte Nachgiebigkeit: »Aber ich sehe ein, daß ich dich in diesem Zustand nicht allein lassen kann.« Er machte eine Pause, als dächte er über Terminverschiebungen nach, entschlossen, Hannelore in München zu treffen, nicht länger allerdings, als ein Tatmensch braucht, um seine Mitwisserin zu beseitigen.
    »Freut mich für dich«, erwiderte sie trocken.
    »Dann wäre ja alles in Ordnung«, sagte er.

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