Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt, um ein guter Ehemann zu sein. Er hatte schon eine Gattin umgebracht, müsst ihr wissen. Hera verfluchte ihn und er geriet in Zorn und brachte seine ganze Familie um. Grauenhafte Geschichte. Deshalb musste er als Buße diese zwölf Aufgaben lösen.«
Piper war entsetzt. »Moment mal … Hera hat ihn verrückt werden lassen und Herkules musste dafür büßen?«
Acheloos zuckte mit den Schultern. »Die Olympier bezahlen doch nie für ihre Schandtaten. Und Hera hat die Söhne des Zeus … des Jupiter immer gehasst.« Er warf Jason einen misstrauischen Blick zu. »Jedenfalls hat meine arme Deianeira ein trauriges Ende genommen. Sie war eifersüchtig auf die vielen Liebschaften des Herkules. Er trieb sich auf der ganzen Welt herum, wisst ihr, genau wie sein Vater Zeus, und flirtete mit jeder Frau, die ihm über den Weg lief. Am Ende war Deianeira so verzweifelt, dass sie auf einen bösen Rat gehört hat. Ein durchtriebener Zentaur namens Nessos sagte ihr, sie sollte ein wenig Zentaurenblut in Herkules’ Lieblingshemd verreiben, wenn sie wollte, dass er ihr von nun an treu bliebe. Aber Nessos hatte gelogen, weil er sich an Herkules rächen wollte. Deianeira folgte seinen Anweisungen, aber statt aus Herkules einen treuen Gatten zu machen …«
»Zentaurenblut ätzt«, sagte Jason.
»Ja«, sagte Acheloos. »Herkules ist einen qualvollen Tod gestorben. Als Deianeira begriff, was sie da getan hatte, hat sie …« Der Flussgott zog sich mit dem Finger einen Strich über die Kehle.
»Das ist grauenhaft«, sagte Piper.
»Und die Moral, meine Liebe?«, fragte Acheloos. »Hütet euch vor den Söhnen des Zeus.«
Piper konnte ihren Freund nicht ansehen. Sie wusste nicht, ob sie die Besorgnis in ihren Augen verbergen könnte. Jason würde niemals wie Herkules sein. Aber diese Geschichte schürte ihre vielen Ängste. Hera hatte ihre Beziehung manipuliert, so, wie sie Herkules manipuliert hatte. Piper wollte glauben, dass Jason niemals in so eine mörderische Wut geraten könnte wie Herkules. Aber erst vier Tage zuvor war er von einem Eidolon besessen gewesen und hätte fast Percy Jackson umgebracht.
»Herkules ist jetzt ein Gott«, sagte Acheloos. »Er hat Hebe geheiratet, die Göttin der Jugend, aber er ist immer noch fast nie zu Hause. Er haust hier auf der Insel und bewacht diese albernen Säulen. Er sagt, Zeus zwinge ihn dazu, aber ich glaube, er ist lieber hier als auf dem Olymp. Hier kann er sein Selbstmitleid pflegen und sein sterbliches Leben bejammern. Meine Anwesenheit erinnert ihn an sein Versagen – und vor allem an die Frau, die ihn getötet hat. Und seine Anwesenheit erinnert mich an meine arme Deianeira, die meine Frau hätte sein können.«
Der Stiermann ließ die Schriftrolle fallen. Sie rollte sich von selbst zusammen und versank im Wasser.
»Herkules will mein anderes Horn, um mich zu demütigen«, sagte Acheloos dann. »Vielleicht würde er sich besser fühlen, wenn er wüsste, dass auch ich unglücklich bin. Außerdem könnte das Horn zu einem Füllhorn werden. Köstliche Speise und edler Trunk würden herausströmen, so, wie meine Kraft den Fluss strömen lässt. Und zweifellos würde Herkules das Füllhorn für sich behalten. Es wäre eine Tragödie und eine Vergeudung.«
Piper vermutete, dass das Rauschen des Flusses und der schläfrige Klang von Acheloos’ Stimme noch immer ihr Denken beeinflussten, aber sie musste dem Flussgott einfach zustimmen. Sie fing an, Herkules zu hassen. Dieser arme Stiermann wirkte so traurig und so einsam.
Jason räusperte sich. »Tut mir leid, Acheloos. Da habt Ihr echt die Arschkarte erwischt. Aber vielleicht … na ja, ohne das andere Horn hättet Ihr vielleicht keine Schlagseite. Das könnte ein besseres Gefühl sein.«
»Jason!«, rief Piper entsetzt.
Jason hob die Hände. »Nur so ein Gedanke. Und uns bleibt ja wohl kaum etwas anderes übrig. Wenn Herkules das Horn nicht kriegt, bringt er uns und unsere Freunde um.«
»Das stimmt«, sagte Acheloos. »Euch bleibt nichts anderes übrig. Weshalb ich hoffe, dass ihr mir verzeihen werdet.«
Piper runzelte die Stirn. Der Flussgott klang so tieftraurig und nach gebrochenem Herzen, dass sie gern seinen Kopf gestreichelt hätte. »Was denn verzeihen?«
»Auch mir bleibt nichts anderes übrig«, sagte Acheloos. »Ich muss euch davon abhalten.«
Der Fluss explodierte und eine Wasserwand brach über Piper zusammen.
XXVIII
Piper
Die Strömung packte sie wie eine
Weitere Kostenlose Bücher