Held Rama
Elefanten reisten die Brüder mit Windeseile, denn Bharatas Sorge wuchs aus dem Nichts zu drückender Last.
Da er Ajodhia als trauernde Stadt wiedersah, trieb er sein Tier zu rasendem Lauf und hielt erst vor dem Palaste der Mutter an.
Schatrugna war ihm gefolgt, und ein Diener führte die Prinzen in die Halle, vor die Königin Kaikeyi.
Die Mutter umarmte den ehrfurchtsvoll hingesunkenen Sohn und begrüßte freundlich seinen getreuen Halbbruder.
Als sie nach ihren Verwandten in Kekaya fragte, verwies Bharata sie auf später und rief:
»O Mutter, böse Träume schreckten mich aus meinem Behagen, trübe Gedanken waren meine Begleiter auf der Fahrt, und in der Heimat empfängt mich eine stille Stadt, die keine Freude, ja kaum die nötigste Arbeit zu kennen scheint. – Was ist geschehen? – Welch Unheil ist über die frohen Kosaler gekommen? – Und wo weilt mein Vater, der seit langem dieses Reich beschirmt? – Ist er in Kauschaljas Haus?«
»Er starb, wie alle Alten sterben müssen, und ließ dem Sohn sein weites Reich!« sprach Kaikeyi triumphierend.
Bharata warf sich zur Erde und klagte laut schluchzend um den geliebten Toten.
Kaikeyi versuchte zunächst den Sohn mit allgemeinen Worten zu trösten, dann aber erzählte sie Stück für Stück, wie die kluge Zofe Manthara ihr den ersten Gedanken eingegeben, und sie darauf Ramas Verbannung und die Herrschaft für ihren geliebten Sohn erwirkt hatte.
Schweigend hörte Bharata der Mutter Worte bis ans Ende. Dann fuhr er wie aus einem Traume empor:
»So bist du meines Vaters Mörderin?« schrie er entsetzt. »Du trägst die schwere Last des Unrechts, das Rama und seinen Getreuen widerfuhr? – Grausames Weib – ich will dich nie mehr Mutter nennen!«
Schatrugna aber riss die bucklige Zofe hinter Kaikeyis Stuhl hervor und schlug sie mit der Scheide seines Schwertes, bis der besonnene Bruder ihm in den Arm fiel.
»Lasse sie!« sprach Bharata. »Sie ist ein Weib, und ein solches weiß nicht, was aus seinen Worten wird!«
Durch den greisen Wasischta ließ der Prinz seines Vaters Totenfest rüsten, und die traurige Feier verlief unter den schmerzlichsten Klagen des Hofes und des ganzen Kosalervolkes.
Dann traten die Großen des Reiches vor Bharata und baten ihn, seines Vaters Thron zu besteigen. Denn einem Land ohne König spendet Indra nicht Regen noch Segen, das Glück flieht die Stätten ohne Ordnung, die Priester verweigern den Opferdienst vor einem leeren Thron, und der Knecht dünkt sich dem Herren gleich, wo keiner herrscht!
Schweigend hatte Bharata den Räten sein Ohr geliehen, nun sprach er mit fester Stimme:
»Nicht durch Tun noch durch Denken will ich das Unrecht billigen, das meinem Bruder Rama angetan ward! – Nie will ich den Thron der Ikschwakuiden besteigen, solange ein Würdigerer lebt. – Auf! ihr Edlen des Reiches! wir wollen ein Heer rüsten, unsern einzigen Herrn in Ehrfurcht aus der Wildnis holen und ihn auf den Thron seiner Väter setzen!«
Freudiger Zuruf und lautes Waffengeklirr lohnte dem Prinzen seinen Edelmut.
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Im Dandakawalde saßen Rama und Sita auf der Bank vor ihrer Hütte.
Lakschmana kehrte von der Jagd heim und berichtete, wie heut' ein scheues Hasten durch den Wald ginge, ein unruhig Flattern und Fliehen von Vogel und Wild. – »Ob wohl ein Fürst durch die Wälder jagt, oder ein rasender Elefant durch die Wildnis stampft?« schloss er zweifelnd seinen Bericht.
Da klangen von fernher die langgezogenen Töne von Heermuscheln. Ein Klirren von Zittern, wie von Waffen und rollenden Rädern, zog mit dem Wind durch die Wipfel, und Lakschmana erkletterte einen hohen Baum, um die Ursache der Unruhe zu ergründen.
»Hallo, Rama!« rief er herunter, »verlösche das Feuer, führ' Sita in unsere Felsenhöhle und nimm deine besten Waffen zur Hand.
Bruder Bharata naht mit großer Heermacht. Ich erkenne sein Banner, den blühenden Baum, auf dem ersten Wagen!«
Er sprang zur Erde. »Zu den Waffen!« rief er dabei. »Der Eintagskönig fürchtet den Bezwinger Paraschu-Ramas auch noch im Walde! – Er will dich morden! – Aber eher soll mein gähnender Bogen sein halbes Heer verschlingen, und Kaikeyi um den toten Sohn klagen, wie Kauschalja um den lebendigen!«
»Schweig, Ungestümer!« schalt Rama. »War Bharata uns nicht stets ein guter Bruder? – Oh! er liebt mich, wie ich ihn liebe! – Sicherlich will er mich ehren mit seinem Besuch!«
Da schwieg der Heißblütige und trat beschämt hinter den edlen Bruder.
Unter
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