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Held Rama

Held Rama

Titel: Held Rama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alois Essigmann
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den Bäumen hielten die ersten Wagen an.
    Bharata und Sumantra traten vor die Waldsiedler und grüßten sie ehrerbietig.
    Rama zog den Bruder an seine Brust und küsste ihn voll Liebe.
    »Wie hast du den Vater verlassen?« war seine erste Frage.
    »Er konnte die Trennung nicht ertragen und starb mit deinem Namen auf den Lippen, Rama!« sprach Bharata traurig.
    Da rief Rama Bruder und Gattin an seine Seite und schritt mit ihnen in das Wasser des Baches neben der Hütte. Mit hohlen Händen schöpften sie daraus, warfen es in den Wind und sprachen dazu: »Dir, Dascharatha, Sohn des Raghu!«
    So ehrten sie nach uralter Sitte den Toten durch die Wasserspende.
    Rama aber, als der Nächste des also Geehrten, hatte die heilige Pflicht, die andern Trauernden zu trösten.
    In ehrfürchtigen Worten sprach er vom Schicksal, vor dem der Mensch wie ein Tropfen Tau vergeht, sprach von der Enge des irdischen Lebens und der Befreiung durch den Tod, sprach vom Strome des Werdens und Vergehens, in dem zwei Spänlein eine kurze Fahrt gemeinsam machen und im nächsten Wirbel auf immer auseinandergerissen werden. »Klaget nicht um Tote!« schloss er. »Klagt um Lebendige, die jede Morgensonne fröhlich grüßen, und vergessen, dass sie dem Tod um einen Tagesmarsch entgegenwankten! – Der Vater hat der Jahre Last von sich geschüttelt und ist nun selig unter Seligen!«
    Und Bharata rief aus: »Dich, Edler, kann kein Unglück schlagen, und keine Freude dir die Sinne rauben! – Du bist ein Mann! Noch saß kein Besserer auf einem Thron! Drum beug' ich mich vor dir und flehe: Nimm meiner Mutter Schuld von meinem Haupte: kehr' nach Ajodhia zurück und herrsch' im Reich als Erster und als Bester!«
    »Nicht eh' die Zeit erfüllt ist!« sprach Rama. »Sind vierzehn Jahre um, so teilen wir die Herrschaft, Bruder, doch jetzt hab' ich des toten Vaters Wort zu lösen!«
    Neue Bitten der Brüder und der königlichen Räte vermochten nicht, Ramas Sinn zu ändern.
    Da erbat Bharata von Rama die goldgestickten Schuhe, als Sinnbild der Herrschermacht. Nach einem Abschied in Liebe und Ehrfurcht ließ er sein Heer wenden und trat die Heimfahrt an.
    Zu Ajodhia stellte Bharata die Schuhe Ramas vor den Thron der Ikschwakuiden und führte die Herrschaft gerecht und weise. Doch nie ließ er sich König nennen, denn er wollte nur der Reichsverweser seines Bruders Rama sein.

Rama und Ravana – Im Walde
    Bald nach Bharatas Abschied kamen Büßer aus den tief im Wald gelegenen Siedeleien zu Rama und baten den frommen Krieger um Hilfe.
    Khara, der jüngste Bruder des Dämonen Ravana, hauste seit einiger Zeit im Dandakawalde. Er und seine Gesellen störten die Opfer der Frommen, überfielen sie und ihre Frauen im Walde und bedrängten die Diener Brahmas in ihren friedlichen Wohnstätten.
    Der Hilferuf der Guten weckte den Helden aus seiner Beschaulichkeit. Er beschloss tiefer in die Wildnis einzudringen und nach der Sitte seines Standes die Schwachen mit seinen starken Armen zu schützen. Es bangte ihm wohl um seine Gattin, doch Sita war eines Kriegers Weib und trug willig die Pflichten der Kaste. Im Schütze des Gatten und seines kühnen Bruders wusste sie sich sicher geborgen.
    Die Verbannten verließen ihre wohnliche Hütte und zogen waldeinwärts.
    Hirsch und Gazelle und manch anderes scheues Getier gab den friedlichen Siedlern vom Wasserfall bei ihrem Auszug freundliches Geleite. Die Bienlein umschwärmten sie fröhlich, Vögel und Heimchen sangen ihnen ein Wanderlied, und blumige Ranken haschten zum Abschied kosend nach den Gestalten der Wandernden.
    Geheimnisvoll lag der hochstämmige Wald in flimmerndem Licht- und Schattenspiel vor ihnen, und sie schritten rüstig aus, denn die Lust nach Kampf trieb das Blut der Helden stürmischer durch die Adern.
    Des Nachts waren sie gern gesehene Gäste in den Klausen und Büßerstätten oder schliefen wohl auch unter dem sternbesäten Sommerhimmel gar friedlich und ungestört.
    Eines Morgens aber stießen sie auf den Riesen Virahda, einen Menschenfresser aus Kharnas Dämonenhorde.
    Rasch griffen die Brüder nach Pfeil und Bogen, um Sita, nach der der Unhold lüsterne Blicke warf, zu schützen. Da lachte der Riese höhnisch: »Wer seid ihr denn, dass ihr Viradha mit euren Nadeln droht? – Wisst ihr nicht, dass ich schuss- und hiebfest bin? – Und schösset ihr Pfeile, so groß wie Speere, nicht einer könnte mir die Haut ritzen!«
    Und wirklich: die Pfeile sprangen von seiner nackten Brust ab, wie Hagelkörner vom

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