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Heisskalte Glut

Heisskalte Glut

Titel: Heisskalte Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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trotzdem
konnte allein seine Stimme jede Zelle ihres Körpers elektrisieren. Allein ihn
zu hören ließ sie empfinden wie das vierzehnjährige Mädchen, das zittrig und
aufgeregt wurde, wenn er in der Nähe war. Doch wie immer hatte sie auch das
gegenteilige Gefühl, das sie von ihm abstieß, die klare Erinnerung daran, wie
er gesagt hatte: Du bist der allerletzte Dreck. Was
Gray betraf, hatte sie nie zu einer ausgewogenen Einstellung finden können.
Sie hatte ihn niemals vergessen können, er war für sie ein Traum und
gleichzeitig auch ein Alptraum geblieben.
    Sie spürte eine Gänsehaut. Hatte sie ihn durch ihre Gedanken
angelockt? Sie stand so lange starr da, bis die Tür wieder unter seinen
Faustschlägen erzitterte.
    »Mach auf.« Sein Tonfall war von der eisernen Autorität jener
Menschen, die unbedingten Gehorsam erwarteten und ihn sich notfalls auch
verschaffen würden.
    Vorsichtig zog sie die Kette zurück, öffnete
die Tür und blickte auf den Mann, den sie seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen
hatte. Aber ganz gleich, wie lange her es auch gewesen sein mochte, sie hätte
ihn in jedem Fall erkannt. Er blieb im Türrahmen stehen. Allein seine
körperliche Präsenz ließ ihren Atem stocken.
    Er war größer, als sie ihn in Erinnerung
hatte. Ein Meter neunzig aber schienen immer sehr groß, wenn man von unten
aufblickte. Seine Taille und seine Hüften waren immer noch schlank, Brust und
Schultern jedoch waren breiter geworden. Vor ihr stand ein erwachsener Mann,
kein Zweifel. Jede Andeutung von Jugendlichkeit war vollkommen verflogen. Sein
Gesicht war hagerer und härter, sein Mund lag zwischen zwei Falten, und um
seine Augen hatte er die Fältchen eines Erwachsenen. Sie schaute in das
Gesicht eines Piraten. Jetzt war ihr klar, warum Carlene DuBois allein bei der
Erwähnung seines Namens eine Gänsehaut bekommen hatte. Sein schwarzes Haar war
länger als früher, er trug es zurückgekämmt und im Nacken zusammengebunden. Ein
winziger Diamant funkelte an seinem linken Ohrläppchen. Mit zweiundzwanzig war
er eindrucksvoll gewesen. Mit vierunddreißig war er nicht nur äußerlich,
sondern auch von seinem Wesen her ein gefährlicher Pirat. Sie zitterte, wenn
sie ihn nur ansah. Ihr Herz schlug plötzlich so laut, daß sie sich
fragte, ob er es hören könne. Sie erkannte die Anzeichen ihrer Krankheit und
verachtete sich selbst dafür. Sollte sie etwa ihr ganzes Leben lang beim
Anblick Gray Rouillards weiche Knie bekommen? Warum nur konnte sie dieses
Überbleibsel aus ihrer Kindheit nicht hinter sich lassen?
    Über seiner schmalen Nase blickten seine sündhaft dunklen Augen
immer noch kalt und unversöhnlich.
    Die sinnliche Kurve seiner Lippen verzog sich, als er auf sie
herabblickte. »Faith Devlin«, sagte er. »Reuben hatte recht, du siehst genauso
aus wie deine Mutter.«
    Doch wenn er sich verändert hatte, so galt das ebenso für sie.
Faith hatte sich ihr Selbstbewußtsein hart erkämpfen müssen. Sie lächelte ihn
kühl an und erwiderte: »Danke.«
    »Es war nicht als Kompliment gemeint. Ich weiß
nicht, warum du hier bist, aber es tut ohnehin nichts zur Sache. Dieses Motel
hier gehört mir. Du hast eine halbe Stunde Zeit, deine Sachen zu packen und das
Zimmer zu verlassen.« Sein verzerrtes Lächeln war eigentlich gar kein Lächeln.
»Oder muß ich wieder die Polizei holen, um dich loszuwerden?«
    Die Erinnerung an jene Nacht stand so
machtvoll zwischen ihnen, daß sie fast glaubte, sie berühren zu können. Einen
Augenblick lang sah sie wieder die Scheinwerfer und spürte Panik aufsteigen.
Aber sie ließ sich nicht von ihm verrückt machen. Sie zuckte galant die Schultern,
ging zurück ins Zimmer, warf ihre paar Toilettenartikel in ihren
Übernachtungskoffer und nahm die wenigen Kleidungsstücke von der Stange. Sie
war sich seines bohrenden dunklen Blickes bewußt, legte die Kleider über ihren
Arm, schlüpfte in ihre Schuhe, nahm ihre Handtasche und ging, ohne ihren kühlen
Gesichtsausdruck auch nur im mindesten zu verändern, an ihm vorbei nach
draußen.
    Noch während sie das Motel Richtung Baton Rouge verließ, stand er
in der offenen Tür und starrte ihr hinterher.
    Faith Devlin! Was für eine lebhafte Erinnerung an die Vergangenheit!
Gray starrte den Rücklichtern ihres Wagens hinterher, bis sie verschwunden
waren. Als Reuben ihn angerufen und ihm
erzählt hatte, eine Doppelgängerin von Renee Devlin übernachte unter dem
Namen Faith D. Hardy im Motel, hatte er nicht den geringsten Zweifel, um wen

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