Heißes Versprechen
»Und in der Zwischenzeit müssen wir uns mit der Situation befassen, die nunmehr zwischen uns beiden besteht, gnädige Frau.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Sie wissen sehr wohl, was ich damit sagen möchte.« Er musterte erst das rote Sofa, dann sie. »Offenkundig ist es zu spät, mich dafür zu entschuldigen, was in diesem Zimmer heute Nacht vorgefallen ...«
»Es besteht keinerlei Anlass zu einer Entschuldigung«, unterbrach sie ihn hastig. »Oder falls doch, so sollte ich sie aussprechen.«
Er hob eine Augenbraue. »Dem werde ich mich nicht widersetzen.«
Sie errötete. »Eigentlich, Sir, hat sich in gewisser Weise überhaupt nichts verändert.«
»Überhaupt nichts?«
»Ich will damit sagen, dass ich weiterhin eine Witwe mit einem gewissen Ruf bin. Ich lebe unter Ihrem Dach. Wenn sich das herumspricht, so werden die Leute natürlich das Schlimmste annehmen und denken, wir unterhielten eine Affäre.«
»Mit dieser Annahme lägen sie inzwischen richtig.«
Sie umklammerte den Kragen ihres Morgenmantels und hob das Kinn. »Richtig oder nicht, wie ich schon sagte, hat sich an unserer Situation nichts verändert. Wir befinden uns in derselben Position wie ... äh ... bevor diese Ereignisse auf dem Sofa stattgefunden haben.«
»Nicht ganz.« Er kam auf sie zu. »Doch heute wollen wir dieses Thema nicht weiter vertiefen. Wir hatten wohl beide genügend Aufregung heute Abend.«
»Aber Artemas ...«
»Wir werden ein anderes Mal darüber sprechen.« Er nahm ihren Arm. »Wenn wir beide ausgeschlafen und etwas darüber nachgedacht haben. Kommen Sie, Madeline. Es ist an der Zeit, dass Sie ins Bett gehen.«
Sie versuchte sich zu widersetzen. »Sicher sollten wir noch Pläne schmieden. Da ist noch diese Sache, das Haus von Herrn Pitney zu durchsuchen ...«
»Später, Madeline.«
Sein Griff um ihren Ellenbogen wurde fester, und er führte sie zur Tür. Als sie an dem kleinen Tisch neben dem Ohrensessel vorbeikamen, wurde ihre Aufmerksamkeit auf etwas Glänzendes gelenkt. Sie schaute hinunter und sah den Gegenstand, mit dem Artemas vorhin gespielt hatte.
Noch bevor sie ihn darüber befragen konnte, waren sie an der Tür.
»Gute Nacht, Madeline.« Sein Blick wurde etwas weicher, als er sie durch die Tür drängte. »Versuchen Sie etwas Schlaf zu finden. Ich befürchte, dass Sie bereits seit langem nicht mehr durchgeschlafen haben. Das wirkt sich auf die Nerven aus, wissen Sie. Fragen Sie nur Ihre Tante.«
Er küsste sie überraschend zärtlich und schloss anschließend die Tür vor ihrer Nase. Lange Zeit starrte sie die verschlossene Tür an, ehe sie sich abwandte und die Treppen zu ihrem Zimmer hinaufstieg.
Als sie unter die Bettdecken kroch, dachte sie erneut an den Gegenstand auf dem Tischchen. Sie war sich fast sicher, dass es sich um eine Taschenuhr gehandelt hatte, an deren einem Ende ein goldenes Siegel baumelte.
11. Kapitel
Ein Fremder hatte das Haus betreten. Seine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bewahrheitet. Sie hatten jemanden geschickt, um ihn zum Aufhören zu zwingen.
Seit Jahren wusste er, dass er von Fremden beobachtet und von ihnen ausspioniert wurde. Er hatte es schon lange aufgegeben, seinen Freunden zu erklären, weshalb er niemandem mehr vertrauen konnte. Sie hatten ihn für verrückt erklärt, doch er kannte die Wahrheit: Die Fremden verfolgten ihn, weil er kurz davor stand, die größten Geheimnisse des Vanza aufzudecken. Sie warteten nur darauf, dass er die wissenschaftlichen Erkenntnisse entdeckte, die von den Alten versteckt worden waren. Sowie er sie entdeckt hätte, würden sie ihn aufsuchen und ihn ihrer berauben. Die Tatsache, dass einer von ihnen heute Nacht in sein Haus eingedrungen war, bedeutete zweifelsohne, dass er unmittelbar vor einer großartigen Entdeckung stand. Er umklammerte den Band, in dem er gelesen hatte, als er des Eindringlings gewahr geworden war. Seine Hände hielten zitternd das alte Buch, während er sein Ohr gegen die Wand presste. Gott sei Dank gab es den geheimen Durchgang, in dem er jetzt stand. Er hatte ihn vor Jahren kurz nach dem Tod seiner Frau gebaut.
Damals war er noch jünger und sehr viel kräftiger gewesen. Die Arbeiten hatte er selbstverständlich ausschließlich alleine ausgeführt. Den Tischlern und Arbeitern konnte man nicht vertrauen. Sie hätten gut und gerne ebenfalls Spione der Fremden sein können.
Selbst damals schon hatte er es im Gefühl gehabt, dass er eines Tages in den alten Texten des Vanza eine großartige
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