Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heißes Geld

Heißes Geld

Titel: Heißes Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
sich. »Ich ruf dich jeden zweiten Tag an, Hermann, es kann nichts passieren«, beruhigte er ihn.
    Die Kapelle sagte Damenwahl an, aber Nareike wußte, daß er unbelästigt bliebe; es war jedem im Betrieb bekannt, daß er die Tanzfläche scheute: »Er fährt ja auch zur ›Weiberfasnacht‹ immer weg, damit ihm ja keiner an den Lack fasst«, bemerkte die Pralline, der Mittelpunkt ihrer Tischrunde. Der angebliche oder tatsächliche Wanderpokal bei Müller & Sohn trug heute ein braves Kleid. Manche Kollegen hatten Ehefrauen und Töchter mitgebracht, und so war sie auf der Hut, zumal sie wußte, daß man aus einer züchtigen Hülle genauso schnell herauskommen kann wie aus einer freizügigen. »Einmal bin ich diesem Nareike in der Altstadt in Düsseldorf begegnet«, klatschte die Pralline weiter. »Er hat mich nicht gesehen, und ich bin ihm, ja ja, ich bin ihm nachgegangen, weil ich dachte, er suche was ganz Bestimmtes. Plötzlich war er auch weg, wie vom Erdboden verschwunden.« Sie machte eine Kunstpause: »Und wisst ihr wo?«
    Sie wußten es nicht, und selbst wenn die Zängerin es enthüllte, würden sie es nicht mehr so ganz erfassen. »Ausgerechnet in einem Institut für spanische Sprache!«
    »Wieso?« fragte einer. »Hat er etwas mit der Lehrerin?«
    »Ich glaube eher mit der Grammatik«, schloß die Zängerin, und sie lachten alle.
    Der ganze Tisch verfolgte, wie der Junior die widerstrebende Sabine ziemlich gewaltsam an die Sektbar in der Nische zog. »Kommt, Freunde«, forderte die Pralline ihre Kandidaten auf. »Da gibt's gleich Krach.« Die Tischrunde erhob sich und folgte auf nicht mehr ganz sicheren Beinen dem Junior und der Direktionsassistentin.
    Der junge Müller war wenig erfreut über die zusätzliche Gesellschaft auf den Barschemeln, aber er vergaß ihn gleich wieder und fummelte an der blonden Königin des Abends herum. Mehr als zwecklos, aber das sah er nicht ein.
    »Auch du mußt mal lernen, wo Gott wohnt«, fuhr er Sabine an.
    »Ich möchte jetzt an meinen Tisch zurück, Herr Müller«, erwiderte sie und stand auf.
    Der Junior erhob sich mühselig; es sah aus, als müßte er sich festhalten. Dann faßte er der Direktionsassistentin ins Décolleté, zerrte den Stoff, zog ihn nach unten, versuchte dabei, das Mädchen in die Arme zu reißen.
    Sabine kam frei, nahm ein Glas Sekt und schüttete es ihm zwischen die Augen.
    Die Umstehenden lachten schallend und klatschten.
    »Du bist entlassen, du Schlampe!« brüllte der Junior: »Fristlos entlassen!« Er konnte sich gegen das Gelächter nicht durchsetzen.
    Plötzlich stand Nareike neben Sabine, ein Gentleman, der ihr den Arm bot und sie wegführte, bevor die Peinlichkeit noch mehr ausufern konnte.
    Durch die geschlossenen Jalousien fiel die Morgensonne und malte Zebrastreifen in das komfortable, aber kalt möblierte Penthouse-Apartment Nareikes. Er stapfte barfüßig durch die Wohnung, rauchte auf nüchternen Magen, hörte Nachrichten in Zimmerlautstärke, blieb dann stehen und beugte sich über Sabine.
    Sie lag im breiten, französischen Bett. Unter einer dünnen Decke, die sie bis an das Kinn gezogen hatte, zeichneten sich ihre straffen Formen ab. Die Blondine tat, was er am Morgen neben Hannelore im Ehebett zu tun pflegte, um sich eine Stunde erzwungener Zärtlichkeit zu ersparen: Sie stellte sich schlafend, hielt es aber nicht so lange durch, wie Nareike in Dingsbach am Karwendelgebirge.
    Sie öffnete die Augen, betrachtete seinen hageren Körper mit den dichten Büscheln angegrauter Haare.
    »Ausgeschlafen?« fragte ihr Gastgeber freundlich.
    »Kopfschmerzen«, erwiderte das Mädchen, griff nach einem Handtuch, warf es ihm zu. »Wickle dir das um den Leib«, sagte sie. »So schön bist du wirklich nicht!«
    »Frühstück gefällig?« fragte er.
    »Von mir aus«, entgegnete Sabine lustlos, sah, daß er abwartend stehenblieb und setzte hinzu: »Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann sind es Sekretärinnen im Schlafzimmer ihres Chefs.«
    »Immer noch besser als auf der Couch im Büro«, erwiderte er lachend.
    Sabine gähnte, warf dabei einen Blick auf ihre Beine, doch nicht wegen ihrer Beine war sie unzufrieden mit sich. »Ich möchte, daß wir, wenn ich diese Wohnung verlassen habe, uns wieder siezen und daß ich mit deiner Diskretion genauso rechnen kann, wie du mit der meinen.« Sie sah ihn fest an. »Hast du mich verstanden, Herr Direktor Nareike?«
    »Was für eine wohlgesetzte Rede am frühen Morgen – aber keine Probleme vor dem

Weitere Kostenlose Bücher