Heißes Versprechen
St.James jedoch vertreiben wir uns auf andere und nicht ganz so aufreibende Art und Weise die Zeit.«
»Spielen Sie Ihre Vanza-Spielchen nicht mit mir, Sir. Mir ist es gleichgültig, ob Sie darin ein Meister sind. Als Inhaber der Vergnügungspavillons unterliegt es Ihrer Verantwortung, die Sicherheit derer zu gewährleisten, die sich auf Ihrem Gelände vergnügen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie unverzüglich Maßnahmen ergreifen, um Nellie zu finden.«
Sie wusste, dass er ein Vanza war. Das war noch bestürzender als die Tatsache, dass sie ihn als Eigentümer der Vergnügungspavillons kannte.
Die eisige Kälte in seinem Magen begann sich auszubreiten. Urplötzlich hatte er die verrückte Vorstellung, dass sich sein so sorgfältig ausgearbeiteter Plan in Luft auflösen könne. Diese außergewöhnliche Frau hatte, auf welche Art auch immer, eine gefährliche Fülle von Wissen über ihn erlangt.
Um seine Wut und seine Fassungslosigkeit zu verbergen, lächelte er. »Die Neugier treibt mich zu fragen, wie Sie zu der seltsamen Schlussfolgerung gelangt sind, ich könne in irgendeiner Weise etwas mit den Vergnügungspavillons oder der Vanza-Gemeinschaft zu tun haben.«
»Das ist hier ohne Belang, Sir.«
»Da irren Sie sich, Frau Deveridge«, erwiderte er kaum hörbar. »Es ist von Belang.«
Etwas in seiner Stimme hatte sie offenbar berührt. Zum ersten Mal, seit er die Kutsche betreten hatte, schien sie zu zögern. Damit hatte sie sich auch weiß Gott lange genug Zeit gelassen, dachte er verbittert.
Als sie ihm jedoch endlich antwortete, war sie erstaunlich kühl. »Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass sie nicht nur der Vanza-Gemeinschaft angehören, sondern auch ein Meister dieser Kunst sind, Sir. Als ich so viel über Sie herausgefunden hatte, wusste ich, dass ich auch unter die Oberfläche würde schauen müssen. Diejenigen, die in dieser Philosophie unterrichtet wurden, entsprechen nur selten dem, was sie zu sein vorgeben. Sie lieben die Illusion und tendieren ein wenig zur Exzentrizität und Absonderlichkeit.«
Das alles war um vieles schlimmer, als er es befürchtet hatte. »Ich verstehe. Darf ich fragen, wer Sie über mich unterrichtet hat?«
»Niemand, Sir. Jedenfalls nicht auf die Weise, die Sie hier ansprechen. Ich bin auf Grund eigener Anstrengungen auf die Wahrheit gestoßen.«
Nicht sehr wahrscheinlich, dachte er. »Bitte führen Sie das doch etwas weiter aus, gnädige Frau.«
»Ich habe jetzt wirklich nicht die Zeit, dieses Thema zu vertiefen, Sir. Nellie ist ernsthaft in Gefahr. Ich bestehe darauf, dass Sie mir bei der Suche nach ihr behilflich sind.«
»Warum sollte ich mir die Mühe machen, Ihnen bei der Suche nach Ihrer durchgebrannten Magd zur Seite zu stehen, Frau Deveridge? Sicherlich können Sie ohne großes Aufheben Ersatz finden.«
»Nellie ist nicht durchgebrannt. Wie ich Ihnen bereits dargelegt habe, ist sie von Schurken entführt worden. Ihre Freundin Alice hat alles mit angesehen.«
»Alice?«
»Die beiden hatten sich heute Abend die neuesten Attraktionen in einem der Pavillons angeschaut. Als sie die Gärten durch das westliche Tor verließen, schnappten sich zwei Männer Nellie. Noch bevor jemand den Vorfall überhaupt bemerken konnte, hatten sie sie in eine Kutsche gezerrt und sind auf und davon.«
»Ich halte es für wesentlich wahrscheinlicher, dass Ihre Nellie mit einem jungen Mann durchgebrannt ist«, beharrte Artemas. »Im Nachhinein hat sich ihre Freundin diese Entführungsgeschichte ausgedacht. Auf diese Weise würden Sie sie wieder bei sich aufnehmen, falls Nellie ihre Meinung ändern sollte.«
»Unsinn. Nellie wurde von der Straße weg entführt.« Zu spät erinnerte er sich, dass man die Verruchte Witwe auch als verrückt betrachtete. »Warum sollte jemand Ihre Magd entführen?«, stellte er die Frage, die er unter den Umständen für durchaus gerechtfertigt hielt.
»Ich fürchte, sie ist von jenen widerlichen Männern entführt worden, die Bordelle mit unschuldigen jungen Frauen versorgen.« Madeline hob ihr schwarzes Schirmchen auf. »Genug der Erläuterungen. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Artemas fragte sich, ob sie ihn mit der Schirmspitze zur Tat antreiben wollte. Erleichtert stellte er fest, dass sie ihn am Griff hielt und mit der Spitze gegen das Dach der Kutsche stieß. Auf dieses Signal hatte der Kutscher offenbar gewartet, denn das Gefährt setzte sich unverzüglich in Bewegung.
»Was zum Teufel erlauben Sie sich?«, erkundigte sich Artemas.
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