Heißes Versprechen
Gesundheit«, gab sie ungehalten zurück. »Und Ihrerseits?«
»Von Schuldgefühlen belastet. Aber danke der Nachfrage.«
»Schuldgefühle?« Wieder hielt sie inne und wandte sich
ihm zu. »Weshalb in aller Welt sollten Sie Schuldgefühle hegen, Sir?«
Er hielt ebenfalls inne. »Haben Sie die letzte Nacht so schnell vergessen können? Es betrübt mich zu erfahren, dass ich einen derart flüchtigen Eindruck bei Ihnen hinterlassen habe.«
Sie fixierte ihn erzürnt. »Selbstverständlich habe ich die letzte Nacht nicht vergessen. Doch versichere ich Ihnen, dass es keinerlei Grund gibt, wegen der Ereignisse in Ihrer Bibliothek Schuldgefühle zu hegen.«
»Sie waren eine unschuldige Jungfrau.«
»Unsinn. Ich war eine Jungfrau, doch unschuldig war ich wohl kaum.« Sie korrigierte den Sitz ihrer Handschuhe. »Ich versichere Ihnen, dass keine Frau, die das durchgemacht hat, was ich während meiner Ehe mit Renwick Deveridge durchgemacht habe, unschuldig bleiben könnte.«
»Ich verstehe, was Sie sagen wollen.«
»Wie ich Ihnen bereits gestern Nacht sagte, hat sich zwischen uns nichts verändert.«
»Hmm.«
Sie räusperte sich. »Abgesehen davon war der Eindruck, den Sie gestern auf mich gemacht haben, alles andere als flüchtig.«
»Vielen Dank. Sie können kaum ahnen, was Ihre freundlichen, wenngleich auch etwas halbherzigen Komplimente mir bedeuten. So kann ich mir immerhin ein ganz klein wenig meines männlichen Stolzes bewahren.«
Sie runzelte die Stirn. »Demut steht Ihnen nicht gut zu Gesicht, Sir. Sie mögen sich gleichwohl die Mühe und die Anstrengung ersparen.«
»Wenn Sie darauf bestehen.«
»Wenn es Ihnen unbedingt nach einem schlechten Gewissen verlangt, so schlage ich vor, dass Sie sich dafür schämen sollten, ohne mich aus dem Haus gegangen zu sein.«
Er spähte in die vom Nebel verhüllte Straße. Nur wenige Leute waren unterwegs. Diejenigen wiederum, die sich ihren Weg durch diese dichte Suppe bahnten, konnten nicht viel erkennen. Es war höchst unwahrscheinlich, dass Madeline jemandem auffallen würde. Wenn er ein paar Vorsichtsmaßnahmen träfe, könnte sie recht sicher sein. Auch war sein Entscheidungsspielraum stark eingeschränkt, ermahnte er sich. Lehnte er ihre Begleitung ab, so konnte er sich gut vorstellen, dass sie ihm dennoch bis zu Pitneys stattlicher Villa folgen würde.
»Nun gut.« Er nahm ihren Arm und ging los. »Sie dürfen mich begleiten. Doch werden Sie meinen Anweisungen folgen, sobald wir das Haus betreten haben. Sind wir uns hierin einig?«
Er konnte nicht sehen, wie sie mit den Augen rollte, da die Kapuze ihr Gesicht verbarg. Dennoch war er sich fast sicher, dass sie genau das gerade tat.
»In aller Offenheit, Sir, Ihr Benehmen lässt mich verzweifeln. Sie scheinen die einfache Tatsache nicht begreifen zu wollen, dass Sie sich meinen Anordnungen zu fügen haben und nicht umgekehrt. Sie sind in diese Angelegenheit nur wegen des geschäftlichen Abkommens verwickelt, das ich Ihnen angetragen habe. Wenn es mich nicht gäbe, würden Sie sich des Problems von Renwicks Geist noch nicht einmal bewusst sein.«
»Glauben Sie mir, gnädige Frau, nicht einmal den Bruchteil einer Sekunde gestatte ich mir zu vergessen, dass dies alles Ihre Schuld ist.«
Die hohen Mauern, die Eaton Pitneys großes Haus umgaben, bildeten für jemanden mit Artemas’ Fähigkeiten keinerlei Hindernis. Madeline hielt die kleine, unangezündete Laterne und beobachtete ungeduldig, wie er das steinerne Hindernis erklomm. Als er oben auf der Mauer zu sitzen kam, ließ er ein Seil herunter, in das eine Schlaufe für ihren Fuß geknotet war.
Sie erfasste das Seil, schlüpfte mit ihrem bis zum Knöchel reichenden Stiefel in die Schlaufe und hielt sich fest, während Artemas sie auf die Mauer hinaufzog. Dann stiegen sie in den vom Nebel verhangenen Garten hinab.
»Wissen Sie, Artemas, dies ist wirklich eine recht erheiternde Angelegenheit.«
»Ich hatte befürchtet, dass Sie so empfinden würden.« Missmutig fügte er sich den Gegebenheiten.
Der Nebel war so dicht, dass die bedrohlich sich erhebende Villa nur als ein riesiger Schatten zu erkennen war. In den Fenstern brannte kein Licht. Artemas fand die Küchentür und versuchte sie zu öffnen.
»Verschlossen«, stellte er fest.
»Wie zu erwarten ist, wenn der Eigentümer sich in sein Landhaus zurückgezogen hat.« Madeline musterte das mit Läden verriegelte Fenster. »Ich nehme an, Sie können Schlösser entriegeln.«
»Was lässt Sie glauben, dass
Weitere Kostenlose Bücher