Held Rama
schwere Geschosse und leuchtende Brandpfeile in die Massen der Feinde.
Immer wieder trieb Khara die Seinen zum Sturme vor. Zwölf seiner Anführer und unzählige seiner Kriegerscharen waren schon gefallen, da bestieg er seinen goldfunkelnden Streitwagen, um selbst den Kampf mit dem Unüberwindlichen zu wagen.
Gellend klang sein Horn in das Ohr des einsamen Kämpfers am Felsentor. Fester fasste der Held seinen Bogen und legte ein Eisen darauf, schier so stark wie eines gewöhnlichen Kriegers Speer. Laut schwirrte die Sehne durch den Wald, und das Geschoß fuhr in den heranbrausenden Streitwagen. Das Gefährt ward in Stücke geschlagen, und nur ein schneller Sprung rettete Khara vom Tode.
Nun hob der Dämonenfürst seine Keule und flog in langen Sätzen gegen den Schützen an. Ein Halbmondeisen, von Ramas Bogen geschossen, schnitt die Rechte mit der drohend geschwungenen Waffe vom Arm.
Brüllend vor Schmerz und Wut, riss der Riese mit der Linken einen Baum aus dem Boden, um damit den Gegner zu fällen. Aber als er sich wandte, durchbohrte ein schweres Eisen seine Brust.
Blutüberströmt sank Khara zu Boden und verröchelte im Staube. Der Himmel aber ward plötzlich hell und die Götter neigten sich vor Rama, der in wenigen Stunden alle Dämonen des Büßerwaldes vernichtet hatte.
Nur einer, Akampana, war entkommen. Der floh nach Lanka, berichtete dort dem Ravana vom Tode seines Bruders Khara und entfachte den Zorn des Dämonenherrschers gegen den Sieger Rama.
Der Raub der Sita
Ravana beriet sich mit Maritza, den einst der Wurfhammer Ramas ins Meer geschleudert hatte, und dieser bat seinen Herrn, sich vor Rama zu hüten, denn der fromme Held sei unbezwinglich. Schon wollte Ravana die Warnung seines Getreuen beherzigen, da kam Schurpanakha nach Lanka, und die giftigen Reden der verstümmelten Hexe ließen die Rachgelüste im Herzen ihres Bruders von neuem anschwellen.
Als die Verbannten eines Morgens vor der Tür ihrer Hütte saßen, brach flüchtigen Fußes ein herrlicher Hirsch durch die Büsche. Wie fließendes Gold erglänzte sein Rücken, silberschimmernd schlugen ihm die Flanken, und wie eine Krone trug er das edelsteinblitzende Geweih.
»Oh! bringt mir den König des Waldes, schnelle Jäger!« rief Sita verlangend, als sie das prächtige Tier erblickte. »Ich will sein Fließ über mein Lager breiten, und keine Königin soll köstlicher ruhen als ich!«
Fröhlich griff Rama zu Pfeil und Bogen und mahnte Lakschmana, ihm die holde Gattin zu schützen, bis er von der Jagd heimkehre.
Durch Wald und Busch ging's in lustigem Jagen, denn der königliche Hirsch trabte schnell, doch ohne viel Scheu, vor Rama dahin.
Stundenlang folgte der eifrige Jäger dem Flüchtigen, da endlich, an einer sonnigen Lichtung, erreichte er ihn auf Bogenschußweite.
Laut schwirrte die Sehne und, den Todespfeil in der Brust, sank das schöne Tier zu Boden.
Doch die Seele, die sich von dem Verendeten löste, war die Seele des Dämonen Maritza, des Dieners Ravanas.
Seinem Herrn bis zum Ende ergeben, hatte er dieses Mittel ersonnen, um Sitas Gatten von ihrer Seite zu locken. Mit dem Tode büßte Maritza seine Treue.
Während sich Rama nach dem verendenden Wilde bückte, hob sich die Seele des sterbenden Dämonen in die Lüfte und nahm ihren Weg zum Hause des Todesgottes.
Als sie an der Hütte der Verbannten vorüberflog, rief sie mit verstellter Stimme gar kläglich: »Hilf, Bruder Lakschmana, hilf!«
Sita hörte den Ruf, glaubte Rama in schwerer Gefahr, und bat Lakschmana, ihrem Gatten zu Hilfe zu eilen.
»Ich darf dich nicht verlassen!« sprach Lakschmana kopfschüttelnd und trat in die Tür.
»Hilf, Bruder, hilf!« klang es da wieder, wie aus Ramas Munde.
»Du musst!« schrie Sita voll Angst. »Mein Rama stirbt – so geh' doch – geh'!«
»Er hat mir verboten, dich zu verlassen! und er ist mein Herr wie deiner!« sprach Lakschmana zögernd.
Doch als der dritte Hilferuf ganz schwach und wie verröchelnd erklang, da fiel Sita vor dem Schwäher auf die Knie und schrie: »Geh' – geh'! – Du kannst mich nicht beschützen, wenn Rama stirbt, denn ich werde sterben mit dem, der mein Leben ist! – Geh'! Warum zögerst du noch? – Lauerst du auf des Helden Tod, um mit Bharata den Thron zu teilen? – Oh! was willst du bei mir, wenn mein Rama stirbt? – Willst du seine Witwe freien? –«
Wahnsinnig vor Angst raufte das Weib ihr Haar und lachte gellend auf.
Da griff Lakschmana nach seinen Waffen, befahl die Verlassene
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