Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
mussten.
Frank hatte jahrelang diesen Park erforscht. Er entdeckte eine Flussbiegung, die ihm bekannt vorkam. Er erkannte eine tote Fichte, die auf einer nahe gelegenen Lichtung vom Blitz gespalten worden war. Frank kannte diesen Hügel.
»Ich bin fast zu Hause«, sagte er. »Das Haus meiner Großmutter steht gleich dahinten.«
Hazel kniff die Augen zusammen. »Wie weit?«
»Nur über den Fluss und durch die Wälder.«
Hazel faltete flehend die Hände. »Frank, bitte, sag mir, dass wir bei ihr übernachten dürfen. Ich weiß, wir haben es eilig, aber wir müssen uns einfach ausruhen, ja? Und Arion hat doch einiges an Zeit wettgemacht. Vielleicht könnten wir sogar eine warme Mahlzeit bekommen?«
»Und heiß duschen?«, bettelte Percy. »Und in einem Bett schlafen, mit, äh, Laken und einem Kissen?«
Frank versuchte, sich das Gesicht seiner Großmutter vorzustellen, wenn er mit zwei schwer bewaffneten Freunden und einer Harpyie dort aufkreuzte. Seit der Beerdigung seiner Mutter hatte sich alles geändert, seit dem Morgen, an dem die Wölfe ihn in den Süden geholt hatten. Er war so wütend gewesen, als er weggemusst hatte. Jetzt konnte er sich nicht vorstellen zurückzukehren.
Aber er und seine Freunde waren erschöpft. Sie waren über zwei Tage ohne richtiges Essen oder Schlaf unterwegs gewesen. Seine Großmutter könnte ihnen Proviant geben. Und vielleicht einige der Fragen beantworten, die in Franks Hinterkopf brodelten – zusammen mit einem wachsenden Misstrauen, was die Gaben seiner Familie anging.
»Den Versuch ist es wert«, entschied Frank. »Also auf zum Haus meiner lieben Oma.«
Frank war so müde und in Gedanken, dass er voll ins Lager der Ungeheuer getappt wäre. Zum Glück riss Percy ihn zurück.
Sie hockten sich neben Hazel und Ella neben einen umgefallenen Baumstamm und lugten hinaus auf die Lichtung.
»Schlecht«, murmelte Ella. »Das ist schlecht für Harpyien.«
Es war jetzt ganz dunkel. Um ein loderndes Lagerfeuer saß ein halbes Dutzend zottiger Humanoiden. Im Stehen wären sie wohl fast zwei Meter fünfzig – winzig im Vergleich zu dem Riesen Polybotes oder sogar zu den Zyklopen, die sie in Kalifornien gesehen hatten –, aber das machte sie nicht weniger unheimlich. Sie trugen nichts außer knielangen Surfershorts. Ihre Haut war sonnenbrandrot und bedeckt mit tätowierten Drachen, Herzen und Damen in Bikinis. An einem Spieß über dem Feuer briet ein enthäutetes Tier, vielleicht ein Eber, und die Ungeheuer rissen mit ihren krallenhaften Fingernägeln Fleischstücke heraus, lachten und redeten mit vollem Mund, wobei sie ihre spitzen Zähne zeigten. Neben den Ungeheuern standen mehrere Drahtkörbe mit Bronzekugeln als Munition. Die Kugeln waren offenbar heiß, denn sie dampften in der kühlen Abendluft.
Zweihundert Meter hinter der Lichtung leuchteten die Lichter des Zhang-Hauses durch die Bäume. So nah, dachte Frank. Er überlegte, ob sie sich an den Monstern vorbeischleichen könnten. Aber als er sich nach rechts und links umschaute, sah er ein Lagerfeuer neben dem anderen, als ob die Ungeheuer das Grundstück umzingelt hätten. Franks Finger bohrten sich in die Baumrinde. Vielleicht war seine Großmutter allein im Haus und gefangen.
»Was sind das für Typen?«, flüsterte er.
»Kanadier«, sagte Percy.
Frank fuhr zurück. »Wie bitte?«
»Äh, das sollte keine Beleidigung sein«, sagte Percy. »Annabeth hat sie so genannt, als ich gegen sie gekämpft habe. Sie sagt, die leben im Norden, in Kanada.«
»Na gut«, knurrte Frank. »Wir sind ja auch in Kanada. Und ich bin Kanadier. Aber diese Dinger hab ich noch nie gesehen.«
Ella zupfte eine Feder aus ihrem Flügel und drehte sie in den Fingern. »Laistrygonen«, sagte sie. »Kannibalen. Nördliche Riesen. Sasquatch-Sage. Ja, ja. Das sind keine Vögel. Keine Vögel Nordamerikas.«
»Genau, so heißen sie«, sagte Percy zustimmend. »Laistry… äh, was immer Ella da gesagt hat.«
Frank musterte schlecht gelaunt die Typen auf der Lichtung. »Man könnte sie wirklich mit Bigfoot verwechseln. Vielleicht kommt daher die Sage. Ella, du bist ganz schön klug.«
»Ella ist klug«, stimmte sie zu. Schüchtern bot sie Frank ihre Feder an.
»Oh … danke.« Er steckte die Feder in die Tasche, dann sah er, dass Hazel ihn anstarrte. »Was ist los?«, fragte er.
»Nichts.« Sie wandte sich an Percy. »Deine Erinnerung kommt also zurück? Weißt du noch, wie du diese Typen besiegt hast?«
»So ungefähr«, sagte Percy. »Es ist
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