Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
Beschäftigt diesen Schrilltyp — nur weil er
billiger ist als ein ausgelernter Maler.“
Offenbar
stand sie mit ihrem Vater auf Kriegsfuß.
„Das
ruiniert die Wirtschaft“, nickte Tim. „Ist Gräbig da?“ Mit dem Kinn wies er zum
Haus.
„Weiß
nicht. Ich hatte ein Match.“
„Gewonnen?“
„Naja,
eigentlich war es mehr eine Trainerstunde.“
„Trainerstunden
sind gut“, nickte Tim. „Das bringt voran. Und eines Tages steht Wimbledon (Londoner
Villenvorort und Tennisturnier-Schauplatz ) vor der Tür.“
Fräulein
Preissler lächelte. Tim gefiel ihr. Vermutlich hielt sie ihn für 17 — was kein
grobes Verschätzen war angesichts seiner Erscheinung. Nur daß Gaby fast an ihm
lehnte, gefiel ihr offenbar nicht.
„Da kommt
er, euer Schrilltyp“, sagte sie — und äugte durch die Nickelbrille in die
Einfahrt. „Seid wohl mit ihm befreundet, wie?“
„Klar“,
meinte Tim, „ist unser bester Freund. Ein Typ wie Samt und Seide.“
„Wie
Gabardine und Tweed“, nickte Karl.
„Wie Loden
und Filz“, rief Klößchen.
Gaby hatte Musselin
und Damast auf der Zunge, enthielt sich aber, weil es ihr denn doch zu albern
war.
Gräbig kam.
Er schob ein schweres Motorrad.
Von seinem
Lehrlingsgehalt, dachte Tim, hat er das nicht gekauft.
Fünf
Augenpaare sahen dem 19jährigen Lehrling entgegen.
Er war nur
mittelgroß, aber massig wie ein Schrank und bewegte sich, als könnte er Bäume
ausreißen.
Ein rotes
Stirnband hielt seine Haare zusammen. Sein Gesicht erinnerte an
aufgeschnittenes Roastbeef.
Das
Interesse, das ihm entgegenschwappte, gelte seiner Maschine, meinte er.
Erst als er
den Feuerstuhl anwerfen wollte, bemerkte er den Irrtum.
„Hallo,
Einbrecher!“ sagte Tim. „Wie siehst du dich eigentlich: als Einbrecher, als
Dieb, als Schwarzarbeiter, als Kurzzeit-Lehrling? Ich wette, die Farbe, die du
hier verpinselst, hast du bei Streichinger geklaut. Aber darauf, du krimineller
Senkrechtstarter, kommt’s kaum noch an.“
Fräulein
Preissler keuchte erschreckt.
Offenbar
hatte sie wirklich an die Samt-und-Seide-Freundschaft geglaubt.
Gräbig
glotzte Tim an.
Sein
Roastbeef-Gesicht überzog sich mit blutigem Rot. Langsam hob er seine Maschine
auf die Raststütze.
Dann ging
er auf Tim zu.
„Was hast
du gesagt?“ fragte er heiser.
„Willst du
eine wörtliche Wiedergabe“, erkundigte sich Tim, „oder genügen dir Schwerpunkte?
Als Neuigkeit käme hinzu, daß Graf Schnuck mit dir gar nicht zufrieden ist. Er
legt großen Wert auf die Sachen, die du ihm letzte Nacht gestohlen hast: auf
die drei Porzellanfiguren und die Bibel. Kapiert?“
„Bist du
lebensmüde, du Angeber?“ brüllte Gräbig.
Er ließ die
Arme neben sich hängen wie ein Waldgorilla.
„Spiel
nicht den wilden Mann. Wenn du Glück hast, Gräbig, wird man bei dir das
Jugendstrafrecht an wenden — wegen Mangel an geistiger Beweglichkeit. Und jetzt
sag rasch, wo die Beute ist! Das vermindert die Zentnerlast auf deiner
schwarzen Seele.“
Gräbig
brüllte abermals, aber ohne Worte.
Der
Wutschrei begleitete seinen Sprung, den man einem Nilpferd verziehen hätte.
Für einen
Zweibeiner war er lächerlich.
Mit seinem
Halbschwer-Gewicht wollte er sich auf Tim werfen, ihn zu Boden reißen,
ausschalten.
Tim hatte
Zeit genug, sein Rennrad an Gabys Drahtesel zu lehnen. Dann wich er aus.
Gräbigs
vorgereckte Schulter stieß ins Leere.
Bevor er
wußte, ob der Gegner rechts oder links war, fühlte er sich gepackt, ausgehoben,
weggehebelt, durch die schwüle Luft gewirbelt.
Er krachte
aufs Kreuz. Unter ihm war keine Matte, sondern sommerheißer Straßenbelag.
Gräbig
glaubte, von seinen Knochen bliebe nur Knochenmehl übrig.
Trotzdem
gab er nicht auf. Ächzend wälzte er sich herum. Blitzartig schlossen sich seine
Hände um Tims linken Fuß.
Das kam
überraschend.
Tim hatte
sich schon die Hände abgestreift und die So-das-war’s-Miene aufgesetzt.
Jetzt wurde
an seinem Standbein geruckt, als sollte er halbiert werden.
Er gab
nach, ließ sich nach vorn fallen und landete beide Knie auf Gräbig: eins auf
dessen Schulter, das andere auf dem Ohr.
Gräbigs
Blick wurde glasig. Er sank zurück. Sein Bewußtsein balancierte am Rande einer
Ohnmacht.
O je!
dachte Tim erschrocken. Hoffentlich wird das keine Gehirnerschütterung. Mir
klingelt die Kniescheibe. Wie wird’s da erst in seiner Rübe tönen?
Dann nutzte
er die Gunst des Moments, denn Gräbigs Groggy-Zustand ließ keinen Widerstand
zu. Und keinen klaren
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