Heiter weiter
einer Seite der Persönlichkeit haben und in die übrigen nicht hineinspielen.« ( Soziologie , Seite 268f.)
Interessanterweise haben Frauen während ihres ganzen Lebens das größere Bedürfnis nach Freundschaft. Sie scheinen auch die bessere Begabung für vertrauliche Freundschaften zu besitzen als Männer. Zumindest sagen das alle Untersuchungen, die sich mit der Verfassung von Männern und Frauen im Alter beschäftigen. Dabei stellen Wissenschaftler auch fest, dass sehr oft die Ehefrau die einzige Vertraute des Mannes ist, während die engste Vertraute der Ehefrau höchstwahrscheinlich eine Freundin ist. Männer sind also wohl ganz zufrieden mit der Nähe und Intimität zu ihrer Ehefrau, während Frauen zusätzlich enge Freundschaften zu Menschen des eigenen Geschlechts suchen.
Warum ist das so? Das Geheimnis liegt in der unterschiedlichen Sozialisation der Geschlechter. Ein Junge wird dazu angehalten, Sanftheit, Zärtlichkeit und Mitgefühl zu unterdrücken und sich dieser Regungen zu schämen. Vom Mann wird dann später erwartet, dass er sich in Kaltblütigkeit und Widerstandsfähigkeit übt, sein Bedürfnis nach Erwiderung von Gefühlen verbirgt sowie eine offene Manifestation seiner Zuneigung zu anderen Männern unterdrückt. Gefühlsunterdrückung aber vermindert die Fähigkeit des Einzelnen, enge Beziehungen einzugehen. Die Gefühle verkümmern. So sind Männer, das ist bekannt, gefühlsunabhängiger als Frauen. Der Preis ist die verminderte Fähigkeit, Intimität zuzulassen. Ein häufiger Konflikt bei Paaren. Frau fühlt sich zurückgesetzt, weil aus ihrer Sicht ihr zu wenig Zuneigung gezeigt wird. Mann fühlt Zwang und ist beunruhigt, weil Gefühl verlangt und erwartet wird.
Im Berufsleben hilft dem Mann dieses Verhalten. Er pflegt meist nur oberflächliche soziale Kontakte. Dadurch fallen ihm Orts-, Berufs- und Stellungswechsel leichter. Wenn es ihm um Zuneigung und Vertrautheit geht, verlässt er sich auf die eigene Frau.
Die wiederum oft nicht die für sie nötige Menge Zuneigung, Trost, Unterstützung und Wärme erfährt. So wendet sie sich seit Jahrhunderten immer wieder auch Freundinnen zu. Tauscht dort alle Vertraulichkeiten aus, zu denen sie in der Ehe nicht kommt. Manch einer behauptet, dass so die Frauen, die sowieso schon älter werden als die Männer, besser auf das Witwendasein vorbereitet wären. Mit ihrem Netzwerk an Freundinnen. Dennoch ist aber auch für sie der Verlust des nächsten
Menschen, und das ist und bleibt der Partner, schwer zu verwinden.
Wie aber gewinnen wir im Alter Freunde, wenn wir es doch als Kinder so einfach gekonnt haben? Lehnen Sie sich zurück und erinnern Sie sich an ein schönes Erlebnis mit einer Freundin, einem Freund, damals, vor 50, 60 Jahren. Waren es die gleichen Interessen? Vielleicht angeln? Oder zusammen die ganzen Ferien Monopoly spielen? Wissen Sie noch, wie traurig Sie waren und verletzt, wenn die Freundin, der Freund plötzlich auf dem Schulhof nicht mehr mit Ihnen »gegangen« ist, sondern mit einem aus der vorderen Schulbank? Hat Sie Ihr Freund abschreiben lassen? Haben Sie ihn abschreiben lassen? Lassen Sie sich vom heiter-leichten Kokon der Kinderfreundschaft einfangen, umwehen. Es ist nicht vorbei. Auch heute, hier und jetzt ist Freundschaft möglich.
Am ersten Januar nach einer fröhlichen Silvesternacht haben mein Mann und ich mit einem befreundeten Ehepaar Monopoly gespielt. Es war wie früher zu Kinderzeiten. Wer kauft? Wer hält? Wer geht wie mit Schulden um? Irgendeiner war dann pleite, und gewonnen hat nicht derjenige, der die teure Schlossallee und die Parkstraße hatte, sondern der mit den mittleren Vermögenswerten. Wir waren wieder wie Kinder, obwohl alle Damen über 65, die Herren über 70 Jahre alt. Und jedes Mal, wenn wir seither telefoniert haben, sagen wir: »Wir wollen bald mal wieder miteinander spielen.«
Das könnte doch auch für Sie eine gute Anregung sein, eine alte Freundschaft wiederaufleben zu lassen, vielleicht eine neue zu festigen. Schon als Kinder waren wir nicht nur mit einem Einzigen befreundet. Der eine war
unser Freund auf dem Fußballplatz, den anderen kannten wir aus dem Freibad. Freundschaften entstehen und bleiben, wenn Menschen ähnliche Interessen haben, wenn sie sich sympathisch sind, wenn »die Chemie« stimmt. Wer im dritten Leben Freunde hat, wird besser alt, lebt gesünder, fröhlicher und gelassener. Jeder Einsatz, eine Freundschaft zu pflegen, lohnt sich. Wenn Ihnen mal was in dieser
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