Heißes Versprechen
niemals gestatten, sein Verhalten von Gefühlen bestimmen zu lassen. Wenn er uns nicht hilft, um an Papas Journal zu kommen oder weil er mich ruhig stellen will, dann kann das nur bedeuten, dass er einen anderen, sehr düsteren Grund dafür hatte, unseren Handel zu akzeptieren.«
»Aber welchen anderen Grund könnte es geben?«
Madeline verzog das Gesicht. »Wer kann das schon sagen? Schließlich ist er ein Vanza.«
»Meine Liebe ...«
»Tante Bernice, diese Sache möchte ich nicht weiter erörtern.«
»Verstehe.« Bernice hielt inne. »Sag, geht es dir denn gut?«
»Natürlich geht es mir gut. Warum sollte ich mich nicht wohl fühlen?«
»Ich möchte nicht unverschämt wirken, doch ist mir bewusst, dass die letzte Nacht eine recht neuartige Erfahrung für dich gewesen sein muss.«
»Es war zwar nicht so, wie ich es erwartet hatte, doch ist niemand zu Schaden gekommen«, erwiderte Madeline kurz angebunden.
»Entsprach es nicht ganz deinen Erwartungen?« Bernice schob die Lippen vor. »Das überrascht mich. Ich würde annehmen, dass Herr Hunt in seinen Liebeskünsten ebenso viel Können aufweist, wie er es mit anderen Dingen an den Tag zu legen pflegt.«
»Wirklich,Tante Bernice, ich hoffte deutlich gemacht zu haben, dass ich dieses Thema nicht weiter vertiefen möchte.«
»Selbstverständlich, meine Liebe.«
»Wenn du es unbedingt wissen musst«, murmelte Madeline, »Herr Hunt entsprach genau dem, wie ich ihn von Anfang an eingeschätzt hatte, nämlich als reif und beweglich.«
12. Kapitel
Er wurde verfolgt. Artemas blieb in einer Toreinfahrt stehen und lauschte. Die Schritte waren leicht und durch den Nebel gedämpft, doch konnte er sie hören.
Sie hielten inne.
Er trat aus der Toreinfahrt und ging weiter die Straße hinunter. Nach einigen Sekunden hörte er das gelegentliche Scharren eines Schuhs auf dem Trottoir in seinem Rücken. Weder näherten sich die Schritte, noch ließen sie den Abstand größer werden. Wenn er sich umdrehen würde, würde er lediglich eine undeutliche Silhouette wahrnehmen, denn der graue Nebel war zu dicht.
Seit er das Haus verlassen hatte, war auf der Straße genügend Lärm gewesen, um die leisen Schritte zu übertönen. Doch selbst da hatte er bereits gespürt, dass er verfolgt wurde.
An einer Ecke bog er nach links ab. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand sich ein großer Park. Die Bäume erschienen durch den Nebel wie undeutlich skizzierte Skelette. Eine Kutsche fuhr vorsichtig vorbei, als ob der Kutscher seinen Weg durch den Schlamm orten müsse. Die Pferdehufe klangen unheimlich und hohl. Diesen Lärm nutzte er, um sich wiederum in eine Toreinfahrt zurückzuziehen.
Er wartete.
Die Kutsche rumpelte in der Ferne, und dann hörte er erneut die Schritte. Sein Verfolger hatte offenbar erkannt, dass seine Beute sich versteckt hatte.
Nach ein paar Momenten unsicherer Stille beschleunigten sich die Schritte. In seiner Eile hatte der Verfolger jegliche Bemühungen um Verheimlichung aufgegeben.
Aus der Toreinfahrt heraus beobachtete Artemas, wie eine mit Cape und Kapuze gekleidete Person unmittelbar vor ihm durch den Nebel ging. Der Saum des Capes rauschte, als der Verfolger die Straße entlangeilte.
Artemas glitt aus der Toreinfahrt und fiel neben seinem Verfolger in dessen Schritt ein.
»Ein wirklich netter Nachmittag für einen Spaziergang, nicht wahr?«, bemerkte er höflich.
»Artemas.« Madelines Stimme klang wie ein unterdrückter Schrei. Sie fuhr herum und blieb stehen. Unter der Kapuze wirkten ihre Augen riesig. »Ich bitte Sie, Sir, erschrecken Sie mich nicht noch einmal auf diese Art und Weise. Es belastet meine Nerven.«
»Was machen Sie hier? Ich glaubte deutlich gemacht zu haben, dass ich Pitneys Haus alleine durchsuchen möchte.«
»Und ich habe deutlich gemacht, dass ich nicht die geringste Absicht habe, Ihnen das zu gestatten. Pitneys Haus zu durchsuchen war meine Idee, wenn Sie sich erinnern.«
Aus dem Augenwinkel heraus musterte er sie. Sie war offenbar sehr aufgebracht, doch fragte er sich, ob ein Teil des Ärgers vielleicht lediglich dazu diente, andere, verstörendere Gefühle zu überdecken. Er ermahnte sich der Tatsache, dass sie zwar eine Witwe und vielleicht sogar eine Mörderin sein mochte, doch bis gestern Nacht noch unschuldig gewesen war. Er erinnerte sich, wie sie während des Frühstücks errötet war.
»Wie geht es Ihnen heute Morgen?«, erkundigte er sich leise.
»Wie üblich erfreue ich mich ausgezeichneter
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