Heisskalte Glut
ein furchtbarer Ehemann,
aber ein guter Vater.« Er blickte auf seine Hände herab. »Es ist jetzt zwölf
Jahre her«, sagte er leise. »Und ich vermisse ihn immer noch.«
»Hat er jemals angerufen?« fragte sie. »Oder sonstwie mit seiner
Familie Verbindung aufgenommen?«
Er schüttelte den Kopf. »Nicht, daß ich
wüßte.«
»Wen hat er in jenem Sommer außer Yolanda Foster noch getroffen?«
Wieder verblüffte ihn ihre Frage. Seine Augenbrauen schossen in
die Höhe, dann wehrte er ab: »Das ist alles nicht von Belang. Zu Gray sage ich
auch immer wieder, daß das jetzt Vergangenheit ist, daß man die Vergangenheit
ruhen lassen sollte. Jener Sommer hat jede Menge Unheil gebracht. Es immer
wieder aufzuwärmen tut niemandem einen Gefallen.«
»Ich kann es aber nicht vergessen, solange es auch sonst hier in
der Stadt niemand vergessen hat. Ganz gleich, wie erfolgreich oder angesehen
ich auch sein mag, in dieser Stadt halten mich die meisten noch immer für
nichts als Dreck.« Bei dem letzten Wort zitterte ihre Stimme ein wenig. Sie
hatte ihre Fassung vollkommen bewahren wollen. Dieser kleine Lapsus war ihr
peinlich, gleichzeitig beunruhigte er sie. Manchmal jedoch ließ sich der
Schmerz einfach nicht länger verstecken.
Alex mußte es auch aufgefallen sein, denn sein Gesichtsausdruck
veränderte sich. Er stand plötzlich von seinem Stuhl auf, setzte sich neben sie
und nahm ihre Hand in seine. »Ich weiß, daß es schwer für Sie war«, sagte er
leise. »Die Leute werden ihre Meinung ändern, wenn sie Sie erst einmal ein wenig kennengelernt
haben. Und Gray wird schließlich auch nachgeben. Wie gesagt, seine Reaktion
basiert auf seinem Schutzverhalten seiner Familie gegenüber. Aber im Grunde ist
er fair.«
»Und
rücksichtslos«, fügte Faith hinzu.
Ein bedauerndes Lächeln spielte auf Alex'
Gesicht. »Das auch, ja. Aber er ist nicht gemein, darauf können Sie mein Wort
haben. Wenn es mir irgendwie möglich ist, seine Meinung zu beeinflussen, dann
werde ich das tun. Das verspreche ich Ihnen.«
»Danke«, erwiderte Faith. Deswegen war sie
zwar nicht hierher gekommen, aber der Anwalt war offenbar zu gewissenhaft, als
daß er persönliche Dinge über seine Klienten und Freunde verraten hätte. Der
Besuch war in Faiths Augen trotzdem kein völliger Reinfall, denn nun konnte
sie Andrea Wallice von ihrer Liste streichen.
Sie fuhr nach Hause und dachte über die
Informationsfetzen nach, die sie heute gesammelt hatte. Wenn Guy ermordet worden war, dann waren Lowell oder Yolanda Foster die wahrscheinlichsten
Verdächtigen. Sie grübelte darüber nach, wie sie ein Treffen mit einer der
beiden herbeiführen konnte. Außerdem machte sie sich Pleasants wegen Sorgen.
Wie mochte es ihm wohl jetzt gehen?
»Ich habe heute
Faith getroffen«, bemerkte Alex am Abend, als er mit Gray zusammen die Akten
durchging. Er hob sein Brandyglas und betrachtete den jungen Mann über den Rand
hinweg. »Im ersten Moment war die Ähnlichkeit schon fast unheimlich, aber bei
näherem Hinsehen kann man sie nicht mit Renee verwechseln. Es ist schon
seltsam, daß Renee zwar schöner, aber Faith anziehender ist.«
Gray sah auf. Eine merkwürdige Wachsamkeit lag in seinen dunklen
Augen, während er Alex' Ausdruck einzuschätzen versuchte. »Ja, mir ist ihre
Attraktivität auch schon aufgefallen, falls du das meinen solltest. Wo bist du
ihr begegnet?« Er hob sein Glas, füllte es mit seinem Lieblingsscotch und genoß
den rauchigen Geschmack auf seiner Zunge.
»In meinem Büro. Sie kam, um etwas über Guy
zu erfahren.«
Gray hätte sich fast verschluckt. Er setzte das Glas mit einer
solchen Wucht ab, daß der Whiskey gefährlich darin herumwirbelte. » Was wollte
sie? Was in aller Welt wollte sie denn über Papa wissen?«
Der Gedanke, daß Faith etwas über seinen Vater
in Erfahrung zu bringen versuchte, ließ eine bittere Wut in ihm aufsteigen. Es
war wie ein Reflex: Einen Moment lang war sie nicht Faith, der Mensch,
sondern eine Devlin mit allem, was diesem Namen anhaftete. Er selbst
begehrte sie so heftig, daß es ihn sowohl beunruhigte als auch ekelte. Und
obwohl er sich bewußt war, daß er dieses Verlangen nach ihr bei der erstbesten
Gelegenheit stillen würde, so wollte er nicht, daß sie und seine Familie
miteinander in Berührung kamen. Er wollte weder Monica noch Noelle mit ihr
konfrontieren, und auf gar keinen Fall wollte er, daß sie Fragen nach seinem
Vater stellte. Guy war verschwunden. Seine Abwesenheit, sein Betrug war wie
eine
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