Heisskalte Glut
laut auf. »Das ist so eine Art Tarnung. Der Ohrring läßt es so aussehen, als ob ich mein Haar
absichtlich lang tragen würde. Eine Frage des Stils eher als der Phobie.«
»Wer schneidet dir denn die Haare?« fragte sie, zu fasziniert, um
zu lachen. Sie mußte erst noch damit fertig werden, daß ein erwachsener Mann
den Frisiersalon mied wie andere den Zahnarzt.
»Manchmal tue ich es selbst. Manchmal lasse
ich es auch in New Orleans machen. Dort hält man sich an die Regel, daß kein
Rasierer angeschaltet wird, solange ich im Raum bin. Warum fragst du? Willst du
das etwa übernehmen?« Er streichelte ihren Hals und ließ seinen Daumen über ihr
Ohrläppchen gleiten. Er lächelte zwar, aber sie merkte, daß es ihm ernst war.
»Würdest du mir denn zutrauen, deine Haare zu
schneiden?«
»Natürlich. Würdest du mich denn nicht deine schneiden lassen?«
Ihre Antwort war schnell. »Niemals. Aber ich würde dich meine
Beine rasieren lassen.«
»Abgemacht!« antwortete er genauso schnell und zog sie zu sich
heran.
Als Gray das nächste Mal aufwachte, dämmerte es schon fast. Er rieb
sich stöhnend das Gesicht. »Ich verhungere«, kündigte er mit rauher Stimme an.
»Verdammt, ich muß zu Hause anrufen und denen sagen, wo ich bin.«
Faith rollte auf den Rücken und streckte sich
vorsichtig. Obwohl sie den größten Teil des Tages im Bett verbracht hatte,
fühlte sie sich so müde, als ob sie die ganze Nacht wachgelegen hätte. Mit Gray
Rouillard im Bett zu sein hatte nichts Erholsames. Es machte jede Menge Spaß,
und aufregend war es auch, aber geruhsam war es nicht.
Nachdem er seinen Hunger erwähnt hatte, spürte auch sie ihren leeren Magen. Beide hatten keinerlei Gedanken an ein
Mittagessen verschwendet, und das Frühstück war schon lange her. Sie mußten
etwas essen.
Er setzte sich auf die Bettkante und
ermöglichte ihr einen wunderbaren Blick auf seine Hüften. Sie streckte sich und
streichelte sie, während er nach dem Telefonhörer griff und ihr über die
Schulter hinweg zulächelte. »Tu dir keinen Zwang an«, ermutigte er sie und
tippte seine eigene Nummer ein. Sein Rücken war genauso schön wie seine
Vorderseite, stellte sie träumerisch fest. Seine kräftigen Muskeln wurden von
der tiefen Kerbe der Wirbelsäule unterteilt, seine breiten Schultern liefen an
der straffen Taille schmal zusammen.
»Hallo«, sagte er in die Telefonmuschel. »Sag Delfina Bescheid,
daß ich nicht zum Abendessen komme.«
Faith hörte das unverständliche Gemurmel einer Stimme, die
offenbar nach seinem Aufenthaltsort fragte, denn er erwiderte ruhig: »Ich bin
bei Faith.«
Die Stimme war immer noch unverständlich, aber
um einiges erregter. Sie beobachtete, wie sich seine Rückenmuskeln anspannten,
und fühlte sich sofort unwohl, so als ob sie ihn belauschte. Sie sollte das
Zimmer verlassen, dachte sie. Sie könnte es nicht ertragen, wenn er sich eine
Entschuldigung dafür einfallen ließ, daß er bei ihr war. Sie setzte sich auf,
schwang sich aus dem Bett und atmete angesichts der unerwarteten Steifheit
ihres Rückens und ihrer Beine scharf ein.
»Moni«, sagte Gray geduldig und seufzte. »Wir
müssen reden. Morgen früh bin ich wieder zu Hause. Nein, vorher nicht. Morgen
früh. Wenn es irgend etwas Wichtiges gibt, kannst du mich hier erreichen.«
Faith richtete sich mühsam auf. Jeder Muskel ihres Körpers schien
sich gegen die Bewegung zu sträuben. Ihre Beine waren ganz schwach, die Muskeln
ihrer Schenkel zitterten. Sie wollte schnell das Zimmer verlassen, aber alles
widersetzte sich ihr. Sie tat einen schwankenden Schritt, stöhnte vor Schmerz,
dann tat sie einen weiteren.
»Ich sagte doch schon, wir reden morgen.«
Seine Stimme war fest. Er blickte Faith über die Schulter hinweg an und
fixierte sie mit einem Blick wie ein Laserstrahl. »Bis dann«, sagte er abwesend
zu Monica und legte den Hörer auf, wobei er sie mitten in ihrem Protest
unterbrach. Dann sprang er auf die Füße und kam zu der Bettseite, wo Faith zittrig
stand.
»Armer Schatz«, sagte er zärtlich.
»Muskelkater?«
Sie sah ihn vorwurfsvoll an.
»Da weiß ich, was man tut«, versprach er, nahm das Laken vom Bett
und schüttelte es aus.
»Ich auch. Eine heiße Dusche.«
»Später.« Er wickelte sie in das Laken und hob sie hoch. »Sei
einfach ganz still und genieße.«
»Was soll ich denn genießen?«
»Still zu sein, was denn sonst?« erwiderte er unnachgiebig. Sie
konnte ihm noch nicht einmal einen Klaps versetzen, weil ihre Arme in dem
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