Held zum Verlieben
zeigte gen Himmel. Dann ging er lachend raus.
Nachdem Wade gegangen war, wirkte die Stille im Haus geradezu bedrückend. Charlie machte sich am Kühlschrank zu schaffen und überließ Jack sich selbst.
„Kann ich dir helfen?“, fragte er schließlich.
„Nein, danke.“
„Wenn’s dir nichts ausmacht, sehe ich mal nach Rachel. Sie hat mir heute gefehlt.“
Charlie starrte auf die Kartoffeln, die sie schälen wollte und versuchte, ganz ruhig zu bleiben. Ich darf meine Hoffnung nicht an diesen Mann hängen, sagte sie sich. Dann werde ich nur verletzt.
Schon bald hörte sie sein Gelächter, untermalt vom fröhlichen Glucksen ihrer Kleinen. Sie schälte eine weitere Kartoffel. Es war zu spät. Der Mann war ihr schon unter die Haut gefahren. Sie wusste, dass sie leiden würde.
Nachdem Charlie geduscht hatte und im Badezimmer fertig war, sah sie noch einmal nach Rachel. Wie üblich hatte sich die Kleine die Decke um den Hals geschlungen. Charlie zog ihr eine zweite über die Beine.
„Gute Nacht, Kleines“, flüsterte sie und küsste das schlafende Kind.
Aus dem Wohnzimmer hörte sie leise den Fernseher und hin und wieder Zeitungsrascheln. Sie schmunzelte. Typisch Mann, dachte sie, macht zwei Dinge auf einmal.
Sie fuhr sich durch die Haare und zupfte dann an ihrem Pyjama herum. Sollte sie einen Bademantel überziehen? Aber nein, das war unnötig. Und mit einem Bademantel würde ihr sowieso zu warm werden. Sie ging ins Wohnzimmer, nahm sich den Korb mit den Sachen, die ausgebessert werden mussten, machte es sich im Sessel gemütlich und knipste die Lampe an.
Jack sah von seiner Zeitung auf, roch den Duft von Seife und Puder und sah die zarte Kurve von Charlies Hals, als sie sich über ihre Arbeit beugte. Die ganze Zeit über war er schon angespannt gewesen, fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut, war nervös, wie dieser Familienabend wohl ausgehen würde. Nur er, sie und die Kleine – es war fast zu perfekt. Und wie er hier nun so saß, stieg in ihm eine unglaubliche Sehnsucht nach eben dieser Idylle auf. Einen kurzen Moment lang erlaubte er sich den Luxus so zu tun, als sei dies sein Leben, als sei Charlotte seine Frau und Rachel ihr gemeinsames Kind. Als ihm klar wurde, dass es nur ein Traum war, erschien ihm die Trauer darüber schier unerträglich.
Er seufzte und zwang sich, weiter die Zeitung zu lesen. Aber die Buchstaben ergaben keinen Sinn mehr. Er konnte nur noch an die Frau denken, die ihm gegenüber im Zimmer saß.
Charlie wusste, dass er sie beobachtete, aber sie fürchtete sich, seinem Blick zu begegnen. Zu viel war heute zwischen ihnen passiert, als dass es hätte ignoriert werden können. Nach einer Weile jedoch beschloss sie, das Schweigen zu brechen.
„Jack?“
Er sah so schnell auf, dass sie wusste, dass er nicht gelesen hatte. „Ja?“
„Wie werden Menschen so gemein?“
Er nahm zwar an, dass sie von Victor Shuler sprach, aber seine Gedanken gingen automatisch zurück in seine Kindheit und zu seinem Vater. „Ich weiß es nicht.“
„Glaubst du, dass diese Menschen so geboren werden, oder ist es etwas, was sie sich im Laufe ihres Lebens aneignen?“
Jack seufzte. Sie würde keine Ruhe geben, bevor sie nicht eine Antwort bekam, die sie zufriedenstellte. „Vielleicht ist es ein bisschen von beidem“, meinte er schließlich. „Was glaubst du?“
„Ich glaube einfach nicht, dass Babys Zorn und Gemeinheit in sich tragen. Du etwa? Ich meine, überleg doch mal. Anfangs sind sie alle ganz neu, kleine Engel, direkt von Gott. Es ist das, was später mit ihnen geschieht, was ihre Gedanken entstellt und ihre Flügel verbrennt.“
Jacks Augen wurden feucht und er musste sich schnell auf etwas anderes konzentrieren, um nicht zu weinen. Das Bild, das sie zeichnete, war zu realistisch, als dass er es ertragen konnte. Wenn er je Flügel besessen hatte, dann waren sie vor vielen Jahren in der Hölle seines Vaters verbrannt worden.
„Denk nur mal an Victor. Wie Wilma uns erzählt hat, wurde er mit einem silbernen Löffel im Mund geboren. Das sind doch eigentlich die besten Voraussetzungen. Und dennoch ist er nicht glücklich. Vielleicht haben seine Eltern ihn auf ein Podest gestellt. Vielleicht muss er deswegen stets das Sagen haben. Aber warum behandelt er Davie dann so abschätzig? Ich begreife das einfach nicht, denn ein Mensch wie Davie stellt doch nun wirklich keine Bedrohung dar.“
Jack legte die Zeitung beiseite. „Trotz der Enttäuschungen, die du schon erlebt hast,
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