Heiter. Weiter.
verstaut wird, wollen die Geräusche nicht enden. Es ist nicht einfach, im Dunkeln zu packen. Mit der Taschenlampe in der Hand lässt sich das Vorhaben einhändig nur schwer bewältigen. Findige Köpfe tragen an selbigen eine Grubenlampe. Dabei wird das Haupt hin und her bewegt und damit der Lichtstrahl durch den Raum geschickt. Dadurch werden auch die mit Stöpsel in den Ohren wach.
Erzählt wird von einem Pilger, der nachts zur Toilette schlich. Mitpilger deuteten dies als Signal zum Aufbruch, kleideten sich an, sammelten ihre Sachen ein. Als der andere vom WC zurückkam und sich wieder in den Schlafsack verkroch, erkannten die eifrigen Einpacker ihren Irrtum und beschimpften den Unschuldigen.
Der Mittagsglut auszuweichen ist ein Argument, sehr früh aufzubrechen. Manche stehen früh auf, um früh anzukommen, rennen los, pausenlos, um sich einen Schlafplatz zu sichern. Mir ist das nichts. Ich gehe los, wenn es langsam hell wird, mache meine Pausen und finde doch ein Bett.
Heute werde ich von Logroño nach Ventosa wandern. Das sind etwa zwanzig Kilometer. Für viele Pilger ist das nicht weit genug. Aber wer mit Muße wandert, die Landschaft genießt und auch mal anhält, um zu verschnaufen oder eine Kirche zu besuchen, der wird nicht viel mehr Kilometer zurücklegen können.
Ich habe die Herberge von Ventosa als einer der besten Unterkünfte am Weg in Erinnerung. Dezente klassische Musik, Kaminofen, kleine Bibliothek - betreut von einem stillen, aber herzlichen Hospitalero. Die einfache Dorfkneipe trug zum Wohlgefühl bei.
Ich wollte wiederkommen. Jetzt bin ich wieder hier, doch die Bar nicht mehr! Die Herberge - zu! Bin ich im falschen Ort? Ich frage. Antwort: Die Herberge ist umgezogen! Ach so. Wird es da so sein wie damals? Es wird. Es ist der selbe Hospitalero, jetzt im größeren Haus. Dezente klassische Musik, Kaminofen, kleine Bibliothek - wie einst. Die Hospitalera betreut den kleinen Herbergsladen. Hier gibt es alles Wichtige für die Gäste: Nudeln, Konserven, Seife. Auch den örtlichen Wein, flaschenweise.
Im Hotel kann man zu Abend essen. Ich gehe lieber in die neue Bar. Sogar der Hospitalero ist hier. Der Wirt brät mir im Räumchen hinterm dem Tresen Schweinefilets mit Paprika, schenkt immer wieder Wein nach in das noch halbvolle Glas. Er macht dann eine Pauschal-Rechnung: Er hat es sehr gut gemeint mit mir. Ich trauere der alten Kneipe nicht mehr nach.
Staub, Schlamm, Sonne und Regen - das ist der Weg nach Santiago
Nachdem ich drei Wochen durch Deutschland und acht Wochen durch Frankreich gewandert bin, empfinde ich den Weg durch Spanien als Genuss. Jede Herberge, egal wie überfüllt oder in welchem Zustand, nehme ich mit Dankbarkeit an. Wie froh wäre ich gewesen, in Deutschland oder Frankreich ein so dichtes Netz günstiger Unterkünfte gehabt zu haben.
Die Häufigkeit in Spanien von Läden und Restaurants mit preiswerten, pilgergerechten Angeboten wird nur dem bewusst, der auf all das vorher verzichten musste. Nach Wochen des Alleinseins ist es für mich angenehm, mit anderen zu wandern. Hin und wieder „Party“ habe ich mir verdient. Streunende Hunde, steile Bergetappen und schier endlose Strecken - all das, was viele in Spanien fürchten, begegnet dem Pilger in Frankreich. In Spanien kann mich jetzt nichts mehr schrecken: Der Weg ist Freude. Ich weiß, nicht jeder hat die Möglichkeit, an der eigenen Haustür zu beginnen. Von Ventosa wandere ich zur nächsten guten Erinnerung, es sind nur siebzehn Kilometer. Unterwegs entdecke ich an einer Mauer ein Gedicht, das alle Pilger berührt: „Staub, Schlamm, Sonne und Regen - das ist der Weg nach Santiago“.
In Azofra gibt es eine Herberge mit Doppelzimmern. Es sind eher Doppel-Kojen, aber immerhin. Ich gebe meine Wäsche in die Maschine und mache mir einen gemütlichen Nachmittag. In der „Carniceria y Alimentation Rosa“ wird auf engstem Raum allerlei verkauft: erfreuliche Würste, Schinken, Käse in bester Qualität, auch Brot, Gemüse, vielerlei Fischkonserven und Weine vom eigenem Weinberg.
In der Bar „El Peregrino“ darf es jetzt ein Rioja sein. Winzer aus Bordeaux kamen hierher, da in ihrer Heimat die Reblaus die Reben dezimiert hatte. Die Franzosen lagerten den Wein in Eichenfassem. Doch auch die Reblaus folgte in die Rioja, leistete ganze Arbeit. Dann wurden resistente Reben aus Amerika angepflanzt, die bewährten französischen Methoden aber beibehalten. Die rote Rebsorte Tempranillo jedoch ist urspanisch.
Die in
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