Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
sie.
Hazel wünschte, Pluto würde bleiben und argumentieren. Egal, worüber ihre Mutter da redete, es gefiel Hazel nicht. Aber ihr Vater fuhr mit der Hand durch die Luft und löste sich in Schatten auf … als ob er wirklich ein Geist wäre.
Queen Marie schloss die Augen und holte tief Atem. Hazel hatte Angst, die seltsame Stimme könnte sie wieder in Besitz nehmen. Aber als Marie sprach, war sie noch sie selbst.
»Hazel«, fauchte sie. »Komm sofort hinter der Tür hervor!«
Zitternd gehorchte Hazel. Sie drückte Zeichenblock und Buntstifte an ihre Brust.
Ihre Mutter musterte sie wie eine bittere Enttäuschung. Ein vergiftetes Kind, hatte die Stimme gesagt. »Pack deine Tasche«, befahl Marie. »Wir gehen.«
»W-wohin?«, fragte Hazel.
»Alaska«, antwortet Queen Marie. »Du wirst dich nützlich machen. Wir fangen ein neues Leben an.«
So, wie ihre Mutter das sagte, hörte es sich an, als ob sie das »neue Leben« für jemand anderen – oder etwas anderes – führen würden.
»Wie hat Pluto das gemeint?«, fragte Hazel. »Ist er wirklich mein Vater? Er hat gesagt, du hättest dir etwas gewünscht und …«
»Geh in dein Zimmer!«, brüllte ihre Mutter. »Packen!«
Hazel stürzte davon und plötzlich war sie aus der Vergangenheit herausgerissen.
Nico schüttelte sie an den Schultern. »Du hast es wieder gemacht.«
Hazel blinzelte. Sie saßen noch immer auf Plutos Schrein. Die Sonne stand tiefer am Himmel. Um sie herum lagen neue Diamanten und ihre Augen brannten vom Weinen.
»T-tut mir leid«, murmelte sie.
»Schon gut«, sagte Nico. »Wo warst du?«
»In der Wohnung meiner Mutter. An dem Tag, an dem wir umgezogen sind.«
Nico nickte. Er verstand ihre Geschichte besser, als es den meisten anderen Menschen möglich gewesen wäre. Auch er war ein Kind der vierziger Jahre. Er war nur wenige Jahre nach Hazel geboren und jahrzehntelang in einem magischen Hotel versteckt worden. Aber Hazels Vergangenheit war viel schlimmer als Nicos. Sie hatte so viel Schaden und Elend angerichtet …
»Du musst üben, diese Erinnerungen zu kontrollieren«, mahnte Nico. »Wenn du mitten im Kampf so einen Flashback hast …«
»Ich weiß«, sagte sie. »Ich versuche es ja.«
Nico drückte ihre Hand. »Ist schon gut. Ich glaube, es ist eine Nebenwirkung von … du weißt schon, deiner Zeit in der Unterwelt. Hoffentlich wird es mit der Zeit einfacher.« Hazel war sich nicht so sicher. Nach acht Monaten schienen die Blackouts nur schlimmer zu werden, als versuche ihre Seele, in zwei Epochen zugleich zu leben. Niemand war jemals zuvor von den Toten zurückgekehrt – jedenfalls nicht so wie sie. Nico versuchte, ihr Mut zu machen, aber sie wussten beide, was passieren würde.
»Ich kann nicht wieder in den Norden gehen«, sagte Hazel. »Nico, wenn ich dahin zurückmuss, wo es passiert ist …«
»Das wird schon gut gehen«, versprach er. »Diesmal hast du Freunde dabei. Percy Jackson – der spielt dabei eine Rolle. Das spürst du doch, oder? Es ist gut, wenn du ihn an deiner Seite hast.«
Hazel dachte daran, was Pluto ihr vor langer Zeit gesagt hatte: Ein Nachkomme des Neptun wird deinen Fluch wegwaschen und dir Frieden bringen.
Könnte damit Percy gemeint sein? Vielleicht, aber Hazel hatte das Gefühl, dass es nicht so leicht sein würde. Sie war sich nicht einmal sicher, ob Percy das überleben könnte, was sie im Norden erwartete.
»Woher kommt er?«, fragte sie. »Warum bezeichnen die Geister ihn als Griechen?«
Ehe Nico antworten konnte, wurden auf dem anderen Flussufer Hörner geblasen. Die Legionäre sammelten sich zum Abendappell.
»Wir gehen wohl besser«, sagte Nico. »Ich habe das Gefühl, dass die Kriegsspiele heute Abend interessant werden.«
VII
Hazel
Auf dem Rückweg stolperte Hazel über einen Goldbarren.
Sie hätte wissen müssen, dass sie nicht so schnell laufen durfte, aber sie hatte Angst, zu spät zum Appell zu kommen. Die Fünfte Kohorte hatte die nettesten Zenturionen des Camps, aber auch die mussten sie bestrafen, wenn sie zu spät kam. Römische Bestrafungen waren hart: die Straßen mit einer Zahnbürste putzen, die Bullenställe im Kolosseum ausmisten, in einen Sack voller wütender Wiesel eingenäht in den Kleinen Tiber geworfen werden – die Auswahl war nicht gerade umwerfend.
Der Goldbarren sprang vor ihr gerade rechtzeitig aus dem Boden, dass sie mit dem Fuß dagegenstieß. Nico versuchte, sie festzuhalten, aber sie fiel zu Boden und schrammte sich die Hände
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