Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
Feind. Percy befahl seinen Schuhen, aus dem Fluss herauszukommen – keine Ahnung, wie er das anstellte –, und zog sie an. Dann half er mir, mein Handgelenk mit einem Streifen Leinen zu verbinden, und wartete, bis ich die Hälfte meines Heiltrunks runtergekippt hatte.
Danach fühlte ich mich gut genug, um hinter ihm her in Richtung des Schreis zu rennen.
Ich fand eigentlich, dass ich ganz gut in Form war – immerhin absolvierte ich das Kampfmagiertraining, schleppte schwere Artefakte durch die Gegend und spielte mit Cheops und seinen Paviankumpels Basketball (wenn es um Körbe geht, verstehen Paviane absolut keinen Spaß). Trotzdem hatte ich Mühe, mit Campfuzzi mitzuhalten.
Was mich daran erinnerte, dass ich eigentlich keine Lust mehr hatte, ihn so zu nennen.
»Wie heißt du?«, fragte ich, während ich hinter ihm herhechelte.
Er warf mir einen misstrauischen Blick zu. »Ich weiß nicht, ob ich dir das sagen soll. Namen können gefährlich sein.«
Da hatte er natürlich Recht. Namen besaßen Macht. Vor einer Weile hatte meine Schwester Sadie meinen Ren , meinen geheimen Namen herausgefunden, was bei mir immer noch Angstattacken hervorrief. Schon mit dem normalen Namen konnte ein fähiger Magier jede Menge Unheil anrichten.
»Na gut«, sagte ich. »Ich zuerst. Ich heiße Carter.«
Scheinbar glaubte er mir. Die Fältchen um seine Augen entkrampften sich ein wenig.
»Percy«, bot er an.
Das schien mir ein ungewöhnlicher Name zu sein – vielleicht britisch? Allerdings hatte Percy einen ziemlich amerikanischen Akzent und benahm sich auch so.
Wir sprangen über einen verfaulten Stamm und waren endlich aus dem Sumpf heraus. Wir kletterten gerade einen mit Gras bewachsenen Hang zu den nächstgelegenen Häusern hoch, als mir bewusst wurde, dass ich dort oben mittlerweile mehr als eine Person schreien hörte. Kein gutes Zeichen.
»Nur so zur Warnung«, sagte ich zu Percy. »Man kann das Ungeheuer nicht umbringen.«
»Wart’s ab«, brummte Percy.
»Was ich meine, ist: Es ist unsterblich.«
»Das habe ich schon oft gehört. Ich habe genügend sogenannte Unsterbliche verdampfen lassen und in den Tartarus zurückgeschickt.«
Tartarus?, überlegte ich.
Mich mit Percy zu unterhalten machte mir ganz schön Kopfschmerzen. Es erinnerte mich an die Reise mit Dad nach Schottland, wo er eine seiner Ägyptologie-Vorlesungen gehalten hatte. Ich hatte versucht, mit den Leuten dort zu reden, und wusste, dass sie Englisch sprachen, doch in jedem zweiten Satz schienen sie in eine andere Sprache zu rutschen – mit anderen Wörtern, einer anderen Aussprache –, und ich konnte bloß rätseln, was sie verflixt noch mal gesagt hatten. Mit Percy war es genauso. Er und ich sprachen fast die gleiche Sprache – Magie, Ungeheuer und so weiter. Nur sein Vokabular war total daneben.
»Nein«, versuchte ich es noch einmal, als wir halb den Hang hoch waren. »Dieses Monster ist ein Petesucho s – ein Sohn des Sobek.«
»Wer ist Sobek?«, fragte er.
»Der Herr der Krokodile. Ein ägyptischer Gott.«
Er blieb wie angewurzelt stehen und starrte mich an. Ich könnte schwören, dass sich die Luft zwischen uns elektrisch auflud. Ganz tief in meinem Kopf sagte eine Stimme: Halt die Klappe. Erzähl ihm nicht noch mehr.
Percy blickte auf das Chepesch , das ich aus dem Fluss gefischt hatte, dann auf das Zaubermesser an meinem Gürtel. »Wo kommst du her? Mal ehrlich.«
»Ursprünglich?«, fragte ich. »Los Angeles. Aber jetzt wohne ich in Brooklyn.«
Er machte nicht den Eindruck, als ob ihn das beruhigen würde. »Dann ist dieses Ungeheuer, dieser Peter-Sucher oder was weiß ich …«
»Petesuchos«, sagte ich. »Es ist ein griechisches Wort, aber das Ungeheuer ist ägyptisch. Es war so eine Art Maskottchen in Sobeks Tempel und wurde als lebender Gott verehrt.«
Percy stöhnte. »Du klingst wie Annabeth.«
»Wer?«
»Nichts. Spar dir die Geschichtslektion. Wie bringen wir das Viech um?«
»Ich hab dir doch gesagt …«
Von oben war ein weiterer Schrei zu hören, gefolgt von einem lauten KNIRSCH . Es erinnerte an das Geräusch einer Metallpresse.
Wir sprinteten den Hang hoch, sprangen über den Gartenzaun von irgendjemandem und rannten in eine Sackgasse eines Wohngebiets.
Bis auf das Riesenkrokodil mitten auf der Fahrbahn hätte das hier USA-Standardstraße heißen können. Rings um den Wendeplatz der Sackgasse stand ein halbes Dutzend einstöckiger Häuser mit gepflegten Rasenflächen, Mittelklassewagen in der
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