Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
»Percy.«
Zuerst glaubte Percy, noch immer zu schlafen. Als er sein Gedächtnis verloren hatte, hatte er wochenlang von Annabeth geträumt, dem einzigen Menschen aus seiner Vergangenheit, an den er sich erinnerte. Als er die Augen öffnete und sein Blick sich klärte, ging ihm auf, dass sie wirklich da war.
Sie stand vor seinem Bett und lächelte auf ihn herab.
Ihre blonden Haare fielen ihr auf die Schultern. Ihre sturmgrauen Augen leuchteten amüsiert. Er erinnerte sich an seinen ersten Tag in Camp Half-Blood, fünf Jahre zuvor, als er aus seiner Betäubung erwacht war und Annabeth über ihm gestanden hatte. Sie hatte gesagt: Du sabberst im Schlaf.
In dieser Hinsicht war sie sentimental.
»W…Was ist los?«, fragte er. »Sind wir da?«
»Nein«, sagte sie leise. »Es ist mitten in der Nacht.«
»Du meinst …« Percys Herz hämmerte los. Ihm ging auf, dass er seinen Schlafanzug trug. Wahrscheinlich hatte er wirklich gesabbert oder im Schlaf seltsame Geräusche gemacht. Zweifellos waren seine Haare wild verstrubbelt und sein Atem duftete nicht gerade lieblich. »Du hast dich in meine Kabine geschlichen?«
Annabeth verdrehte die Augen. »Percy, in zwei Monaten sind wir siebzehn. Du kannst doch nicht ernsthaft befürchten, dass du Ärger mit Trainer Hedge kriegst.«
»Äh, hast du seinen Baseballschläger gesehen?«
»Algenhirn, ich dachte einfach, wir könnten einen Spaziergang machen. Wir hatten noch gar keine Zeit für uns. Ich möchte dir etwas zeigen – meine Lieblingsstelle hier auf dem Schiff.«
Percys Puls hämmerte noch immer, aber nicht aus Angst vor Ärger. »Kann ich, du weißt schon, mir vorher die Zähne putzen?«
»Das musst du sogar«, sagte Annabeth. »Vorher werde ich dich nämlich nicht küssen. Und wenn du schon dabei bist, dann kämm dich doch noch gleich.«
Für eine Triere war das Schiff groß, aber Percy kam es trotzdem gemütlich vor – wie sein Wohnheim damals an der Yancy Academy oder an allen anderen Schulen, von denen er geflogen war. Annabeth und er schlichen auf das zweite Deck hinab, von dem Percy bisher nur die Krankenstube kannte.
Sie führte ihn am Maschinenraum vorbei, der wie ein überaus gefährliches mechanisches Dschungel-Fitnessstudio aussah, mit Röhren und Kolben und Schläuchen, die aus einer zentralen Bronzekugel kamen. Kabel, die aussahen wie riesige Metallnudeln, schlängelten sich über den Boden und die Wände hoch.
»Wie kann das denn überhaupt funktionieren?«, fragte Percy.
»Keine Ahnung«, sagte Annabeth. »Und ich bin außer Leo die Einzige, die damit umgehen kann.«
»Das ist ja beruhigend.«
»Wird schon klappen. Bisher ist es nur einmal fast in die Luft geflogen.«
»Du machst Witze, hoffe ich.«
Sie lächelte. »Komm schon.«
Sie gingen weiter, vorbei an Vorratsräumen und Waffenkammer. Kurz vor dem Heck erreichten sie eine hölzerne Doppeltür, die in einen großen Stall führte. Der Raum roch nach frischem Heu und Wolldecken. An der linken Wand waren drei leere Boxen, wie die, die sie im Camp für die Pegasi benutzten. An der rechten Wand standen zwei leere Käfige, die groß genug für Zootiere waren.
Mitten im Boden war ein sieben Quadratmeter großes Fenster. Tief unter ihnen jagte die nächtliche Landschaft vorbei – Kilometer um Kilometer dunkler Flächen, durchzogen von leuchtenden Straßen wie Fäden in einem Gewebe.
»Ein Boot mit Glasboden?«, fragte Percy.
Annabeth nahm eine Decke von der nächstgelegenen Boxentür und breitete sie auf einem Teil des Glasbodens aus. »Setz dich zu mir.«
Sie ließen sich wie zu einem Picknick auf der Decke nieder und sahen zu, wie die Welt vorüberzog.
»Leo hat die Boxen so gebaut, damit die Pegasi nach Belieben kommen und gehen könnten«, sagte Annabeth. »Ihm war nur nicht klar, dass Pegasi lieber frei umherziehen, deshalb sind die Boxen immer leer.«
Percy hätte gern gewusst, wo Blackjack war – ob er irgendwo am Himmel herumstromerte und ihnen hoffentlich folgte. Percys Kopf dröhnte noch immer von Blackjacks Huftritt, aber er machte dem Pferd deshalb keine Vorwürfe.
»Wie meinst du das, nach Belieben kommen und gehen?«, fragte er. »Muss nicht auch ein Pegasus erst die beiden Treppen hinuntersteigen?«
Annabeth klopfte mit den Fingerknöcheln auf das Glas. »Das sind Falltüren, wie bei einem Bomber.«
Percy schluckte. »Du meinst, wir sitzen auf einer Tür? Und was, wenn die aufgeht?«
»Dann fallen wir wohl in den Tod. Aber die geht nicht auf. Aller
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