Heisskalte Glut
es
sich handelte. Hatte also eine der Devlins den Mut besessen, sich in Prescott
wieder sehen zu lassen! Es verwunderte ihn nicht, daß es ausgerechnet Faith
war. Sie hatte schon immer mehr Rückgrat besessen als der ganze Rest
zusammengenommen. Das aber sollte nicht heißen, daß er sie willkommen heißen
würde.
Er wandte sich dem hellerleuchteten Zimmer zu, das sie ohne
irgendwelches Theater verlassen hatte. Ohne auch nur das allergeringste Theater, verflucht. Er hatte Streit gesucht, sie
aber war nicht darauf eingegangen. Sie hatte ihn noch nicht einmal um eine
Gutschrift ihrer Kreditabbuchung gebeten. Ohne mit der Wimper zu zucken, hatte
sie ihre Sachen zusammengepackt und war gegangen. Kaum eine Minute hatte es
gedauert.
Sie war fort. Bis auf die etwas zerknautschte Tagesdecke war das
Zimmer so jungfräulich, als ob sie niemals dagewesen wäre.
Dennoch
war ihre Gegenwart immer noch spürbar. Ein süßlicher, etwas würziger
Duft lag in der Luft, der den allen Motels anhaftenden Geruch der Sterilität
überdeckte. Instinktiv reagierte er darauf. Es war der Geruch einer Frau, in mancher
Hinsicht der jeder Frau, in anderer wieder nur dieser einen. Angelockt von
diesem Duft, betrat er das Zimmer.
Faith Devlin. Allein schon ihr Name ließ die Erinnerung an jene
Nacht aufsteigen. Still war sie umhergeirrt, ihr feurig dunkles, schulterlanges Haar und ihr schlanker, unter dem dünnen
Nachthemd sich abzeichnender Körper hatte die Polizisten und ihn mit einem
sinnlichen Zauber belegt. Sie war noch ein Kind gewesen, aber weiß Gott, sie
hatte schon damals die sinnliche Aura ihrer Mutter gehabt.
Als sie die Tür geöffnet hatte, war er
vollkommen verblüfft gewesen. Sie sah Renee so ähnlich, daß er ihr an die
Gurgel hätte gehen wollen. Gleichzeitig jedoch konnte man sie unmöglich mit
ihrer Mutter verwechseln. Faith war ein wenig größer und immer noch eher
schlank als kurvenreich, obwohl sie in den zwölf Jahren seit ihrem letzten
Treffen an den richtigen Stellen zugenommen hatte. Farblich glich sie Renee
ganz und gar: die dunkelrote Mähne, die schweren Augenlider über den goldgesprenkelten
grünen Augen, der schimmernde Teint. Was ihn jedoch wütend gemacht hatte, war
ihre Sinnlichkeit und seine eigene unwillkürliche Reaktion darauf. Es hatte
nichts mit dem zu tun, was sie gesagt oder getan hatte, noch hatte es mit ihrer
Kleidung, einem eleganten Kostüm, zu tun gehabt. Eine Devlin im Kostüm, mein
lieber Mann! Nein, es war einfach ein Teil von ihr, ganz wie es auch bei Renee
gewesen war. Die ältere Tochter, an deren Namen er sich nicht erinnern konnte,
hatte diese starke Anziehungskraft nicht besessen. Zwar war sie ordinär und
leicht zu haben gewesen, aber eben nicht sexy. Faith jedoch war sexy. Zwar
nicht in so offensichtlicher Weise wie Renee, aber deswegen keineswegs weniger.
Nur ein einziger Blick in ihre Katzenaugen, und er hatte an das Bett hinter
ihr gedacht, an zerwühlte Laken und erhitzte Körper. Er hatte sie sich nackt
unter sich vorgestellt, ihre Beine um seine Hüften geschlungen, während er die
weiche Öffnung zwischen ihren Beinen fand und tief in sie eindrang ...
Gray brach der Schweiß aus, und er fluchte laut in dem leeren
Zimmer. Verflucht, er war genauso schlimm wie sein Vater! Angesichts einer
Devlin vergaß er sich völlig und wollte nur noch mit ihr schlafen. Immerhin
nicht mit irgendeiner Devlin, fügte er in Gedanken an. Allein dafür sollte er
dankbar sein. Er hatte Renees starke Reize gekannt, ihnen aber widerstehen
können. Außerdem stieß ihn die Vorstellung ab, sich mit seinem Vater dieselbe
Frau zu teilen. Die ältere Tochter hatte ihn in keinster Weise angezogen. Faith
jedoch ... Wenn sie keine Devlin wäre, dann würde er nicht eher Ruhe geben, ehe
er sie unter sich hätte und ausgiebig von ihr Besitz ergriffe.
Sie war jedoch eine Devlin. Allein die Erwähnung dieses Namens
entfesselte bereits seine Wut. Seine Familie war durch Renee ruiniert worden.
Niemals würde er das vergessen noch verzeihen. Es zu vergessen war unmöglich,
da er doch jeden Tag mit den Konsequenzen von Guys Verschwinden leben mußte.
Seine Mutter hatte sich so weit zurückgezogen, bis sie nur noch ein Schatten
ihres alten Selbst war. Zwei Jahre lang hatte sie ihr Schlafzimmer nicht
verlassen. Auch heute verließ sie das Haus nur, um im seltenen Falle einer
Erkrankung in New Orleans einen Arzt aufzusuchen. Gray hatte nicht nur seinen
Vater verloren, sondern eigentlich ebenso seine Mutter.
Noelle
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