Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
Pfeil an, zielte, aber der Greif schrie so laut, dass es von den Bergen widerhallte. Frank zuckte zusammen und sein Schuss ging weit daneben.
»Ich glaube, das war ein Hilferuf«, sagte Percy warnend. »Wir müssen weg hier.«
Ohne einen klaren Plan liefen sie zu den Anlegern. Percy schlug mit seinem Schwert zu, aber der Greif schoss außer Reichweite.
Sie rannten die Treppe zum nächsten Anleger hinunter und stürzten zu seinem Ende. Der Greif folgte ihnen und streckte die Vorderklauen aus, um seine Beute zu reißen. Hazel hob ihr Schwert, aber eine eisige Wasserwand knallte von der Seite gegen den Greifen und spülte ihn in die Bucht. Der Greif kreischte und schlug mit den Flügeln. Er schaffte es, auf den Anleger zu klettern und schüttelte dort wie ein nasser Hund sein schwarzes Fell.
Frank grunzte. »Gut gemacht, Percy.«
»Ja«, sagte Percy. »Wusste nicht, ob ich das auch in Alaska schaffe. Aber jetzt die schlechte Nachricht – schaut mal da drüben.«
Ungefähr einen Kilometer entfernt, über den Bergen, näherte sich eine schwarze Wolke – ein ganzer Greifenschwarm, mindestens mehrere Dutzend. Nie im Leben würden sie gegen so viele kämpfen können, und kein Boot könnte sie schnell genug wegbringen.
Frank legte einen neuen Pfeil an. »Wir werden uns nicht kampflos ergeben.«
Percy hob Springflut. »Sehe ich auch so.«
Dann hörte Hazel in der Ferne ein Geräusch – wie das Wiehern eines Pferdes. Sicher hatte sie es sich eingebildet, aber sie schrie verzweifelt: »Arion! Hier drüben!« Ein brauner Blitz jagte durch die Straße und auf den Anleger. Der Hengst bremste direkt hinter dem Greifen, hob die Vorderhufe und zertrat das Monster zu Staub.
Hazel war in ihrem ganzen Leben noch nicht so glücklich gewesen. »Braves Pferd! Was für ein braves Pferd!«
Frank wich zurück und wäre fast vom Anleger gefallen. »Wie …?«
»Er ist mir gefolgt!« Hazel strahlte. »Weil er das BESTE PFERD ALLER ZEITEN ist! Und jetzt steigt auf.«
»Alle drei?«, fragte Percy. »Schafft er das denn?«
Arion wieherte beleidigt.
»Schon gut, kein Grund, grob zu werden«, sagte Percy. »Los geht’s.«
Sie stiegen auf, Hazel vorn, während Frank und Percy wacklig hinter ihr Platz nahmen. Frank legte ihr die Arme um die Taille und Hazel dachte, wenn das hier ihr letzter Tag auf der Erde wäre, dann wäre das kein schlechter Abgang.
»Los, Arion!«, rief sie. »Zum Hubbard-Gletscher!«
Das Pferd schoss über das Wasser und seine Hufe verwandelten die Wasseroberfläche in Dampf.
XLIII
Hazel
Auf Arion fühlte Hazel sich mächtig, unbesiegbar, wie eine wahre Herrscherin – eine perfekte Kombination von Pferd und Mensch.
Sie fragte sich, ob Zentauren wohl auch so empfanden.
Die Seeleute in Seward hatten ihr gesagt, der Hubbard-Gletscher sei dreihundert Seemeilen entfernt, eine harte, gefährliche Reise, aber für Arion war das kein Problem. Er jagte mit Schallgeschwindigkeit über das Wasser und erhitzte die Luft um sie herum so stark, dass Hazel die Kälte nicht mehr wahrnahm. Zu Fuß hätte sie sich niemals so tapfer gefühlt. Auf dem Pferderücken konnte sie es gar nicht abwarten, in die Schlacht zu preschen.
Frank und Percy sahen nicht so glücklich aus. Als Hazel sich umschaute, hatten sie die Zähne zusammengebissen und ihre Augäpfel hüpften in ihren Höhlen herum. Franks Wangen bebten durch den Luftdruck. Percy saß ganz hinten und klammerte sich fest, er versuchte verzweifelt, nicht vom Pferdehintern zu rutschen. Hazel hoffte, dass das nicht passieren würde. So, wie Arion dahinjagte, würden sie Percys Verschwinden erst nach siebzig oder achtzig Kilometern bemerken.
Sie jagten durch eisige Meerengen, vorbei an blauen Fjorden und Felsen, von denen Wasserfälle ins Meer strömten. Arion sprang über einen sich aufbäumenden Buckelwal und galoppierte weiter, wobei er eine Seehundsschar von einem Eisberg scheuchte.
Schon nach wenigen Minuten, zumindest kam es Hazel so vor, jagten sie in eine enge Bucht. Das Wasser verwandelte sich aus Eissplittern in blauen klebrigen Sirup. Arion kam auf einem gefrorenen türkisen Eisbuckel zum Stillstand.
Fünfhundert Meter weiter ragte der Hubbard-Gletscher auf. Sogar Hazel, die nicht zum ersten Mal einen Gletscher sah, konnte den Anblick nicht so leicht verarbeiten. Verschneite lila Berge zogen sich in beide Richtungen dahin, während Wolken wie flauschige Gürtel um ihre Mitte hingen. In einem riesigen Tal zwischen den beiden höchsten Bergen erhob sich
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