Held Rama
Fürchterliche hat mich schon oft zu täuschen versucht! – Ob, ihr Götter – –«
»Hier ist Ramas Ring! Du musst ihn kennen!« beruhigte Hanumat die Zitternde.
»Er ist es! ja, er ist es!« murmelte Sita. »Doch wär's ein neuer Spuk des übermächtigen Dämonenherrschers – –«
»Nein, Edle, ich habe ihn von des Fürsten eigener Hand! – Er grüßt dich durch mich und verbringt seine Tage in Trauer, wie du! – Komm, du Getreue! ich will dich auf meinem Rücken sicher über das Meer tragen und in seine sehnsüchtig geöffneten Arme legen!«
»Wer bist du, dass du dich solcher Tat vermisst?« fragte sie erstaunt.
»Ich bin Hanumat, des Sturmgottes Sohn, und ein Fürst unter den Affen! – Vertraue dem getreuen Freund und Diener deines Gatten!«
»Ich vertraue dir, Hanumat!« sprach Sita ruhig, »doch sinne auf andere Rettung! Nie kann ich erlauben, dass eines fremden Mannes Hand mich berührt!«
»Du hast recht, Keusche!« erwiderte Hanumat, »und ich werde allein über das Wasser setzen und deinen Gatten zum Siege nach Lanka führen! – Ich schwöre es dir!«
»Edler Freund!« sprach Sita. »Rufe die tapfern Raghawer bald zu meiner Rettung, denn nach zwei Monden soll ich sterben!«
»Ich eile, hehre Fürstin!« erwiderte der Kühne. »Doch sende dem verzweifelnden Rama durch mich ein Zeichen, dass du noch lebst!«
Sita besann sich kurze Zeit, dann sprach sie errötend:
»Sage meinem Gatten, ich denke oft daran, wie sich einst im Walde mein Gürtel löste, als ich Steine nach einer zudringlichen Krähe warf! – Nur er und ich wissen darum, denn wir waren allein!«
»Ich werde es ihm sagen!« erwiderte Hanumat. »Und nun lebe wohl, Erhabene, und harre geduldig des Sieges und deiner Rettung!«
Damit sprang der Wackre von seinem Baum und schlug den Weg nach der Stadt ein, denn er wollte vor seiner Abreise noch die Stärke der Feste und ihrer Verteidiger ausspähen.
Aber nach wenigen Schritten wurde er entdeckt, befragt und angegriffen.
Wie ein Held stand Hanumat unter den vielen Dämonenkriegern, die auf das Geschrei der Wache von allen Seiten herbeieilten.
Lange hielt er sich die Scharen der Feinde mit geschickten Steinwürfen vom Leibe, doch als ihrer zu viele wurden, riss der Starke einen Baum aus der Erde und schlug mit dieser Keule unter die Angreifer.
Der Kampflärm drang bis in den Palast des Königs, und Ravana sandte seine starken Söhne und viele kühne Recken aus seinem Gefolge gegen den tapferen Affen.
Lange stand Hanumat gegen die vielen. Statt des in seiner Hand zersplitterten Baumes, schwang er eine eherne Säule des Tempels als Streitkolben gegen die anstürmenden Recken.
Viele sanken mit zertrümmerten Schädeln dahin, aber endlich unterlief Indradschit, Ravanas Sohn, der einst den Götterkönig in Fesseln geschlagen hatte, den Helden und band ihm mit seinem Gürtel die starken. Arme.
Im Triumph ward der Gefangene vor Ravana geführt. Furchtlos stand Hanumat vor dem mächtigsten Herrscher der Erde. Er nannte sich kühn einen Boten Ramas und forderte Gastrecht als Gesandter. Ravana wollte ihn töten. Aber der verhutzelte Vibhischana, des Königs mitverfluchter Bruder, bat für den Gefangenen und verteidigte die Unverletzlichkeit eines Boten mit weisen Worten. Ravana gab nach, doch wollte er auf seine Rache nicht ganz verzichten: Den Boten Ramas ließ er vor Sitas Fenster bringen und den Schweif des tapferen Affen mit ölgetränkten Lappen umwickeln. Dann wurde diese Fackel angezündet.
Sita betete zu Agni, und der Feuergott umstrahlte den getreuen Boten nur, ohne ihn zu versengen. Hanumat aber sprach eine Zauberformel und dehnte im Wachsen und Schwellen seine Fesseln. Ein Gegenzauber ließ ihn gleich darauf zum Zwerge verschrumpfen, und so schlüpfte er aus den gelockerten Banden. Hohnlachend sprang er mit seinem brennenden Schweif durch die Straßen von Lanka und zündete Zelte und Basare an. Im Schrecken der Feuersbrunst schwang er sich unbemerkt über die Stadtmauer, erkletterte den Berg Arischta und schwang sich auf dem Rücken des Sturmes über das Meer.
Der Kampf
Als die Affen aus allen Landen, ohne Nachricht von Sita, zurückgekehrt waren, hatte sich Rama in tiefster Trauer auf den Berg Prasravana zurückgezogen.
Mit Lakschmana siedelte er dort, wie einst im fernen Dandakawalde, und harrte voll Hoffnung und Furcht der Ankunft Hanumats und seiner Schar. Der kühne Mut des Verbannten war gebeugt vom Schmerz um die ferne Geliebte und von der Tatlosigkeit, zu der ihn
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