Heisses Gold im Silbersee - Duell im Morgengrauen - Schüsse aus der Rosenhecke
schlechter
Mensch.“
„Was?“
„Er weiß
aus der Zeitung, was er damals angerichtet hat. Aber er fand nicht den Mut —
sagt er — , sich zu stellen. Er habe gelitten — sagt er — und immer überlegt,
wie er das gutmachen könnte.“
Herms
Kiefer sackte langsam herab.
„Siggi, es
ist einfach phantastisch. Die Wege des Schicksals - unergründlich! Das Glück
war jetzt mit Barthel. Er hat 300 000 Mark im Lotto gewonnen.“
Herrn
leckte sich über die Lippen. Sie waren hart, trocken und heiß wie
Eisenbahnschienen in der Mittagssonne.
„Siggi,
Barthel hat sofort unsere Adresse ausfindig gemacht. Und jeden Moment, Siggi,
wird er hier sein. Die Hälfte seines Gewinns bringt er uns. 150 000 Mark. In
bar. Damit wir den ganzen Haufen Geld vor uns sehen. Verstehst du? Er gibt es
uns, dir als Schmerzensgeld. Es füllt, sagte er am Telefon, einen ganzen
Dokumentenkoffer. Barthel wohnt außerhalb. Aber er wäre, sagt er, mit dem...
Siggi, was ist?“
Herrn
ächzte.
Vor seinem
geistigen Auge sah er, wie der Dokumentenkoffer die Stahlstrebe traf, sich
öffnete, seinen Inhalt in den Fluß ergoß: Papiere, viele Papiere flogen und
schwebten im Wind. Ein lustiger Wirbel. Ein Banknoten-Wirbel. Ein Geldschein-Konfetti.
150 000 Mark wert. Und jetzt für immer verloren. Vernichtet!
Sein Kopf
war plötzlich wie mit Ratten gefüllt.
Das Geld,
dachte er, hätte mich... hätte mich gerettet. Alles zurück in die Firmenkasse,
und... 38 000 wären noch übrig.
„Siggi!“
Ihre Miene wurde ängstlich. „Was ist mit dir los?“
Mit einem Aufschrei,
der nicht nach seiner Stimme klang, warf er sich gegen die Wand.
Seine Stirn
schlug gegen das Neubaugestein. Wieder und wieder.
Die Ratten
im Kopf begannen zu toben.
Und
abermals stieß er den Kopf gegen die Wand. Er spürte, wie die Haut aufplatzte
und ihm Blut übers Gesicht lief.
Da war er
wieder — der Haß.
Aber jetzt
richtete er sich gegen ihn selbst.
„Siggi!“
schrie sie. „Hör auf! Freust du dich so sehr? Ich freue mich ja auch. Genau so
riesig. Bitte, mach die Wand nicht kaputt. Und denk dran, das Glas könnte
split...“
„Nein!“
brüllte er. „Das ist keine Freude. Das ist Haß, Haß,
Haß...“
9. Schwarzarbeit
Die
Achenfeldstraße gehörte zu einem besseren Wohnviertel. Leider war sie sehr
lang; und die meisten Villen — sogar die Gärten — ähnelten sich.
„Preissler
— oder so ähnlich“, meinte Tim, „hat Hertha Gräbig gesagt. Jetzt brauchten wir
ein Telefonbuch — oder jemanden, der sich hier auskennt. Wenn wir uns von
Türschild zu Türschild Vorarbeiten, wird es Nacht, bis wir fertig sind.“
„Das hält
mein Magen nicht aus“, sagte Klößchen. „Aufs Abendessen werde ich nicht
verzichten — unter keinen Umständen.“
Sie hielten
vor der Einfahrt zu einem großen Grundstück.
Tim spähte
die Straße entlang und überlegte.
Gaby zupfte
an ihrem lichtblauen T-Shirt. Sie war etwas erhitzt, denn der Nachmittag schien
mit drückender Schwüle zu enden.
Klößchen
blickte seine Freunde vorwurfsvoll an. Sie hatten nicht zur Kenntnis genommen,
daß er schier am Verhungern war.
„Da kommt
ein weibliches Wesen“, sagte Karl. „Sieht aus, als wüßte sie Bescheid — hier.“
Das Mädchen
mochte 17 oder 18 sein und nahte auf einem Drahtesel, der zur oberen
Preisklasse gehörte.
Das Mädchen
trug Tenniskleidung, zu einem Drittel weiß, zu zwei Dritteln bunt. Sie trug
auch Knöchelwärmer - vermutlich, weil die Beine entsetzlich dünn waren. Wie
alle anderen Gliedmaßen. Sie hatte ein langes Gesicht, eine unkleidsame
Zottelfrisur und die gleiche Brille wie Karl.
Dicht
hinter der TKKG-Bande saß sie ab, was beinahe ein Absturz geworden wäre.
Die
Tennistasche mit zwei Schlägern rutschte vom Gepäckträger.
Karl, der
am nächsten war, hob die Tasche auf.
„Danke“,
sagte die Dünne und streifte Gaby mit kritischem Blick.
„Wir suchen
hier was“, sagte Tim. „Kannst du uns sagen, wo ein Direktor Preissler wohnt —
oder jemand, der gleichklingend heißt?“
„Preissler
ist richtig. Ist mein Alter. Wollt ihr zu ihm?“
„Ach“,
meinte Tim überrascht, „dann stehen wir vor der richtigen Adresse. Nein, zu eurem
Familienvorstand wollen wir nicht. Wir suchen einen gewissen Theo Gräbig, der
hier angeblich arbeitet.“
„Macht
Schwarzarbeit“, sagte Fräulein Preissler verächtlich. „Er streicht die
Gartenmöbel, streicht das Gartenhaus, streicht den Keller, streicht den
Swimmingpool. Mein Vater spinnt.
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