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Heiter. Weiter.

Heiter. Weiter.

Titel: Heiter. Weiter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Heininger
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gestört. Es ist besser, immer eine Reserve an Barem mit sich zu führen. Ich habe bei der Postbank gratis noch ein weiteres Konto eröffnet und habe so eine zweite Plastikkarte zur Hand, falls die erste kaputt oder verloren geht.
    An einem herrlichen Wandertag wie heute sage ich mir: Ich komme wieder! Auch um all das zu inspizieren, zu denen ein Pilger keine Zeit findet. Die wuchtige gotische Kirche von Villalcázar de Sirga mit ihrem mächtigen Portal ist sehenswert. Das dachte sich auch ein englischer Pilger. Jetzt ist er „not amused“, da die Kirche nicht so geöffnet hat, wie es in seinem „Guidebook“ angegeben ist. Er müsste lediglich eine dreiviertel Stunde warten. Doch selbst ein Engländer kennt auf dem Jakobsweg kein Abwarten und Teetrinken - er muss weiter.
    Da sind sie gekommen aus Dorf und Stadt, aus Uni, Büro und Werkstatt. Gekommen aus Hoffnung und Erwartung, aus Glaube und Neugier. Sie gehen nach Santiago, sie pilgern nach Santiago, sie drängen nach Santiago. Ja, sie drängeln nach Santiago. Die sonst mit dem Ellenbogen Karriere machen, setzen hier ihre Knie ein, um vorwärts zu kommen. Manche rücksichtslos. Nächstenliebe und Solidarität sind hinderlich im Kampf um ein Bett, um die Dusche, um das WC. Sind genügend Betten vorhanden, beginnt das Ringen um das beste Bett - unten oder oben, am Fenster vielleicht, aber nicht an der Tür. Sind genügend Duschen vorhanden, beginnt trotzdem ein Wettrennen - möglicherweise ist der Vorrat an Heißwasser begrenzt. Sind genügend WCs vorhanden, will man eins mit Papier. „Buspilger“ fahren vorbei im klimatisierten Bus, fotografieren die Pilger durch die Scheibe. Hin und wieder verlassen sie ihr bequemes Transportmittel und tauchen für zwei, drei Wanderstunden ein in die Atmosphäre des Weges. Im Hotel wird dann vom „Abenteuer Jakobusweg“ geprahlt. Besonders Wagemutige sollen schon auf ihr vorgebuchtes Hotel verzichtet haben und sich kühn für eine Nacht eine Pilgerherberge angetan haben. Genug geschimpft für heute, genug gewandert für heute. In Carrión de los Condes werde ich übernachten. In der Herberge, in einem unteren Bett.

Richtige Socken statt Bußwallfahrt oder einer Buswallfahrt

    Der Pilgerführer warnt: Nach Carrión de los Condes kommt lange keine Wasserstelle mehr. Gut, da wird heute mehr Trinkwasser mitgenommen als sonst. Man soll ja über den Tag verteilt drei Liter Wasser trinken. Doch ich muss nicht so viel mit mir herumschleppen - ich kann unterwegs nachkaufen. Normalerweise.
    Wir befinden uns in der von Pilgern gefürchteten Meseta. Nach Lektüre diverser Reiseberichte stellen sich Wanderer unter der Meseta eine Art Wüste vor. Manche durchqueren die wunderschöne Landschaft mit dem Bus. Für mich ist die Etappe durch die Meseta eine der schönsten auf dem Jakobusweg. Als ich meinen Heimatort verlies , habe ich auch das Weite gesucht - hier habe ich es gefunden. Heute führt ein steiniger Weg durch die scheinbar endlose Hochebene. Froschgequake im kühlen Wind. Ein Vogel lässt im grünen Strauch sein gelbes Gefieder gut zur Geltung kommen. Nach etwa zwei Stunden wartet unerwartet eine Imbissbude auf ausgezehrte Kundschaft. Hier spricht man deutsch. „Buen camino“ ist sonst der Gruß der Pilger, Japaner verneigen sich dabei leicht nach vorne. Trotz Rucksack.
    Am Imbisstisch sitzt ein älteres Paar. Ich hatte die beiden noch nie getroffen. Ihr deutschsprachiger Führer sagt mir, dass wir keine Sprachschwierigkeiten haben werden. Sie sind über ein Schwätzchen entzückt. Sie hatten sich so auf den Jakobsweg gefreut und jetzt das. Ihn plagen starke Blasen. Die Schuhe? Nein, dieses verschlissen aussehende ältere Paar (die Schuhe) ist gut eingelaufen. Die Strümpfe? Er: „Ich werde mich weiterquälen.“ Sie: „Nein, wir nehmen den Bus und machen dann eine längere Pause.“
    Die richtigen Wandersocken sind genauso wichtig wie gut eingelaufene Schuhe und Füße. Sonst wird die Pilgerreise zur Bußwallfahrt. Oder zur Buswallfahrt. Beim Thema Strümpfe gehen die Meinungen auseinander. Pilger haben da ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht, wohl weil sie ganz unterschiedliche Füße haben. Mancher schwört auf Wolle, andere empfehlen, die Socken nicht zu waschen. Oder eine Kombination aus Strumpf und Nylonsocke. Ein Münchner trug unter der kurzen Hose eine Nylonstrumpfhose: „Wegen den Mücken.“ Nun ja. Man muss zu Hause ausprobieren, was den eigenen Füßen gefällt und nicht blind auf den Rat anderer

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