Heiter. Weiter.
erinnere ihn an die Spaziergänge mit dem Kind, als er es huckepack getragen hatte. Am Cruz de Ferro hat er keinen Stein abgelegt, sondern ein paar Murmeln, mit denen der Enkel kurz vor seinem Tod gespielt hatte.
Ich schäme mich - hatte ich doch geschimpft über alles, was außer den Steinchen am Cruz de Ferro zurückgelassen wird. Da habe ich wieder etwas gelernt.
Garage und auch Gartenhäuschen haben dem Pilger einiges zu bieten
Am Morgen wundern sich die Pilger über Töpfchen, die vor den Eingängen der Zweibettkojen in Cacabelos stehen. Nachttöpfe? Nein, die Gefäße sollen das Wasser auffangen, dass bei Regen vom Dach in den Innenhof plätschert. Aber es bleibt trocken. Trocken bleiben zunächst auch die Kehlen der gerade aufgebrochenen Wanderer. Nicht lange. In Valtuille de Arriba hat ein Mann seine Garage zum Lokal umgestaltet, pilgergerecht. Sorgfältig belegt er ein Bocadillo mit Schinken, wägt ab, ob er noch eine Scheibe drauflegen soll. Er entscheidet zu Gunsten des Gastes, obwohl kein Geschäftsmann vom Drauflegen lebt. Geizig ist er nicht: Ein Schild kündet „cerezas gratis“. Pilger, macht euch keine Hoffnung; Nicht Cervezas, Biere, sondern Cerezas, Kirschen, werden hier verschenkt. Meine Bestellung wird serviert mit den Worten „con queso y vino tiene un buen camino“. In etwa: „Mit Käse und Wein, wird der Weg ein guter sein.“
Bei all den Leckereien darf aber das Ziel der Wanderung nicht vergessen werden! Der Legende nach ist Jakobus in Santiago begraben. Er soll versucht haben, auf der iberischen Halbinsel das Christentum zu verbreiten. Er kehrte zurück nach Palästina und wurde enthauptet. Auf wundersame Weise gelangte sein Leichnam per Boot zurück nach Nordwestspanien. Er wurde bestattet und vergessen. Im Jahre 823 entdeckte ein Eremit auf eine Offenbarung hin das Grab. Wenige Jahre später machten sich die ersten Pilger auf den Weg. Bis ins 16. Jahrhundert strömten Millionen zum Grab des Apostels. Reformation und Aufklärung ließen die Zahl der Pilger sinken. Seit gut zwanzig Jahren jedoch steigt die Zahl derer, die sich zu Fuß, im Fahrrad- oder Pferdesattel nach Santiago aufmachen.
Mein Vorwärtsdrang wird erneut gestoppt. Die „Caseta gabino vina dolarte“ ist nichts anderes als eine Jausenstation in einer Gartenhütte. Davor gedeihen Paprika, Tomate, Zwiebel, Salat, Artischocke und Kohl. Das Gemüse, wenn erntereif, wird in der Laube zubereitet. Der Rotwein scheint mir etwas überteuert, seine Qualität jedoch erwähnenswert. So eine Einkehre darf ich nicht auslassen.
Nach Villafranca del Bierzo müssen einige Kilometer entlang der Straße gewandert werden, abgetrennt von der Autospur durch einen Betonwall. Doch der Pilger kommt gefahrlos voran, zumal der Verkehr gering und die Natur erfreulich ist.
Pereje besitzt eine attraktive Herberge, aber ich werde in Vega de Valcarce übernachten. Ziemlich am Anfang des Ortes, links und dann auch rechts, kann man gut zu Abend essen. Ich habe die Namen der Lokale vergessen, nicht aber die Speisekarte: Linsensuppe, Forelle, Huhn, Hase und als Dessert ein Stück „Tarta de Orujo“. Übrigens: Fuß und Moral sind weiterhin ungebrochen.
Mit einem guten Kumpan ist gut wandern - einer hilft dem andern
Jakobus soll in Santiago begraben sein. Martin Luther war da anderer Meinung: „Wie er nach Spanien kommen ist, da haben wir nichts gewiss.“ Und: „Lauf nicht dahin, denn man weiß nicht, ob Sankt Jakob oder ein toter Hund oder ein totes Ross da liegt.“ Für ihn war es nicht möglich, Sündenvergebung durch eine Pilgerreise zu erlangen. Er wusste, dass es mit der Echtheit mancher Reliquien nicht weit her war. Luther: „Lass reisen wer der will, bleib du daheim.“ Wir bleiben weder daheim noch in Vega de Valcarce. Auch ein Ludwig Uhland kann uns nicht halten: „Dem Lande blieb ich ferne, wo die Orangen glühn, erst kennt’ ich jenes gerne, wo die Kartoffeln blühn.“ Ich will hoch hinaus auf steilem Pfad nach La Faba. In der gleichnamigen Bar gibt mir ein opulentes Omelett neue Kraft. Die Eier stammen von den im Freien scharrenden Großhühnern. Die Rasse wurde mit Kampfhähnen gekreuzt und trotzte hier oben Wolf und Bär. Laut Wanderführer dürfen schwäbische Pilger, die ein Gedicht eines schwäbischen Dichters wie Kartoffel-Uhland aufsagen können, in der Herberge von La Faba kostenfrei übernachten.
Aus der Bar „Escuela“ in Laguna de Castilla ertönt galizische Dudelsackweise, rucksackbehangene Pilger tanzen in
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